Landkreis Tirschenreuth zeigt sein neues Selbstbewusstsein

Tirschenreuth
30.06.2022 - 20:24 Uhr

Einst strukturschwach, heute wirtschaftlich auf dem Vormarsch: Der Landkreis Tirschenreuth feiert seinen 50. Geburtstag. Von Ministerpräsident Markus Söder gibt es als Geschenk jede Menge Lob.

Friedrich Wölfl kann sich noch genau erinnern: Im Oktober 1972 strahlte das Erste am Sonntagabend zur besten Sendezeit um 22 Uhr den Film „Agonie einer Landschaft“ aus. Dieser sollte die wirtschaftliche, soziale und biologische Verödung der Oberpfalz zeigen. Dabei kam der Landkreis Tirschenreuth als die „letzte Ecke“ Deutschlands herüber. Der Film habe ein Bild von einer "Region ohne Lebenskraft und Hoffnung" gezeichnet.

Ein halbes Jahrhundert später hält Wölfl am Donnerstagnachmittag den Festvortrag zu "50 Jahre Landkreis Tirschenreuth". Der Studiendirektor a.D. hat sich in die Geschichte der Landkreisreform eingearbeitet, denn am 1. Juli 1972 wurden die bis dahin selbstständigen Kreise Tirschenreuth und Kemnath sowie aus dem Kreis Neustadt/WN der Erbendorfer Raum zusammengelegt. Dies feiert der Landkreis im Kettelerhaus in Tirschenreuth mit einer besonderen Kreistagssitzung.

Die Karte der Altlandkreises und des neuen Landkreises Tirschenreuth

Dynamische Region

Auch Ministerpräsident Markus Söder macht als Festredner seine Aufwartung. Und in seinen Worten ist von einer Region ohne Lebenskraft überhaupt nichts mehr zu spüren. Der Landkreis hat sich zu einer Vorzeigeregion gemausert. Das betont Söder immer wieder: "Tirschenreuth gehört zu den dynamischsten Regionen Bayerns. Und damit gehört man auch zu den dynamischsten Regionen Deutschlands und Europas."

Ihn fasziniere, dass hier nie gejammert, sondern mit vielen Ideen vorangegangen werde. Der Ministerpräsident hat viel Lob mitgebracht. Die Entwicklung Tirschenreuths zeige, dass die Gebietsreform 1972 in Bayern am Ende eine Erfolgsgeschichte war, auch wenn es zu Beginn viele Widerstände gegeben habe. Söder erinnert daran, dass von einst 7053 Gemeinden gerade noch gut 2000 selbstständig blieben, die Zahl der Landkreise halbiert wurde. "Das war eine Operation am offenen Herzen. Es gab landauf, landab Ärger", so der Politiker. Einige Nachwehen seien bis heute zu spüren, beispielsweise bei Kreistagswahlen. Letztendlich habe sich die Reform aber gelohnt. Schließlich seien leistungsfähige Verwaltungseinheiten entstanden.

Teichlandschaften im Blick

Dann schwenkt Söder wieder auf Tirschenreuth um. Der Landkreis vereine Modernität und Heimat. Und dazu gehöre auch die Teichlandschaft. Explizit spricht er die Fischotter-Problematik an. "Da müssen wir uns etwas überlegen." Aber nicht nur die Bodenständigkeit mache den Landkreis interessant. Auch seine Lage im Herzen Europas. "Hier muss die Region noch weiter zusammenwachsen", sieht der Ministerpräsident die Beziehungen zu Tschechien "als elementar".

Auch den Ukraine-Krieg erwähnt Söder. Dabei leiste der Landkreis überdurchschnittliches bei der Aufnahme von Schutzsuchenden. "Aber auch diese Krise werden wir überwinden", strahlt der Politiker Zuversicht aus und schlägt wieder die Brücke zum Landkreis Tirschenreuth. Denn dieser sei aus Krisen noch stärker herausgekommen.

Darauf verweist ebenso Landrat Roland Grillmeier. Er umschreibt die Entwicklung des Landkreises als eine Geschichte von Entbehrungen, Einsatz, Niedergang und Aufschwung. Eine Entwicklung, "die uns niemand zugetraut hat". Er spricht von einem "neuen Selbstbewusstsein", das die Region nun auszeichne. Viele Akteure und Unternehmen hätten den Willen gezeigt, die Heimat nicht aufzugeben, sondern zu gestalten.

Immer mehr Arbeitsplätze

Als Beleg führt Grillmeier die kürzlich veröffentliche Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft an, die den Landkreis Tirschenreuth zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen Deutschlands zählt. Und noch eine beeindruckende Zahl von der Arbeitsagentur für Arbeit hat der Landrat dabei. Trotz Corona habe in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten im Landkreis um 3,6 Prozent zugenommen. "Das ist ein Spitzenwert in Bayern", so Grillmeier. Wünsche an den Ministerpräsidenten habe er heute keine. Und der Landrat verspricht: "Wir werden weiter arbeiten." Denn dieser Erfolg sei kein Selbstläufer, sondern setze Entbehrungen und harte Arbeit voraus.

Söder und Grillmeier zeichnen damit das Bild eines starken Landkreises. Von einer Agonie, also einem Todeskampf, kann keine Rede mehr sein.

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Tirschenreuth20.06.2022
Hintergrund:

Aus diesen Kommunen entstand 1972 der Landkreis Tirschenreuth

  • Altlandkreis Tirschenreuth: 53 Gemeinden, rund 57.000 Einwohner
  • Altlandkreis Kemnath: 36 Gemeinden, rund 23.000 Einwohner. Die Gemeinden Mehlmeisel, Guttenthau, Haidenaab, Plössen, Ramlesreuth, Speichersdorf und Wirbenz kamen zum Landkreis Bayreuth. Die Gemeinde Mockersdorf kam zum Landkreis Neustadt/WN.
  • Aus dem Altlandkreis Neustadt/WN kamen die Gemeinden Erbendorf, Grötschenreuth, Hauxdorf, Krummennaab, Reuth, Röthenbach, Thumsenreuth, Wetzldorf und Wildenreuth zum Landkreis Tirschenreuth.
 
 

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