Insekten kommen Bäckereien im Landkreis Tirschenreuth nicht in die Tüte

Tirschenreuth
07.03.2023 - 12:28 Uhr
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Die Diskussion über Insekten in Lebensmitteln ist auch im Landkreis Tirschenreuth angekommen. Kunden fragen in Bäckereien vermehrt nach, ob in Brot oder Semmeln künftig Grillen oder Larven verarbeitet werden. Die Unternehmen reagieren.

Beim Backhaus Kutzer häuften sich zuletzt Anfragen und Gerüchte. Es geht um Insekten in Lebensmitteln. "Ein sensibles Thema", erklärt Geschäftsführer Patrick Kutzer auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien. In einem Facebook-Post äußerte sich das Unternehmen kürzlich deutlich: "Das Backhaus Kutzer sagt Nein zu Insekten in Backwaren!" Die klare Ablehnung erzeugt auch ein großes Echo bei Followern des Unternehmens, die das Posting liken, teilen und kommentieren.

Viele befürworten die Haltung des Unternehmens, bedanken sich für das Statement und schreiben etwa: "Ein Grund mehr, weiter bei euch einzukaufen" oder "Im europäischen Kulturkreis gelten Insekten als Ungeziefer, und das darf auch ruhig so bleiben". In der Minderheit sind Stimmen wie: "Naja, so schlimm wäre das jetzt nicht" oder "Früher haben Deutsche Insekten gegessen. Wäre der Maikäfer nicht durch Pestizide fast ausgerottet, dann wäre er vielleicht heute noch auf der Speisekarte".

Kennzeichnung erforderlich

Die kürzliche Verordnung der EU, die die Verarbeitung von Hausgrillen und Larven von Getreideschimmelkäfern in Lebensmitteln erlaubt, hat deutschlandweit für Diskussionen gesorgt. Allerdings gibt es auch zahlreiche Wissenslücken. "Verbraucher waren der Meinung, dass ab jetzt automatisch Insekten in die Produkte gemischt werden können", sagt Patrick Kutzer.

Zudem seien viele Menschen der Ansicht, dass die Verwendung von Insekten in Produkten wie Brot, Cookies, Nudeln oder Fleischersatz nicht gekennzeichnet werden müsste. Dem ist aber nicht so, denn eine Nennung muss über die Zutatenliste erfolgen. Es müssen der deutsche und der lateinische Name angegeben werden: "Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen), gefroren" oder "Pulver aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)". Ebenso muss die Darbietungsform angegeben werden, also ob die Insekten als Pulver, getrocknet oder pastenartig im Produkt sind, und auch Allergiehinweise dürfen nicht fehlen.

Ekelig und teuer

Die Verwendung von Insekten in Backwaren macht für Patrick Kutzer aus mehreren Gründen keinen Sinn. Als Hauptgrund nennt er den Ekel, den viele Menschen beim Gedanken an den Verzehr der Tiere verspüren. "Natürlich gibt es da einen Ekelfaktor. Das hat viel mit dem ernährungstechnischen Erziehungsbild zu tun." Ihm ist aber auch klar: "Die EU hat das nicht einfach so zugelassen. Das wurde ja geprüft. Insekten enthalten viele Vitamine, Eiweiß und Mineralstoffe."

Zudem seien Produkte aus Insekten auch relativ teuer und kaum wirtschaftlich einsetzbar. So kostet etwa je nach Anbieter ein Kilogramm Mehl aus Mehlwürmern zwischen 10 und 20 Euro. Semmeln oder Brot müsste der Bäcker viel teurer verkaufen als Produkte aus Getreidemehl. Zudem sollen laut Kutzer in der Produktion des Backhauses auch Kreuzkontaminationen vermieden werden. Das bedeutet, dass Produkte nicht bei der Herstellung vermischt werden. "Bei uns ist das weder angedacht noch geplant", betont Kutzer.

Aushang mit klarer Botschaft

Doch das Backhaus Kutzer steht mit dieser Haltung nicht alleine da. Auch in den Filialen der Bäckerei Heitzer gibt es einen Aushang der Kunden informiert: "In unserer Bäckerei werden keine Insekten verbacken." Ein Geschäft befindet sich auch in Kemnath in der ehemaligen Bäckerei Bayer. Der Aushang stammt von den deutschen Innungsbäckern.

Auch die Schustermühle in Eisersdorf bei Kemnath sah sich wegen vermehrter Anfragen von Kunden gezwungen, zu reagieren. Postings auf Instagram und Facebook zeigen ebenfalls, dass das Heimatunternehmen auf Insekten in der Produktion verzichten möchte: "Keine Insekten in unserem Mehl", heißt es dort. Mitarbeiterin Sandra Schraml sagt: "Mittlerweile hat es sich wieder beruhigt." Für die Schustermühle kommen Insekten nicht in die Tüte. "Das ist definitiv so. Das wollen wir auch nicht", erklärt Schraml und betont: "Unsere Produkte stehen für Qualität und Regionalität." Zum Einsatz komme regionales Getreide, das bereits bei der Ernte geprüft werde. Wer Insekten essen möchte, solle sich diese anderweitig bestellen.

Deutschland & Welt23.01.2023
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Konnersreuth14.02.2023
Hintergrund:

Zugelassene Insektenarten

  • Juni 2021: Mehlkäfer (Tenebrio molitor), im Larvenstadium getrocknet
  • November 2021: Wanderheuschrecke (Locusta migratoria), gefroren, getrocknet, pulverförmig
  • Februar 2022/Januar 2023: Hausgrille (Acheta domesticus), gefroren, getrocknet, pulverförmig/teilweise entfettetes Pulver
  • Januar 2023: Buffalowurm/Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus), gefroren, pastenartig
 
 

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