Tirschenreuth
03.12.2023 - 14:36 Uhr

Bilder von Geflüchteten, Hunger und zerstörten Städten beim 11. Tirschenreuther Krippenspiel

33 Schüler beteiligten bei der Eröffnungspräsentation des Tirschenreuther Krippenspiels. Neben der Herbergssuche von Maria und Josef stand auch das aktuelle politische Zeitgeschehen im Fokus des Stücks von 1940.

(tsp) Zur Eröffnung der neunten Krippenausstellung der Krippenfreunde freute sich Vorsitzende Marianne Stangl vor allem, dass es wieder gelungen war, an den Beginn der Veranstaltung wieder das Tirschenreuther Krippenspiel zu stellen. Besonders bedankte sich Stangl bei den Verantwortlichen der Grund- und Mittelschule, die es ihren Schülern ermöglicht hatten, zweimal in der Woche nachmittags an dem Theaterstück zu proben. Über 30 Kinder wirkten mit. Zudem bedankte sie sich beim Modernen Theater Tirschenreuth (MTT), das mit Martina Saller die Regisseurin und mit Anna Katharina Reiter die Projektleiterin stellte.

Die Basis des Schauspiels ist das Tirschenreuther Krippenspiel von Alma de l'Aigle aus dem Jahr 1940. Wie ihre zahlreichen Vorgänger verstand es auch die bunte Truppe des Jahres 2023, eigene zeitgerechte Akzente zu setzen. Nervös waren sie schon, die jungen Schauspieler im Alter von 8 bis 13 Jahren, die heuer das Krippenspiel aufführen durften. Aber sie hatten gut und lange unter professioneller Anleitung geprobt. Traditionell startete das Spiel aus dem Publikum heraus. Maria und Josef machten sich durch die Zuschauer auf den Weg zur Bühne, zur Herbergssuche. Julia Schuster und Aron Zitterbart hatten diese Rollen übernommen und steuerten das Geschehen.

Bezug zur Gegenwart

Maria und Josef werden im Stück unwirsch vom Wirt abgewiesen, er wird ihnen keine Unterkunft gewähren. Dann der passende Bezug zur Gegenwart: Kinder trugen große Bilder mit Geflüchteten über die Bühne, Frauen mit Kleinkindern, aus Afrika, aus Europa sowie Bilder von zerstörten Städten. Sie platzierten sich unmittelbar vor dem Publikum.

All das wird gespielt vor dem Hintergrundbild, dass dieses Schauspiel schon seit 1982 begleitet und vom verstorbenen Künstler Heinz Hinrichsmeyer stammt. Es stellt die zerbombte Stadt Hamburg nach dem Weltkrieg dar. Maria und Josef werden auf der Bühne derweilen vom Diener reicher Leute abgewiesen und müssen weiter nach einer Unterkunft suchen. Sie finden Schutz, Unterkunft und Essen bei armen Menschen, die das Wenige, das sie haben, mit ihnen teilen. Sie dürfen im Stall "bei den guten Tieren" übernachten. Die Autorin des Stücks, Alma de l'Aigle, kam 1940 nach Tirschenreuth im Rahmen der Kinderlandverschickung während des Zweiten Weltkriegs. Im Missionshaus St. Peter war sie mit Kindern aus Hamburg untergebracht. Als Weihnachten näher rückte, prallten Gegensätze aufeinander. Oben ein straff geführtes, am politischen Zeitgeist orientiertes Kinderlager, unten in der Kapelle dagegen klangen die alten Kirchenlieder. Da es für das Weihnachtsfest keine festen Regeln gab, nutzte die Pädagogin den Freiraum und schrieb in wenigen Tagen das Tirschenreuther Krippenspiel. Alma de l'Aigle platzierte die Kritik am damaligen Regime sorgsam und unauffällig. Sie vermied die direkte Konfrontation, die sie nur hätte verlieren können.

Hunger und Ausgrenzung

Im Geschehen auf der Bühne tauchten Kinder mit großen Bildern auf. Passend zum Erlebten von Josef und Maria ging es um Hunger und Überfluss, um Wegwerfgesellschaft und Ausgrenzung im 21. Jahrhundert. Ein großer Applaus war den jungen Schauspielern und den Schülerinnen der Kreismusikschule für die gelungene und am aktuellen Geschehen orientierte Aufführung sicher. Sie passte in die Tradition der vergangenen 40 Jahre. Dabei geriet das Stück von Alma de l'Aigle nach 1940 in Vergessenheit, erst 1948 brachte es der Bärenreiter-Verlag als Textbüchlein heraus. 1949 wurde es im Ankersaal in Tirschenreuth aufgeführt, dann war wieder für 33 Jahre Schluss. Erst 1982 stolperte Max Gleißner über eines der Texthefte, als er die erste Tirschenreuther Krippenausstellung vorbereitete. Die damalige Hauptschule war bereit, das Stück aufzuführen - und die Tradition begann. Sie hält bis zum heutigen Tag, immer mit dem gleichen Grundkonsens: das heilige Spiel und der Bezug zum aktuellen Geschehen.

Service:

Öffentliche Aufführungen

> Datum:Samstag, 9. Dezember, und Sonntag, 10. Dezember> Beginn:jeweils um 17 Uhr> Ort:In der Aula der Mittelschule Tirschenreuth

(Mühlbühlstraße 2) > Eintritt:frei, Spenden erwünscht

  • Datum: Samstag, 9. Dezember, und Sonntag, 10. Dezember
  • Beginn: jeweils um 17 Uhr
  • Ort: In der Aula der Mittelschule Tirschenreuth (Mühlbühlstraße 2)
  • Eintritt: frei, Spenden erwünscht
 
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