Tirschenreuth
15.04.2025 - 13:10 Uhr

Wie Apotheker in der Nordoberpfalz Demenzkranken besser helfen wollen

Ganz wichtig ist bei einer Demenzerkrankung, dass sie frühzeitig erkannt wird. Denn dann kann durch entsprechende Medikament der Verlauf verlangsamt werden. Einige Apotheker in der Region wollen sich diesem Thema jetzt verstärkt widmen.

Sieben Apotheken aus der Nordoberpfalz haben die Früherkennung von Demenz und Hilfen von betroffenen Familien nun offiziell zu einem wichtigen Thema ihrer Beratungstätigkeit erklärt. Darunter sind vier Apotheken aus dem Landkreis Tirschenreuth: die Vorstadt-Apotheke und die Stadt-Apotheke in Kemnath, die Stadt-Apotheke in Tirschenreuth sowie die Marien-Apotheke in Waldsassen. Sie beteiligen sich am Projekt "Demenzfreundliche Apotheken". Das bedeutet, dass sich die Apotheker und Apothekerinnen besonders fortgebildet haben, damit sie Angehörigen und Betroffenen bei typischen Demenzproblemen besser helfen können. Erkennbar sind die Apotheken an einem Emblem, das einen hellgrünen Zettel mit der schwarzen Aufschrift "Demenz?!" und dem Schriftzug "Demenzfreundliche Apotheke" zeigt.

Anfang April wurde laut einer Mitteilung das Projekt mit sieben Apotheken in der Nordoberpfalz gestartet. "Ab sofort finden demenziell erkrankte Menschen und deren Angehörige dort Hilfe und Unterstützung. Das Projekt dient dazu, Betroffenen eine niederschwellige Anlaufstelle zu bieten und sich mit weiteren Partnern, die an Demenz Erkrankte betreuen, zu vernetzen und damit eine engmaschige Versorgung der Patientinnen und Patienten zu sichern", berichtet Janet Schulz von der Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Landesapothekerkammer.

Spezielle Schulungen absolviert

Die teilnehmenden Apothekerinnen und Apotheker mussten laut Mitteilung eine spezielle Schulung absolvieren, in der medizinisches Hintergrundwissen zur Demenzerkrankung, Wissen zur pharmazeutischen Betreuung von Demenzpatienten und ihren Angehörigen sowie Informationen zu Beratungs- und Betreuungsangeboten für Betroffene und Angehörige vermittelt wurden.

Einer der teilnehmenden Apotheker ist Christian Züllich aus Tirschenreuth. „Die Diagnose Demenz führt nicht nur bei den betroffenen Patientinnen und Patienten zu großer Verunsicherung. Sie stellt auch die Angehörigen vor ganz neue Herausforderungen", weiß der Sprecher der Apotheker im Landkreis Tirschenreuth. Demenzfreundliche Apotheken sollten kompetent Hilfestellungen geben können, nicht nur für die neuen Medikamente, die verschrieben würden, sondern auch für alle anderen Fragen rund um die Erkrankung. „Eine wichtige Rolle können wir auch bei der Vermittlung von Hilfsangeboten in der Region übernehmen", sagt der Apotheker.

Die Apotheken sind dabei oft erste Ansprechpartner bei ersten Demenzsymptomen. Nicht selten kommt es nach Angaben der Apotheker vor, dass Betroffene bei ihnen zuerst Rat suchen, zum Beispiel weil sie etwas gegen zunehmende Vergesslichkeit kaufen wollen. Nach der Diagnose einer Demenzerkrankung sind sich Apotheker oft nicht sicher, ob sich die Patienten daheim noch an die Hinweise für den Gebrauch eines Medikaments erinnern können. Auch eine neue Verpackung für ein gewohntes Medikament stifte oft schon Verwirrung, wissen sie aus Erfahrung.

Frühzeitige Diagnose ist wichtig

Die Teilnehmer am Projekt wollen nach eigenen Angaben künftig bei Demenz mehr tun als nur mit Medikamenten zu helfen, auch weil sie wissen, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose der Krankheit ist. Demenz kann zwar nicht geheilt werden, aber eine frühzeitige Diagnose mit entsprechender Medikamentation kann den Verlauf verlangsamen.

Vielen ist es immer noch peinlich, über eine Demenzkrankheit zu sprechen. Eine begleitende Plakataktion soll helfen, diese Tabuisierung zu brechen. Mit Slogans wie "Oma, warum bist du so komisch?" oder "Demenz ist wie ein Puzzle, bei dem nach und nach die Teile verloren gehen", wollen die Apotheker Alzheimer und andere Demenzerkrankungen ins Gespräch bringen. Außerdem versprechen die am Projekt teilnehmenden Apotheker, dass sie Angehörige und Betroffene verstärkt auf Hilfsangebote in der Region aufmerksam machen werden. Da gibt es auch im Landkreis Tirschenreuth mittlerweile einige. Da sind zum Beispiel Gruppen für pflegende Angehörige, die sich in einigen Städten und Gemeinden regelmäßig treffen. Oder die Musterwohnung des Landkreises in Tirschenreuth, die wichtige Hinweise für die demenzgerechte Umgestaltung des Zuhauses geben kann. Auch ambulante Pflegedienste, Tagespflege-Einrichtungen, die Seniorenbeauftragten in den Städten und Gemeinden sowie die Seniorenfachstelle im Landratsamt können oft schon weiterhelfen.

Auch im Landkreis viele Betroffene

Das Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention geht davon aus, dass in Bayern bereits 270.000 Menschen an Demenz erkrankt sind. Bricht man diese Zahlen auf den Landkreis Tirschenreuth herunter, bedeutet dies, dass Hunderte, ja wahrscheinlich sogar über tausend Männer und Frauen davon bereits betroffen sind. Nach Prognosen wird die Zahl der Erkrankten weiter steigen – in Bayern bis zum Jahr 2030 auf etwa 300.000.

„Umso wichtiger ist es, dass Betroffene und ihre Angehörigen kompetente Ansprechpartner vor Ort haben. Apotheken sind hierfür eine gute Anlaufstelle, da sie oft von älteren Menschen besucht werden. Somit ist die Hürde für die Betroffenen und deren An- und Zugehörige nicht so groß, sich zum Thema Demenz beraten zu lassen“, sagt Sarah Kretlow, Fachbereichsleitung der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberpfalz.

Sie ist federführend an der Umsetzung des Projekts beteiligt. Mit im Boot sind hier auch die Gesundheitsregion plus Nordoberpfalz, die vom Landkreis Tirschenreuth mitgetragen wird, sowie das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen der Bayerischen Landesapothekerkammer (WIPIG). Der Vorsitzende der Gesundheitsregion plus Nordoberpfalz, Landrat Andreas Meier aus Neustadt/WN, sieht besonders die Vernetzung von lokalen Partnern aus dem Gesundheitswesen als wichtig an: „Demenz ist eine heimtückische Erkrankung, die jeden von uns treffen kann. Nach Erhalt der offiziellen Diagnose ist die Verzweiflung groß – Betroffene und Angehörige stehen vor der Frage, wie es weitergehen soll. Oft gehen der Erkrankung bereits Frühwarnzeichen voraus. Daher halte ich ein niederschwellig zugängliches Beratungsangebot, wie das der demenzfreundlichen Apotheken, für essenziell. Es ist ein weiterer wichtiger Baustein im Gesamtsystem Gesundheitswesen.“

Projekt schon 2014 gestartet

Es hat übrigens eine Weile gedauert, bis das Projekt in der Nordoberpfalz angekommen ist. Laut Mitteilung der Bayerischen Apothekenkammer ist das Projekt schon im Jahr 2014 auf Initiative des Qualitätszirkels Pharmazeutische Betreuung Augsburg der Bayerischen Landesapothekerkammer und der Alzheimer Gesellschaft Augsburg angelaufen. Es nehmen bereits rund 350 Apotheken in über 40 Landkreisen und kreisfreien Städten teil.

Hintergrund:

Demenzfreundliche Apotheken in der Nordoberpfalz

  • Mohren-Apotheke in Weiden i. d. OPf.
  • Rosen-Apotheke in Vohenstrauß
  • Martins-Apotheke in Altenstadt a. d. Waldnaab
  • Vorstadt-Apotheke in Kemnath
  • Stadt-Apotheke in Kemnath
  • Stadt-Apotheke in Tirschenreuth
  • Marien-Apotheke in Waldsassen
  • Quelle: Bayerische Landesapothekerkammer
 
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