ONETZ: Sie bauen Ihre berufliche Karriere auf und sind weltweit unterwegs. Nun spielen Sie auch noch den Jesus in der "Europassion Tirschenreuth 2020". Was bewegt Sie, daheim auf der Bühne zu stehen?
Julian Mühlmeier: Ich habe in der Grundschule mit Theater begonnen und im Gymnasium, im Landestheater Oberpfalz, bei den Bärnauer Festspielen und im Verein Modernes Theater Tirschenreuth mitgewirkt. Theater ist für mich Heimat. Das und vor allem die Menschen, die dahinter stecken, bringen mich immer wieder zurück.
ONETZ: Wie war Ihre Reaktion, als Ihnen Jesus als Rolle angeboten wurde?
"Wow! Ich darf das spielen.“ Mir war aber auch die Verantwortung für diese Rolle bewusst.
ONETZ: Was waren Ihre Beweggründe zuzusagen?
Ich wollte bei der Passion mitwirken. Dass es gleich Jesus wurde, ist der Hammer. Legendär ist die Gemeinschaft bei diesen Produktionen, wo immer tolle Stimmung ist. Und natürlich hat mich diese Herausforderung gereizt.
ONETZ: Sind Sie ein gläubiger Mensch?
Ja. Ich denke, es gibt kaum Menschen, die nicht glauben. Das gehört zum Leben. Glaube ist individuell und hochpersönlich, tief in uns. Er macht uns aus.
ONETZ: Was war Jesus Ihrer Meinung nach für ein Mensch?
Ein Rebell mit klaren Zielen, der die Gesellschaft kritisch hinterfragt und damit die Werte neu definiert hat, wie zum Beispiel Offenheit, Toleranz, Gerechtigkeit, Liebe.
ONETZ: Wie bereiten Sie sich auf die Rolle vor?
Ich habe Bücher über Jesus gelesen. Es gibt viele Meinungen dazu, die man abwägen muss. Außerdem war ich in Israel und Palästina und habe die wichtigen Wegstationen des Gottessohnes besucht, um näher an ihn heranzukommen.
ONETZ: Bekommen Sie von der Regie Freiraum, einen eigenen „Jesus“-Charakter zu entwickeln?
Es ist ein guter Mix. Die Regisseure haben genaue Vorstellungen, dafür sind sie da. Aber wir Darsteller bringen Vorschläge ein, und es wird am Spiel des Einzelnen gemeinsam gefeilt. Die westliche Welt hat eine geprägte Vorstellung von Jesus, wie er zum Beispiel ausgesehen haben soll. Mir ist wichtig, dass ich Jesus menschlich darstelle – mit einer göttlichen Bindung.
ONETZ: Wie gehen Sie damit um, dass Sie Zuschauer als Jesus mit verklärtem Blick sehen werden?
Richtig, das ist eine riesige Verantwortung und das sollte einem für eine derartige Rolle bewusst sein. Es wird Zuschauer geben, die sagen, so habe ich mir das nicht vorgestellt. Auch damit müssen wir als Ensemble umgehen können.
ONETZ: Jesus war ein Mensch. Aber er wirkte Wunder, konnte über Wasser gehen, erweckte Tote zum Leben. Wie wollen Sie diese „Doppelrolle“ meistern?
Die Frage ist: "Wie kann man das spielen als normaler Mensch?". Hier liegt die allergrößte Herausforderung. Einerseits ist eine gewisse Selbstverständlichkeit als Darsteller in der Ausstrahlung wichtig, gleichzeitig kann man Vieles mit Gefühlen ausdrücken. Ich hoffe, dem Ganzen gerecht zu werden.
ONETZ: Wären Sie lieber ein verklärter Jesus oder der Revolutionär?
Der Revolutionär. Jesus hat die Welt maßgeblich beeinflusst wie nur wenige. Er ist Beispiel für unser Tun. Jeder kann die Welt zum Positiven ändern. Jesus hat die wichtigen Grundpfeiler gelegt, mit denen sich noch heute Menschen identifizieren. In 2000 Jahren Geschichte haben wir diese Grundideen immer wieder in neues Licht gestellt, vielleicht nicht immer ins richtige.
ONETZ: Finden Sie es gut, dass ein Passionsspiel dem Zeitgeist entspricht?
Das ist wichtig. Als Menschen passen wir grundsätzlich Dinge an die jeweilige Kultur an. Damit wird es leichter verständlich und wir können uns besser mit dem Geschehen identifizieren. Der Gedanke der Passion bleibt immer derselbe.
ONETZ: Denken Sie, dass die Rolle Ihr Leben prägen wird?
Das hat sie bereits. Es ist toll und wichtig, sich mit seinem Glauben auseinanderzusetzten, zu sehen, wie andere Religionen ähnliche Thematiken erklären oder sich bewusst zu machen, wie uns der Glaube immer wieder helfen kann.
ONETZ: Jetzt ist Weihnachten, Jesus wird erst geboren. Was ist Weihnachten für Sie?
Weihnachten ist eines der schönsten Feste des Jahres. Ich treffe die für mich wichtigsten Menschen, meine Familie, und wir essen viel Leckeres zusammen.
Julian Mühlmeier
Alter: 26
Werdegang: Bachelor „Wirtschaftspsychologie“/Master „Leadership for sustainability“ (Führung in Richtung Nachhaltigkeit)
Wohnort: Tirschenreuth
Arbeitsplatz: Mühlmeier Bodyshaping GmbH/The SeaNomads
Wo würdest du am liebsten leben, wenn nicht daheim: Schweden
Hobbys: Theater, Musik, Sport
Lieblingstheaterrolle: Johnny Cash
Welche Rolle willst du unbedingt spielen?: Alle
Lieblingsmusik: Independent Surf Pop
Lieblingsbuch: "Der Schwarm" von Frank Schätzing
Lieblingsessen: Vegetarisch
Lebensmotto: "Ach, des geht schon!"
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