Tirschenreuth
25.07.2024 - 16:45 Uhr

Kurzarbeit bei Hamm und Co. – Warnungen vor verschlechterter Lage der Oberpfälzer Firmen

Die Lage in der Oberpfälzer Metall- und Elektroindustrie hat sich binnen eines Halbjahres verschlechtert. Viele Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet. Unter anderem auch die Hamm AG, deren Kunden vor kurzem einen "Herzkasper" bekamen.

Zeichen des Abschwungs? Die Hamm AG in Tirschenreuth hat für ihre Belegschaft in den Monaten September und Oktober bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit angezeigt. Archivbild: Gabi Schönberger
Zeichen des Abschwungs? Die Hamm AG in Tirschenreuth hat für ihre Belegschaft in den Monaten September und Oktober bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit angezeigt.

Vor kurzem sorgten Pläne von Bundesverkehrsminister Volker Wissing dafür, dass die Kunden der Hamm AG "einen Herzkasper bekommen haben". Das sagt der Vorstand des Tirschenreuther Unternehmens, Stefan Klumpp. Der FDP-Minister hatte offenbar massive Kürzungen beim Straßenbau geplant, es sollten Milliarden eingespart werden. Das sorgte für jede Menge Verunsicherung bei den Hamm-Kunden. Das Unternehmen mit Sitz in Tirschenreuth stellt Baumaschinen, etwa Straßenwalzen, her.

Auch die Zukunft der USA sorgt nicht gerade für Sicherheit. Zwar läuft der Markt dort aktuell gut, so Klumpp, aber niemand wisse, wie es im nächsten Jahr weitergehe, wer dann im Weißen Haus sitze. Mehr könne er dazu nicht sagen, erklärt der Hamm-Vorstand bei einem Pressegespräch der Wirtschaftsverbände Bayme und VBM am Dienstag in Regensburg, und verweist auf die Pressestelle. Die Hamm AG gehört zur Wirtgen-Group, die wiederum Teil des US-Konzerns John Deere ist.

Politische Unsicherheiten, in Deutschland wie auf der ganzen Welt, sind nur ein Grund, warum es derzeit nicht so rund läuft – beim Tirschenreuther Baumaschinenhersteller im Speziellen, in der Oberpfälzer Wirtschaft im Allgemeinen. Hamm hat für September und Oktober Kurzarbeit angemeldet. Die Aufträge seien zurückgegangen, die Produktion entsprechend auch. Die Kunden seien zurückhaltend, auch wegen der Zinssituation. "Wir sind auch keine Insel der Glückseligkeit", sagt Klumpp. Anfang des Jahres war er noch optimistisch gestimmt, da sprach er von einem "guten Jahr". Das habe aber auch an den Restaufträgen aus den vergangenen zwei Jahren gelegen.

Hamm als Spiegelbild

Was er über Hamm erzählt, könne man "eins zu eins" auch für die Oberpfälzer Metall- und Elektroindustrie übernehmen, sagt Klumpp, der an diesem Donnerstag vor allem als Vorsitzender des Bayme-VBM-Bezirksvorstands der Region Oberpfalz-Nord spricht. Die Arbeitgeberverbände haben zu einem Pressegespräch geladen, um anlässlich der halbjährigen Konjunkturumfrage unter den Unternehmen über die aktuelle Lage der Wirtschaft zu unterrichten.

War die Lage Anfang des Jahres noch besser als die Stimmung, hat sich das laut Klumpp verändert. "Die Lage ist jetzt so schlecht wie die Stimmung." Klumpp will eigentlich nicht schwarzmalen, sagt er. "Aber mir fällt es schwer, positive Botschaften zu bringen."

Und dann zählt er einen negativen Punkt aus der aktuellen Umfrage nach dem anderen auf. Die Produktion wird sinken, auf das Niveau von 2018. In einer Welt, die auf Wachstum getrimmt ist, sei das "ein alarmierendes Zeichen", so Klumpp. Die Ertragslage sei zwar noch gut, was an der Sache mit den Restaufträgen aus den vergangenen Jahren liege, aber im nächsten Jahr werde das in die andere Richtung gehen. Auch die Erwartungshaltung sei getrübt, die Investitionspläne weiter gesunken.

In ganz Bayern erwartet man, dass die Zahl der Beschäftigten im zweiten Halbjahr abnimmt. In der Oberpfalz soll sie zwar stabil bleiben, trotzdem hätten schon etliche Unternehmen die "Notbremse" gezogen, so Klumpp, hätten Kurzarbeit angemeldet, Leiharbeiter entlassen. Aber Personalabbau im klassischen Sinne sei wohl nicht geplant, sagt Klumpp, die Firmen "warten einfach, bis die Leute in Rente gehen".

Billige Maschinen aus China

Die Demografie sei eines der großen Themen, die die Unternehmen derzeit beschäftigen. Bloß: "Die Regierung sieht das Problem gar nicht, das da auf und zukommt", meint der Hamm-Chef. Dazu die Bürokratie – mittlerweile habe Klumpp sieben Mitarbeiter, die sich allein um dieses Thema kümmern.

Und da sind da ja noch die Energiekosten, für Klumpp das größte Problem. Gerade im Vergleich zu anderen Ländern sei das ein riesiger Nachteil. Chinesische Hersteller können Baumaschinen wegen der niedrigen Stahlpreise um "3000 Euro billiger" verkaufen. Da müsse man die Kunden erst mal von den eigenen Maschinen überzeugen, von der Qualität der eigenen Produkte.

Qualität – damit findet Klumpp dann doch noch etwas Positives. Hierzulande, auch hier in der Oberpfalz, gebe es eine Riesenstärke: die Innovationskraft im technischen Bereich. Wer technisch gute Lösungen anbiete, setze sich auch durch. Trotz der negativen Rahmenbedingungen.

Hintergrund:

Bayme und VBM

  • Bayme: Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro
  • VBM: Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie
  • Mitgliedsbetriebe: 319 in der Oberpfalz
  • Beschäftigte in den Mitgliedsbetrieben: Rund 99.000 in der Oberpfalz
 
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