Bestattungen: Trend zur Urne

Tirschenreuth
01.11.2020 - 14:41 Uhr
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Die Zahl der Feuerbestattungen nimmt jährlich zu. Neben dem Kostenfaktor bietet die Urne viel Individualität – vom Fußball bis zur Bio-Urne.

Am Ende des Lebens wünschen sich viele Menschen einen würdigen Abschied. Vor allem Feuerbestattungen wurden in den vergangenen Jahren immer beliebter. Zu nimmt auch die Zahl derer, die sich vor ihrem Ableben mit der eigenen Beerdigung befassen.

Kerstin Popp ist mit Urnen und Särgen aufgewachsen. Ihr Großvater Ludwig Michl gründete vor 63 Jahren ein Bestattungsunternehmen – direkt neben dem Tirschenreuther Friedhof. „Früher war es häufig so, dass die Bestatter neben den Friedhöfen ihr Geschäft hatten“, erzählt sie. Seit 25 Jahren arbeitet die gelernte Krankenschwester im Familienbetrieb (Bestattung Karl Michl) mit, kümmert sich ums Büro, berät Interessierte und Angehörige, für die sie dann die passenden Urnen und Särge bestellt.

Feuerbestattung für Katholiken seit 1963 erlaubt

Urnenbestattungen nehmen in ganz Deutschland zu. „Inzwischen sind es weit über 60 Prozent“, weiß Popp. Das der Trend seit zehn Jahren zur Urne geht, ist für Popp nicht ungewöhnlich. „Die Urne ist in unserer Gesellschaft angekommen“, erklärt sie. Für Katholiken war eine Einäscherung seit dem Edikt von Paderborn 785 durch Karl den Großen bis 1963 verboten. Erst dann legte sich die Kirche darauf fest, dass eine Feuerbestattung der christlichen Religion nicht mehr widerspreche.

Meistens sind es die Angehörigen, die bestimmen, wie die Urne aussieht.

Kerstin Popp, Bestattung Karl Michl

Für Monika Pregler vom gleichnamigen Bestattungsinstitut in Kemnath sind vor allem die geringeren Kosten einer Feuerbestattung der Grund. „Viele können und wollen sich keine aufwendige Bestattung leisten“, meint sie. Vor 22 Jahren gründete sie ihr Unternehmen. „Zu dieser Zeit war die Bestattungskultur noch eine andere, da war der Mensch noch mehr wert.“

Eine Urnenbeisetzung interessieren sich inzwischen auch Ältere. „Bei vielen Familien ist es so, dass die Kinder oder Verwandten nicht mehr im gleichen Ort wohnen“, erzählt Popp. Deshalb soll die Grabpflege für die Hinterbliebenen nicht zu aufwendig sein. Urnengräber sind klein, noch weniger Pflege benötigen Urnenwände. Dieses Argument hört auch Monika Pregler häufig. Auch anonyme Bestattungen werden in Erwägung gezogen. Pregler regt dann zum Nachdenken an. Ihrer Meinung nach klingt es zwar einfach, wenn sich Angehörige um nichts mehr kümmern müssen, allerdings „fehlt dann eine Gedenk- oder Anlaufstelle“. Pregler ist der Ansicht, dass „ein festes Ritual bei der Trauerbewältigung hilft“.

Über eigene Beerdigung sprechen

„Meistens sind es die Angehörigen, die bestimmen, wie die Urne aussieht“, erzählt Kerstin Popp. Die wenigsten kümmern sich noch zu Lebzeiten zum Beispiel mit einer Bestattungsvorsorge um die Details. „Es werden aber immer mehr“, sagt sie. Darin können alle Einzelheiten festgelegt werden. Soll es ein Sarg oder eine Urne sein? Welcher Friedhof und wie soll die Sterbeanzeige aussehen? „Solche Vorsorgepläne machen es den Angehörigen etwas leichter“, erklärt Monika Pregler, denn so „weiß man was der Verstorbene wollte“.

Solche Pläne sind aber kein Muss. Wichtiger ist es, im passenden Moment, offen darüber zu sprechen. „Kinder erinnern sich an den letzten Wunsch, auch wenn nur einmal darüber gesprochen wurde“, erzählt Popp. Auf Nachfragen sollte man ihrer Meinung nach nicht gekränkt reagieren. „Die Kinder wollen einen nicht loshaben, sie wollen nur später alles richtig machen“, weiß Popp.

Große Nachfrage an Bio-Urnen

Egal wer die Urne oder den Sarg am Schluss aussucht: Es sollte zum Verstorbenen passen und „das tut es auch“, erzählt Popp. Die Auswahl ist groß, Farbe, Form und Material beliebig. Inzwischen wird auch häufig nach Bio-Urnen gefragt. „Das liegt zum einen an der Friedhofsordnung, zum anderen fragen die Menschen explizit nach biologisch abbaubaren Produkten“, erzählt Monika Pregler.

Bio-Urnen sind nach rund zehn Jahren abgebaut, anders als Urnen aus Metall oder Kupfer, die auch nach über 30 Jahren noch erhalten sind. Für Seebestattungen gibt es ebenfalls spezielle Urnen, die sich in wenigen Stunden bis Tagen im Wasser auflösen. Aber was passiert mit Urnen, die nach einer Grabauflösung gefunden werden oder sich in Urnenwänden nicht zersetzt haben? „Wir werden von der Stadt informiert, wenn ein Grab aufgelöst wird“, erzählt Kerstin Popp. Die Überreste oder erhaltene Urnen aus Stein oder Metall werden dann in einem anonymen Grab beigesetzt.

Urnen und Särge bemalen

Beim Aussehen folgen auch Urnen gewissen Trends. In manchen Jahren gibt es vermehrt Urnen mit matter Optik, manchmal sind sie hochglänzend. Im Ausstellungsraum zeigt Popp auch rechteckige oder herzförmige Varianten. „Gehämmerte Kupferurnen werden auch heute noch sehr gerne genommen“, berichtet sie. Für Freunde des runden Leders gibt es auch Urnen in Fußballform. Naturverbundene können ihre letzte Ruhe in einem Baumstamm oder einer mit Rinde verzierten Urne finden.

Eine besondere Form der Kondolenz ist das Bemalen oder Beschreiben von Särgen und Urnen. „Das kommt im Jahr ein bis zwei Mal vor“, berichtet Popp. Neben den Urnen oder Särgen werden spezielle Stifte ausgelegt. „Die Trauergemeinde kann mit ein paar Worten oder einer Zeichnung kondolieren“, beschreibt Popp – für sie eine sehr persönliche Form des Abschieds.

Der Umgang mit Verstorbenen hat sich für Monika Pregler in den letzten zwanzig Jahren gewandelt. „Damals nahm man sich Zeit, jetzt muss immer alles sehr schnell gehen“, erzählt sie. Der Mensch sollte im Vordergrund stehen und „die Würde des Verstorbenen wieder mehr in den Vordergrund rücken“.

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Amberg06.09.2020
 
 

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