Tirschenreuth
07.11.2019 - 14:56 Uhr

Haft auf Bewährung: Führungskraft bedrängt Auszubildende

Wegen eines sexuellen Übergriffs stand am Donnerstag eine ehemalige Führungskraft eines großen sozialen Arbeitgebers im Landkreis Tirschenreuth vor dem Amtsgericht. Der 41-Jährige hatte einer Auszubildenden in den Schambereich gefasst.

Symbolbild Bild: dpa
Symbolbild

Eine detaillierte Aussage wurde der jungen Frau erspart. Denn bei einem längeren Rechtsgespräch legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Eine kurze Befragung der 21-Jährigen durch Richter Thomas Weiß zu den Folgen zeigte aber, wie sehr sie die Tat vom November 2018 auch jetzt noch belastet.

Mache "etwas Freches"

Nach einer Teambesprechung waren damals an dem Abend nur noch der Angeklagte und die Auszubildende im Raum gewesen. Nachdem er die Türe von innen geschlossen hatte, erklärte der Familienvater ihr laut Anklageschrift, dass er "jetzt mal etwas Freches tun" werde. Daraufhin fasste er der jungen Frau mit seiner Hand in die Hose. "Bitte nicht", entgegnete die Auszubildende. Laut Anklage verließ die Geschädigte nach dem Geschehen "völlig fassungslos" den Raum.

Aufgelöst und unter Tränen sagte die 21-Jährige vor Gericht aus, dass sie sich wahnsinnig geschämt habe. "Ich habe nicht gewusst, ob ich zu irgendjemanden etwas sagen soll." Direkt danach vertraute sie sich aber ihrer besten Freundin an. Diese habe ihr geraten, alles zu melden. "Das wollte ich aber am Anfang nicht. Ich hatte Angst, meinen Ausbildungsplatz zu verlieren und dass mir keiner glaubt." Schließlich wandte sich die 21-Jährige im Januar doch an die Jugendvertreterin ihres Arbeitgebers. Nach Auskunft des Richters wurde dem 41-Jährigen daraufhin sofort fristlos gekündigt. Später wurde sich nach Angaben des Angeklagten noch auf einen Auflösungsvertrag geeinigt.

Unter Druck gesetzt

Die 21-Jährige verwies darauf, dass der Angeklagte sie unter Druck gesetzt habe: "Er hat mir gesagt, dass er es schafft, dass ich meinen Ausbildungsplatz verliere." Die Geschädigte sprach von "einer wahnsinnig einschüchternden Art" des 41-Jährigen, der mittlerweile nach eigenen Angaben als "Fachreferent für Gesundheit und Pflege" in München arbeitet. Während ihrer Aussage hatte er den Gerichtssaal verlassen müssen.

Staatsanwältin Christina Richter stellte fest, dass das Geständnis "nicht von Reue getragen war". Die Geschädigte habe Angst und sei verunsichert. Die Wunden seien definitiv noch nicht verheilt. Den Vorfall habe die 21-Jährige offenbar noch nicht verarbeitet. "Das war ein typischer Fall des sexuellen Übergriffs", erklärte die Staatsanwältin. Sie sprach von einem Vertrauensbruch. "Nicht nur unter Kollegen, sondern in einem Ausbildungsverhältnis." Die Geschädigte sei heute noch verstört und aufgelöst. Zugute hielt die Staatsanwältin dem Angeklagten, dass er ein Geständnis abgelegt hatte und noch nicht vorbestraft ist.

Rechtsanwalt Dr. Burkhard Schulze verwies darauf, dass das Sexualstrafrecht erst vor einigen Jahren verschärft wurde ("Nein heißt Nein"). Betroffen sind nun auch Fälle, in denen der Täter einen Überraschungsmoment ausnutzt. Die Handlung seines Mandanten, die wenige Sekunden gedauert habe, sei im unteren Bereich der Palette von sexuellen Delikten. Die Geschädigte, habe es aber sicher als unangenehm empfunden. "Dass es moralisch gesehen nicht in Ordnung war", wisse sein Mandant.

"Ich schäme mich"

"Mit tut es echt leid. Ich schäme mich. Nicht erst seit heute, sondern schon damals. Ich habe mich damals schon mehrmals bei ihr entschuldigt", erklärte der Angeklagte in seinem letzten Wort.

Schließlich verurteilte Richter Thomas Weiß ihn zu neun Monaten Freiheitsstrafe. Diese wird für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Mit einer Strafe in dieser Höhe wäre der 41-Jährige vorbestraft. Zudem muss er an die Auszubildende 2000 Euro Schmerzensgeld zahlen und 5000 Euro Geldbuße an den Arbeitskreis Asyl überweisen. Der Angeklagte sei in den intimsten Bereich einer Frau eingedrungen. "Sie haben ihre Position als Ausbilder ausgenutzt", stellte der Richter fest. Eine Bewährungsstrafe sei gerade noch vertretbar. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Hintergrund:

Nach der Verlesung der Anklageschrift hatte Rechtsanwalt Dr. Burkhard Schulze den Ausschluss der Öffentlichkeit gefordert. Dem kam allerdings Richter Thomas Weiß nicht nach, denn er sah "erhebliches öffentliches Interesse". (rti)

 
Kommentare

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Richard Grossmann

So schlimm die Sache auch ist, hier muss ich mich fragen warum der Arbeitgeber einen Auflösungsvertrag zugestimmt hat und dies nicht bei der fristlosen Kündigung belassen hat.

13.11.2019
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