Tirschenreuth
01.02.2021 - 18:38 Uhr

40 Verdachtsfälle auf Corona-Mutation: Kreis Tirschenreuth nimmt Firmen unter die Lupe

Die Coronazahlen im Landkreis Tirschenreuth schießen seit einigen Tagen in die Höhe. Mittlerweile gibt es 40 Verdachtsfälle auf Corona-Mutationen. In den Blickpunkt geraten immer mehr Firmen.

Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin hält Coronavirus-Testproben in der Hand: Im Landkreis Tirschenreuth gibt es immer mehr Coronafälle. Bild: Peter Steffen/dpa
Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin hält Coronavirus-Testproben in der Hand: Im Landkreis Tirschenreuth gibt es immer mehr Coronafälle.

Der Landkreis Tirschenreuth hatte am Montag bundesweit den zweithöchsten Inzidenzwert mit 316,5. Nur der Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen wies einen höheren Wert (325,8) auf. Seit Mitte Dezember war Tirschenreuth fast durchgehend über der 200er-Inzidenz-Marke.

Die Ursachenforschung für die Gründe geht weiter. Sonntag und Montag haben sich die Landkreis-Verantwortlichen in zig Sitzungen mit diesem Thema beschäftigt. Was sich immer mehr herauskristallisiert: Offenbar ist eine Virus-Mutation im Umlauf. Das Landratsamt teilte am Montagabend mit, dass es 40 Verdachtsfälle gibt. „Leider müssen auch wir melden, dass, wie in anderen Regionen auch, bei uns die Coronavirus-Mutation wohl angekommen ist“, wird Landrat Roland Grillmeier zitiert. Es würden seit Tagen positive Fälle stichprobenhaft auf eine Mutation hin untersucht. Die 40 Verdachtsfälle würden sich über den ganzen Landkreis verteilen.

Strengere Quarantäneregeln

Eine Bestätigung dieser Fälle und um welche Virusvariante es sich handelt, stehe noch aus. Denn eine genaue Sequenzierung des Virus könne bis zu 14 Tage dauern. Wegen der hohen Infektionszahlen im Landkreis und dem Auftreten von Verdachtsfällen in Tschechien und in den umliegenden Landkreisen habe man laut Grillmeier damit rechnen müssen, „dass die Mutation auch bereits bei uns vorhanden ist.“ Nach ersten Erkenntnissen ist die Mutation leichter von Mensch zu Mensch übertragbar. Daher gelten bei diesen Verdachtsfällen für die positiven Personen und deren Kontaktpersonen strengere Quarantäneregeln.

"Leider müssen auch wir melden, dass bei uns die Coronavirus-Mutation wohl angekommen ist."

Landrat Roland Grillmeier

Landrat Roland Grillmeier

Bei der Suche nach den Gründen für den Anstieg der Covid-19-Zahlen nehmen die Behörden nun auch immer mehr Firmen unter die Lupe. „Es treten aktuell in mehreren Betrieben in unterschiedlichen Landkreisteilen – vor allem bei den jüngeren Mitarbeitern – vermehrt Infektionen auf. Neu ist auch, dass gleich ganze Familien betroffen sind. Dies lässt vermuten, dass es hier in unserem Landkreis ansteckendere Mutationen gibt“, schreibt Landratsamt-Pressesprecher Wolfgang Fenzl.

Reihentestungen in Firmen

Aktuell konzentriere sich das Gesundheitsamt auf die Betriebe mit Verdachtsfällen auf eine Corona-Mutation. Die Behörde stehe mit den betroffenen Firmen in Kontakt. Am Montag gab es schon in einem ersten Unternehmen Reihentestungen, wie Fenzl auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien mitteilt. Weitere Reihentestungen würden in den nächsten Tagen folgen. Zudem ordne das Gesundheitsamt in Einzelfällen weitere Maßnahmen an. Um welche Firmen es sich handelt, gab der Pressesprecher aus Datenschutzgründen nicht weiter.

Auch Tschechien haben die Behörden weiter im Blick. Zur Einordnung: Die 7-Tage-Inzidenz, hochgerechnet auf 100.000 Einwohner, lag am Montag laut Angaben des tschechischen Gesundheitsministeriums im Kreis Eger bei 1175, im Kreis Sokolov bei 1259, im Kreis Karlsbald bei 702 und im Kreis Tachov bei 495. Grenzpendler werden mittlerweile wöchentlich mindestens dreimal getestet. Es werde an alle Arbeitgeber, auch an die kleineren Firmen, dringend appelliert, den Landkreis und das Gesundheitsamt zu unterstützen. Unternehmen sollten sich die Negativ-Tests der Grenzpendler vorlegen lassen und die Hygienemaßnahmen kontrollieren, um so weitere Einschränkungen oder sogar Betriebsschließungen zu verhindern.

Keine Allgemeinverfügung

Das Landratsamt befinde sich weiter in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt, der Regierung der Oberpfalz, dem Bayerischen Gesundheitsministerium und dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), um weitergehende Anordnungen/Maßnahmen zu besprechen. Außerdem sind momentan auch zwei LGL-Mitarbeiter vor Ort im Gesundheitsamt, um „entsprechende Beratung und Unterstützung zu leisten“. Eine angedachte Allgemeinverfügung mit schärferen Regeln erließ das Landratsamt am Montag aber nicht.

Aufgrund der aktuellen Situation finde auch im Landkreis Tirschenreuth weiterhin Distanzunterricht für die Abschlussklassen statt. Ursprünglich wären am Montag die Schüler der Abschlussklassen der Gymnasien, der Fachoberschulen, der Berufsoberschulen und beruflichen Schulen mit Abschluss- und Kammerprüfungen vor Ostern in den Wechselunterricht zurückgekehrt. Betroffen im Landkreis Tirschenreuth ist die Q 12 des Stiftland-Gymnasiums Tirschenreuth und eine Abschlussklasse des Beruflichen Schulzentrums Wiesau. Bereits am Freitag sei in Absprache mit dem Schulleiter Albert Bauer vom Stiftland-Gymnasium der Wechselunterricht für die Q 12 untersagt worden. Die betroffenen Lehrer und Schüler seien rechtzeitig informiert worden. Ebenfalls finde im BSZ Wiesau für alle Klassen weiterhin Distanzunterricht statt.

Vorschläge und Vorhaltungen

Mit Blick auf die Diskussionen in sozialen Medien und die Rückfragen von Bürgern stellt Landrat Roland Grillmeier gegenüber Oberpfalz-Medien fest: "Ich bemerke die Besorgnis der Menschen und es kommen viele Fragen, Vorschläge und auch Vorhaltungen bei uns an." Dass der Landkreis momentan die höchste Inzidenz im Freistaat hat, "besorgt uns sehr". Aber wöchentlich ändere sich die Lage in allen Regionen und man könne dies nur bedingt beeinflussen. Tirschenreuth liege in einem Spannungsgebiet zu Tschechien/Raum Eger und auf der anderen Seite zu den Nachbarlandkreisen Bayreuth, Neustadt und Wunsiedel, in denen es genauso einen Mutationsverdacht gebe. Mit Blick auf Tschechien sagt er: "Es liegt aber nicht in unserer Hand, die Grenzen zu schließen oder Grenzpendler auszuschließen. Dies sind Entscheidungen, die in München oder Berlin getroffen werden müssen, wir tragen hier mit unseren Erfahrungen bei."

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Tirschenreuth29.01.2021
Oberpfalz25.05.2022
Hintergrund:

200. Corona-Toter im Landkreis

  • Neue Coronafälle: 62 (Samstag. 32, Sonntag: 25, Montag: 5), davon befanden sich 20 schon in Quarantäne
  • Corona-Tote: ein neuer Todesfall. Dabei handelt es sich um eine Person mit Vorerkrankungen, deren Alter das Landratsamt mit „um die 90“ angab. Damit steigt die Zahl der Corona-Toten auf 200.
  • Gesamtzahl der positiv Getesteten: 3402
  • Zahl der Genesenen (Schätzung): 2890
 
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