Tirschenreuth
25.10.2023 - 18:29 Uhr

Landkreis Tirschenreuth hat neue Unterkünfte für Geflüchtete: Zeltaufbau verschoben

In den kommenden Monaten könnten dem Landkreis Tirschenreuth wieder mehr Geflüchtete zugewiesen werden. Wie sich die Verantwortlichen um die Unterbringung kümmern wollen, informierte das Landratsamt bei einem Pressetermin.

In den kommenden Monaten könnten wieder vermehrt Geflüchtete in den Landkreis Tirschenreuth kommen. Über die künftige Vorgehensweise, wie die Menschen untergebracht werden sollen, informierte das Landratsamt bei einem Pressetermin. Symbolbild: Wolfgang Steinbacher
In den kommenden Monaten könnten wieder vermehrt Geflüchtete in den Landkreis Tirschenreuth kommen. Über die künftige Vorgehensweise, wie die Menschen untergebracht werden sollen, informierte das Landratsamt bei einem Pressetermin.

Seit über einem Jahr ist Landrat Roland Grillmeier nach eigenen Angaben mit den Städten und Gemeinden im Landkreis in Gesprächen, um die Unterbringung von Geflüchteten weiter zu gewährleisten. Bei der Kreisausschusssitzung am Montag wurde bekannt, dass sämtliche Möglichkeiten dafür inzwischen ausgeschöpft sind. Mitlerweile ist ein Zelt als Übergangslösung angemietet worden.

Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch informierte Grillmeier nun, dass der Aufbau des Zeltes auf unbestimmte Zeit zurückgestellt worden sei. "Wir haben zwei Unterkünfte, die wir belegen können", informierte er. Hier könnten zwischenzeitlich etwa 100 Menschen untergebracht werden. Wo sich die Unterkünfte befinden, sagte der Landrat nicht. Das soll erst später bei einem gesonderten Termin verraten werden. Außerdem bestätigte Grillmeier, dass die Gemeinde Plößberg ein Grundstück für Containerstandorte bereitgestellt und auch die Stadt Erbendorf eine Lösung für das Aufstellen von Wohncontainern zugesagt hätten. Zwei weitere Kommunen hätten Standorte zugesichert. Auch darüber solle gesondert mit den Gemeinden informiert werden.

Infrastruktur wichtig

Landratsamt-Mitarbeiter Martin Thoma, der für die bauliche Abwicklung zuständig ist, werde die Container-Standorte zuerst hinsichtlich der Erschließung der Grundstücke (Wasser, Kanal, Strom, Straßenanbindung) prüfen, so der Landrat. Wie Integrationslotse David Runschke einwarf, sollten die Menschen auch mit Infrastruktur versorgt sein. Damit meinte er Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung und eine Möglichkeit, Behördengänge zu erledigen. Das werde rund drei bis vier Monate dauern. Grillmeier ging davon aus, dass die Container erst im März/April 2024 zur Verfügung stehen werden. Die Containersiedlungen sollen Platz für rund 50 Personen bieten.

Nach wie vor sei der Landkreis weiter auf der Suche nach geeigneten Grundstücken für Containersiedlungen. "Man muss versuchen, größere Orte und Mittelzentren mehr in die Pflicht zu nehmen", so Grillmeier und schob nach: "Ich kann aber keinen verpflichten." Kommunen hätten schon Vorschläge gemacht. Jedoch seien Grundstücke ohne Erschließung, mit Hanglage oder Anschluss an Infrastruktur ungeeignet.

Der Landkreis Tirschenreuth befindet sich laut Grillmeier momentan in keiner Überlastungssituation. "Wir wären derzeit nicht überfordert, wenn es den Ukrainekrieg nicht gäbe." Seither sind im Landkreis 1071 Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind, untergekommen. Davon sind laut der Statistik des Landratsamtes vom 25. Oktober 2023 bereits 831 Menschen in privaten Wohnungen, 182 in der Notunterkunft in Fockenfeld bei Konnersreuth sowie 58 in dezentralen Unterkünften untergebracht worden. Auf die Einwohnerzahl des Landkreises gerechnet (72 172) mache das 1,48 Prozent aus. Dahingegen mache der Anteil von Asylsuchenden aus anderen Staaten mit 578 Personen gerade mal 0,8 Prozent aus.

Quote übererfüllt

Da der Landkreis die Quote bei der Aufnahme von Menschen aus der Ukraine sogar übererfüllt hat, wurde er bei der Zuweisung von Asylbewerbern anderer Herkunftsländer zuletzt geschont. "Wir nähern uns dem Punkt, wo wir wieder aufnehmen müssen", betonte Grillmeier. Nach einem Gespräch mit Vertretern des Bayerischen Innenministeriums sowie anderen Landräten und Oberbürgermeistern konnte er noch keine Zahlen nennen. Grillmeier vermutete jedoch, dass die Zahlen steigen werden und rechnet mit etwa 50 oder mehr Personen, die im Monat dem Landkreis Tirschenreuth zugewiesen werden könnten. "Es kann anders kommen, wir wollen aber informieren", sagte Grillmeier.

"Städte in der Oberpfalz, wie Regensburg, Amberg und Weiden, sind mit 130 Prozent stärker belegt als Landkreise", so Grillmeier. Zudem sollten die Ankerzentren ausgebaut werden und Menschen ohne Bleibeperspektive nicht in die Fläche verteilt werden. Wie Jürgen Besold vom Sozialamt erklärte, werden dem Landkreis Tirschenreuth aktuell zum Großteil junge Männer, hauptsächlich aus Syrien, zugewiesen. Die Zuweisung werde durch übergeordnete Stellen geregelt. Im Landkreis selbst werde darauf geachtet, die Unterbringung homogen zu gestalten und auch Gruppen verschiedener Religionszugehörigkeiten zu trennen. Zudem würden nicht einfach alleinstehende Männer zu einer Familie gebracht. "Wenn es nur Männer sind, kann es auch sein, dass sie zu viert in einem Container untergebracht werden. Das ist kein Luxus", so Landrat Grillmeier.

Ihm war es wichtig zu betonten, dass es seit 2015 keine negativen Vorfälle mit Geflüchteten im Landkreis gegeben habe. Grillmeier plädierte dafür: "Man muss erstmal den Menschen sehen, und nicht gleich verurteilen." Bei der Verteilung der Neuankömmlinge erhofft er sich eine solidarische Lösung, so wie es mit Bürgermeistern vereinbart gewesen sei. Steigen die Zahlen der Geflüchteten weiter, sei die Unterbringung der Menschen in einem Zelt oder in einer Turnhalle unumgänglich. Ein Zelt sei bereits über eine Verleihfirma aus Oberbayern angemietet worden. Rainer Fladerer vom Sozialamt informierte, dass es sich dabei um ein 20 mal 50 Meter großes Thermozelt handelt, das mit Stockbetten für 100 Personen eingerichtet wird. Beheizt werden soll es über eine Gebläseheizung mit Öl.

Suche nach Grundstück läuft

Aktuell stehe noch nicht fest, wo es aufgestellt werden soll. Die Suche nach einem entsprechenden Grundstück laufe noch. Es müsste laut Grillmeier etwa 1000 Quadratmeter haben. Da dort auch Sanitärcontainer sowie Container für Waschmaschinen und Security-Personal aufgestellt werden sollen, bräuchte es eine Erschließung mit Wasser, Kanal und Strom. Die Essensausgabe könnte ähnlich wie in Fockenfeld über eine Catering-Firma laufen. "Wir haben schon bei Städten mit Festplätzen, wie Erbendorf, Tirschenreuth und Kemnath, angefragt." Wie Grillmeier mitteilte, seien die Plätze entweder belegt oder es seien dem Landratsamt Absagen erteilt worden.

"Wir können auch nicht einfach etwas beschlagnahmen." Das könnte der Landkreis erst, wenn alle eigenen Liegenschaften, wie Schulgrundstücke, ausgenutzt wären. "Das ist aber die letzte Option", betonte Grillmeier. Der Standort für das Zelt sollte zwar zentral sein: "Aber wir sind auch bereit, an Ortsränder zu gehen", sagte der Landrat. Voraussetzung dafür sei, dass die Bewohner fußläufig den Ortskern erreichen könnten. Als Vorteil von einem Zelt oder Containerstandorten sieht Grillmeier, dass beides wieder abgebaut werden könne, wenn es nicht mehr benötigt werde.

OnetzPlus
Tirschenreuth23.10.2023
Hintergrund:

Zahlen der Geflüchteten im Landkreis Tirschenreuth:

  • Aus der Ukraine: 1071
  • Prozentualer Anteil gemessen an der Einwohnerzahl: 1,48 Prozent
  • Aus anderen Herkunftsländern: 578
  • Prozentualer Anteil gemessen an der Einwohnerzahl: 0,8 Prozent

Quelle: Landratsamt Tirschenreuth (Stand: 25. Oktober 2023)

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.