Beinahe wäre es im Blauen Saal des Kettelerhauses zum "Ehestreit" gekommen zwischen Bürgermeister Franz Stahl und seiner Gattin. Cornelia Stahl, die als Gästeführerin unter anderem die Wegführung für die Historischen Stadtführungen zusammenstellt, rang beim Treffen des Stadtführungs-Teams mit dem Bürgermeister leidenschaftlich für den Erhalt ihres Wegekonzeptes im Rahmen des Szenentheaters. Schuld am kleinen "Ehezank", der nicht wirklich ernst gemeint war, ist Corona. Die Pandemie hat die Visionen aller Beteiligten komplett zerschlagen. Die liebevoll vorbereiteten Führungen mussten wie so Vieles im Frühjahr abgesagt werden. In der Diskussionsrunde sollte abgeklärt werden, wie es in Zukunft weitergehen soll oder besser gesagt, überhaupt kann.
Alle waren sich einig, dass es in diesem Jahr keinen Sinn mehr macht, eine Historische Stadtführung anzubieten. Angepeilt wurde das Jahr 2021. Selbst davon ließ sich Autor und Regisseur Manfred Grüssner nicht leicht überzeugen. Er fürchtete, dass Mai 2021 für einen Neustart zu früh sei. Die großen Theater wie Hof oder Bayreuth, hätten bisher keine Spielpläne für 2021. Franz Stahl argumentierte dagegen, man sei nicht mit Theaterbetrieben vergleichbar, wo finanzielle Hintergründe mitentscheiden. Um die Finanzierung, versprach Stahl, müsste sich niemand Sorgen machen. "Gibt es Ausfälle, übernimmt die Kosten die Stadt."
Vergebliche Mühen
Eine Aussage, die auch Grüssner und die zweite Autorin, Marianne Stangl, überzeugen konnte. Sehr gerungen wurde um die Schauplätze zweiter Szenen, die in Innenräumen wegen der Abstandsregeln nicht mehr gespielt werden können. "Wir haben diese Szenen mit unheimlich viel Arbeitsstunden und besonders liebevoll eingerichtet", stöhnte Grüssner. Jeder konnte mitfühlen, wie leid es ihm um die vergeblichen Mühen tut. "Wir werden einen neuen Ort finden", gab sich Stahl zuversichtlich. Nur prallten genau hier die Vorstellungen der beteiligten Parteien, Gästeführer und Schauspielteam, aufeinander. Es galt, im Sinne von Cornelia Stahl auch die dazugehörige historische Wegführung zu den Szenen zu erfüllen. "Wir haben uns da was überlegt.
Die Zielorte der Stadtführung sind einem historischen Konzept unterbunden und müssen eingehalten werden, sonst macht das Ganze keinen Sinn", gab Cornelia Stahl zu bedenken. Schwerzen Herzens wurde der Vorschlag von Julian Mühlmeier, Vorsitzender des Modernen Theaters Tirschenreuth, angenommen, eventuell nur die Außenszenen, "Das Leben des Maurus Fuchs" und die "Der Dachan", beizubehalten. Damit nicht alles Schöne flachfallen muss, wird für die dritte Szene, eine Geisterdarstellung mit Titel "Der Seelenverbeter", ein geeigneter, düsterer Wirkungsort gesucht mit ausreichend Abstand für die Zuschauer. Ersatzlos gestrichen für 2021 wurde Szene Nummer 4, was Marianne Stangl bedauerte. Die Abstandsregeln würden diese Szene aber nicht zulassen.
Mit nur mehr drei Szenen
Eine Stunde später war's beschlossen: Die Macher arbeiten darauf hin, die Historischen Stadtführungen ab Mai 2021 auf drei Szenen theatertechnisch wie zeitlich verkürzt mit nur 15 statt 25 Teilnehmern und mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen anzubieten. Bürgermeister Stahl und Stefanie Süß, Leiterin der Touristinfo, bedankten sich bei Darstellern und der Regie für das Engagement. Stahl hob die Wichtigkeit von Kultur in der Stadt hervor. Er betonte aber auch, dass sich die Situation täglich ändern könne. Um rechtzeitig reagieren zu können, würden Karten für die Historischen Stadtführungen erst kurz vor den Veranstaltungen verkauft.
Regisseur Grüssner ist die hohe Qualität der Stadtführungen ein großes Anliegen. Selbst Großstädte könnten hier nicht mithalten. Dies sei der Stadt zu verdanken, die sich sehr um Kultur bemühe. "Was nicht selbstverständlich ist."
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