Von Veit Neumann
Vor 100 Jahren, am 7. Mai 1925, wurde Alexander Fried geboren. Wer ihn kannte, erinnert sich an den besonderen Menschen, der Menschlichkeit verbreitete und lebte. Der Historiker verbrachte seinen Lebensabend in Tirschenreuth, wo er am 12. Dezember 2022 im 98. Lebensjahr verstarb.
Verfolgung und Antisemitismus prägten Frieds Jugendjahre. Am Tag vor dem Kriegsende, am 8. Mai 1945, feierte er seinen 20. Geburtstag. Entgegen der Erfahrung, dass sein Leben ständig bedroht war, suchte Fried seither stets den Ausgleich und ermöglichte Versöhnung. In seinen letzten Lebensjahrzehnten, die er in der Oberpfalz verbrachte, hielt der Historiker und Professor viele Vorträge, unter anderem an Schulen, und sprach über seine schmerzlichen Erfahrungen. Aktiv arbeitete er bis zum Lebensende gegen Menschenverachtung und auf der anderen Seite für Verständigung. 2019 erhielt Professor Fried im Alter von 94 Jahren das Bundesverdienstkreuz.
Alexander Fried wurde 1925 in der Karpato-Ukraine geboren, die in der Zwischenkriegszeit Teil der Tschechoslowakei war. Seine Eltern führten ein koscheres Restaurant an einem Eisenbahnknotenpunkt in der Slowakei. Fried wuchs in Žilina (deutsch: Sillein) auf. Bereits dort lernte er verschiedene kulturelle Einflüsse kennen, er wuchs mehrsprachig auf. So sprachen seine Eltern unter anderem Ungarisch, das dort noch vor 1918 die Verkehrssprache war. Seine Mutter wurde später in Auschwitz ermordet.
Nachdem Alexander Fried den Holocaust sowie den Todesmarsch in Mecklenburg-Vorpommern überlebt hatte, floh er 1953 vor den Auswirkungen des spätstalinistischen Antisemitismus aus der Tschechoslowakei nach Österreich. In Wien begegnete er dem Benediktinerpater und Historiker Hugo Hantsch aus dem Stift Melk. Es war eine schicksalhafte Begegnung. Der menschenfreundliche sudetendeutsche Pater förderte und prägte fortan Frieds akademischen Werdegang.
Nach seiner Doktorarbeit 1956 ging Fried unter anderem Lehrtätigkeiten in der Jüdischen Gemeinde Wien nach. Pater Hantschs akademische Kontakte ermöglichten ihm schließlich eine jahrzehntelange Tätigkeit als Professor der Geschichte an einer Universität der Vinzentinerinnen in Kanada. Zurück in Europa, leitete Fried das Jüdische Kulturmuseum in Augsburg ab 1990.
Nicht zuletzt mit Blick auf das nahe Tschechien, insbesondere Mariánské Lázně (Marienbad), verbrachte Professor Fried seinen Lebensabend in Tirschenreuth. In Weiden heiratete er die jüdische Ärztin Dr. Dorothea Wojciechowski-Fried. Eines von Alexander Frieds maßgeblichen Lebensmotti, auf das er sich wiederholt bezog, lautete: „Klug ist der Mann, der von jedem Menschen etwas lernt.“ Wer ihn kannte, denkt heute noch gerne an die Begegnungen und die Menschlichkeit, die Alexander Fried stets auf andere übertrug.
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