Tirschenreuth
11.11.2018 - 15:45 Uhr

Kampf gegen Spirale der Armut

Upendo Mollel hält ihre Zukunft jetzt in den eigenen Händen. Vor fünf Jahren hatte das Team der „Aktion Feuerkinder“ sie operiert. Heute bestreitet die 19-Jährige ihren Lebensunterhalt als Schneiderin.

Die sichtlich glückliche Upendo Mollel an ihrem Arbeitsplatz: der Nähmaschine. Bild: Dr. Annemarie Schraml/exb
Die sichtlich glückliche Upendo Mollel an ihrem Arbeitsplatz: der Nähmaschine.

Es werde zunehmend schwieriger für das spendenfinanzierte, ehrenamtliche Projekt der "Aktion Feuerkinder", überhaupt Arbeitserlaubnisse für Helfer und Einfuhrgenehmigungen für das dringend benötigte medizinische Material zu erhalten, klagt Dr. Annemarie Schraml. In den nächsten Tagen geht es wieder los.

Am Donnerstag, 15. November, beginnt der nächste Einsatz. Die Kinderorthopäden Dr. Annemarie Schraml, Dr. Stephan Oehler, der Anästhesist Dr. Klaus Schwendner, die Krankenschwestern Grace Ayoo-Küfner, die OP-Schwestern Sabine Bourges-Frei und Margit Schaffler aus Traunstein, der Anästhesie-Pfleger Gregor Wittmann, der Physiotherapeut Alexander Weiß aus Mitterteich und der Student Dominik Reinhart fliegen nach Tansania, um dort Hilfe zu leisten.

Vor fünf Jahren hat das Team der "Aktion Feuerkinder" Upendo Mollel operiert. Die Startbedingungen für die junge Frau waren nicht eben die besten: Die junge Tansanierin kam in einer extrem trockenen Region des ostafrikanischen Landes zur Welt, in einer Gegend, die für ihre Edelstein-Minen bekannt ist. Täglich musste ihre Mutter kilometerweit zum nächsten Brunnen laufen, um Trinkwasser für die Familie zu holen. Trinkwasser, das viele Kinder sehr krank macht. Denn durch den hohen Anteil an Fluorid verformen sich die Beine der im Wachstum befindlichen Jungen und Mädchen extrem.

Extreme X-Beine

"Upendo hatte extreme X-Beine", erinnert sich die Waldsassenerin Dr. Annemarie Schraml, Kinderorthopädin und Initiatorin des Projekts "Aktion Feuerkinder". "Sie konnte kaum gehen, als ich sie vor rund fünf Jahren traf." Heute hat sich Upendo Mollels Leben sehr zum Positiven verändert. Grund dafür ist neben ihrem Lebensmut und ihrer Stärke die Unterstützung durch die "Aktion Feuerkinder". Denn die heute 19-Jährige wurde in den vergangenen fünf Jahren dreimal operiert. "Wir mussten schrittweise ihre Beine begradigen, Metallplatten einsetzen und diese später wieder entfernen", erzählt Dr. Schraml. Erst dadurch wurde es Upendo ermöglicht, in die Schule zu gehen und schließlich im Usa River Rehabilitation Centre in Arusha eine Ausbildung zur Schneiderin zu machen.

"Wer kaum oder nicht gehen kann, der kann in Tansania weder in eine Schule gelangen, um zu lernen, noch später mit einem ordentlichen Beruf seinen Lebensunterhalt bestreiten", stellt Orthopädin Dr. Schraml klar. Die Wege seien weit in dem großen Land, eine soziale Sicherung gebe es nicht einmal im Ansatz.

Upendo Mollel lebt und arbeitet heute mit einer Freundin, die ebenfalls Schneiderin ist, in einem kleinen Raum in Usa River. "Upendo geht es soweit gut, sie kann sich selbst ernähren mit ihrer Arbeit und auch ihrer bitterarmen Familie eine kleine Unterstützung zukommen lassen. Das ist besonders wichtig, weil ihr Vater schwer krank ist und nicht mehr in der Edelstein-Mine arbeiten kann", berichtet die Ärztin. Sie sei erschüttert gewesen, als sie im März Upendos Mutter und den kleinen Bruder gesehen habe - so schlecht war ihr Allgemeinzustand.

"Ich plane, für die Familie in einem weniger trockenen Gebiet, nahe der Hauptstraße, ein einfaches Haus zu errichten." Schon eine Art "Startpaket" für Upendo Mollel und die befreundete junge Schneiderin hat sie durch Spenden von der "Aktion Feuerkinder" finanziert: den Raum, der mehr Kundschaft verspricht als in ihrem abgelegenen Heimatdorf, zwei Nähmaschinen, Stoffe und Knöpfe. "Ohne Spenden geht es noch nicht", weiß die mittlerweile seit 19 Jahren in dem Projekt tätige Waldsassenerin.

"Am Beispiel von Upendo wird das Ziel der Arbeit des Feuerkinder-Projektes deutlich: Dass behinderte Kinder ihre Beine und Arme benutzen können, in die Schule gehen, einen Beruf erlernen oder studieren, um so aus der Spirale der Armut auszubrechen", fasst die Ärztin zusammen.

"Aktion Feuerkinder":

Nach wie vor gibt es in dem ostafrikanischen Land noch viele Jungen und Mädchen, die dringend operiert werden müssen. Damit sie eine Zukunft haben - wie Upendo Mollel.

Obwohl alle Helfer ehrenamtlich arbeiten, verschlingen Materialien wie OP-Abdeckungen, spezieller Kunststoff-Gips (gewöhnlicher trocknet aufgrund der Höhenlage des tansanischen Nkoaranga-Krankenhauses nicht) und notwendige Medikamente große Summen. Um weiterhin jungen Menschen in Tansania eine Perspektive zu ermöglichen, ist das Team der "Aktion Feuerkinder" daher dringend auf Spenden angewiesen.

Spendenkonto: Stiftung Hilfen für Tansania, Bankverbindung: Evangelische Bank eG, IBAN: DE09 5206 0410 0003 5099 82, Stichwort: "Spende Aktion Feuerkinder".

Familie Mollel lebt zu 8 auf nur 14 Quadratmetern in einer Lehmhütte. Seit Upendo Mollel als Schneiderin arbeitet, unterstützt sie ihre Familie mit etwas Geld. Bild: Dr. Annemarie Schraml/exb
Familie Mollel lebt zu 8 auf nur 14 Quadratmetern in einer Lehmhütte. Seit Upendo Mollel als Schneiderin arbeitet, unterstützt sie ihre Familie mit etwas Geld.
 
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