Tirschenreuth
06.11.2019 - 17:38 Uhr

Die drei Seiten eines Kult-Komikers

„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Das Karl Valentin-Zitat passt zu den „Valentinaden“ mit Hildegard und Hans G. Lauth, Walter J. Pilsak und Berthold Kellner. Eine Stunde unterhalten sie ihr Publikum mit Werken des Komikers.

Walter Pilsak, Berthold Kellner, Hans und Hildegard Lauth (von links) gestalteten einen kurzweiligen Abend mit Werken und Geschichten aus dem Leben von Karl Valentin. Bild: tr
Walter Pilsak, Berthold Kellner, Hans und Hildegard Lauth (von links) gestalteten einen kurzweiligen Abend mit Werken und Geschichten aus dem Leben von Karl Valentin.

Unter dem Motto "Valentinaden" beleuchteten in einer szenischen Lesung Hildegard und Hans G. Lauth, Walter J. Pilsak und Berthold Kellner Leben und Werk des bayerischen Kult-Komikers Karl Valentin. Zur Veranstaltung waren gut 25 Interessierte gekommen, beinahe die Kapazitätsgrenze, die die Buchhandlung St. Peter an Gästen gerade noch bewältigen kann.

Bei der Lesung, die Walter Pilsak auf dem Akkordeon begleitete, waren keine Texte der langjährigen Partnerin Liesl Karlstadt zu hören. Das lag daran, dass die Schriften Valentins mehr als 70 Jahre nach seinem Tod nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind, die von Liesl Karlstadt jedoch noch mehrere Jahre. Hans Lauth sagte: "Wir hoffen, dass wir viele Sachen im Gepäck haben, die gar nicht so sehr bekannt sind."

Zitate zur Einstimmung

Zur Einstimmung brachten die vier Leser Valentin-Zitate zu Gehör: Unter anderem "Als ich das Licht der Welt und sodann das Gesicht der Hebamme erblickte, war ich sprachlos. Ich hatte diese Frau ja noch nie in meinem Leben gesehen" oder "Mögen hätte ich schon wollen aber dürfen habe ich mich nicht getraut" sowie "Jedes Ding hat drei Seiten eine positive, eine negative und eine komische."

Von den Sorgen der Reichen erzählte die Geschichte von Kreszenz Hiagelgwimpft, Ehefrau eines Großkaufmanns in der Inflationszeit um 1919. Dann folgten Trommelverse des Komikers, etwa "Auf dem Tisch da liegt ein Fisch und der Fisch ist noch ganz frisch. Läge der Fisch schon lange am Tisch, wäre der Fisch auch nicht mehr frisch", oder "In einer Anlage geht ein Mann. Er schaut hinauf so hoch er kann. Ich frug ihn darauf wo sehen sie hin? Hinauf, weil ich Aufseher bin." .

Es folgten die Geschichte von den Fremden mit dem berühmten Zitat "Fremd ist der Fremde nur in der Fremde" die tiefgründige vom "Pessimist und Optimist" sowie die von Herrn Leidenreich, über multiple Erkrankungen eines Hypochonders. Mit dem Lied "Maskenball der Tiere" auf die Melodie der "Vogelhochzeit" endete der kurzweilige Abend mit Geschichten, Wein und Häppchen.

Zwischen den jeweiligen Vorträgen erfuhren die Zuschauer auch viel aus dem Leben Karl Valentins. Geboren wurde Valentin Ludwig Fey am 4. Juni 1882 in München als Sohn eines Möbeltransporteurs. Er besuchte die Volksschule, die er Zeit seines Lebens immer als "Zuchhausstrafe" bezeichnete. 1897 bis 99 absolvierte er eine Schreinerlehre. Sie befähigte ihn seine Requisiten und Apparate, die er später für seine Darbietungen brauchte, selbst herzustellen. Als 1902 sein Vater starb, übernahm er zusammen mit der Mutter die Speditionsfirma unter dem Namen "Falk und Fey".

Ein halber Sachse

1906 war der Betrieb bankrott. Valentin zog mit der Mutter in deren Heimatstadt Zittau in Sachsen. "Valentin war also auch ein halber Sachse", erklärte Hans Lauth. Die Firma wurde verkauft und Karl Valentin steckte das Geld in ein selbstgebautes Orchestrion, mit dem sich 27 Instrumente gleichzeitig spielen ließen.

Völlig verarmt kehrte er nach München zurück und schlug sich als Volkssänger in Wirtshäusern durch. Bei einem Engagement im "Frankfurter Hof" lernte er 1911 seine Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt, die eigentlich Elisabeth Wellano hieß, kennen. Valentin wirkte in Kurzfilmen mit und richtete sich ein eigenes Studio ein. Von 1922 bis 29 arbeitete er mit Bert Brecht zusammen. Zu seinem Freundeskreis zählten neben ihm auch Samuel Beckett und Charly Chaplin. "Die drei waren echte Fans von Karl Valentin", so Hans G. Lauth.

Von 1930 bis 36 betrieb Valentin sein eigenes Theater in München und spielte auch beim ersten Tonfilm "Die verkaufte Braut" mit. Zu der Zeit eröffnete er sein, nur wenig erfolgreiches, Panoptikum. Von den Nazis wurde er weitestgehend verschont. Es habe geheißen, dass Hitler ein großer Bewunderer des Komikers gewesen sei.

Gedichte und Dialoge

Nach dem Krieg habe Valentin hauptsächlich Dialoge und Gedichte geschrieben und sei kaum mehr aufgetreten. Die Leute hätten damals die heile Welt gesucht - Valentins Zeit sei vorbei gewesen.

Am 31. Januar 1948 stand er zum letzten Mal auf der Bühne, am 7. Februar 1948 starb er an einer schweren Lungenentzündung.

 
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