Neujustierung des Baurechts: Dr. Alfred Scheidler als Stimme des ländlichen Raums

Tirschenreuth
24.03.2023 - 14:41 Uhr
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Dr. Alfred Scheidler aus Tirschenreuth hat einen hervorragenden Ruf in Juristenkreisen. Daher darf sich der stellvertretende Landrat nun bei der Änderung des Baurechts mit einbringen. Seine Ziele hat er klar abgesteckt.

Auf dem Regal beim Fenster steht die „Justitia“ in Bronze, im Bücherregal hat ein handgeschnitzter Philosoph Platz genommen. Ansonsten ist hier alles schlicht-modern, beinahe puristisch gehalten. Beide Skulpturen im Büro von Dr. Alfred Scheidler in seinem Haus in Tirschenreuth sind auch mehr als nur zierende Dekoration. Der promovierte Jurist sieht sich durch beide Figuren in seiner Berufung und seinem Auftrag bestätigt.

Seit 1998 arbeitet er als Abteilungsleiter am Landratsamt Neustadt/WN, ist mittlerweile Leitender Regierungsdirektor. 2002 promovierte er zum Doktor der Rechte (Dr. jur.). Seine Leidenschaft für Paragrafen, Gesetzestexte und komplizierte rechtliche Abhandlungen auf Papier gehört zu seinem Leben wie sein Rennrad, mit dem er sich Auszeiten vom Alltag holt. "Wenn ich einmal nicht mehr weiter weiß oder den Faden beim Schreiben verloren habe, setze ich mich auf das Rad und fahre gut eine Stunde durch den Landkreis", sagt er. Dies sei für ihn der Garant, um danach den kreativen Faden wieder aufnehmen zu können.

Bundesweite Expertensuche

Der Tirschenreuther hat einen hervorragenden Ruf in Juristenkreisen. Der 58-Jährige ist Autor zahlreicher Fachbücher und -zeitschriften. Sein enormes Wissen hat sich in akademischen Fachkreisen herumgesprochen. „Immer wieder kommen Fachleute auf mich zu, die mich in ihren Kreis als Autor für wissenschaftliche Abhandlungen holen wollen.“ Dennoch ist eine Nachricht für Scheidler überraschend gekommen: Er bekam vor einiger Zeit eine Einladung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) aus Berlin, das im Auftrag des Bundesbauministeriums bundesweit nach Experten suchte, die eine Novellierung des Baugesetzbuchs mit vorbereiten sollen.

Zum Hintergrund: Nachdem am 1. Februar grundlegende Änderungen des Baurechts im Hinblick auf Windkraftanlagen in Kraft getreten sind, plant die Bundesregierung nun eine weitere, größer angelegte Änderung des Baugesetzbuchs. „Mir ist wichtig, dass ich als Mitglied im Gremium für die ländlichen Regionen sprechen kann“, nennt der Tirschenreuther den Grund für seine Zusage.

Bauen im Außenbereich

Die künftigen Änderungen sollen den Bau von Windrädern bundesweit erleichtern. Scheidler jedoch möchte nicht eine allgemeine Gesetzeslage. Seiner Meinung nach müssten die baurechtlichen Belange auf die jeweilige Region abgestimmt werden.

Außerdem hat er vor allem auch das Thema Bauen im Außenbereich im Blick. Nach derzeitigem Baurecht seien die Voraussetzungen dafür sehr streng. In der Expertenkommission will Scheidler sich für Lockerungen einsetzen: „Gerade bei uns im ländlichen Raum kommt es oft vor, dass junge Leute in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen sind, auch ihr Eigenheim errichten wollen. Wenn wir nicht wollen, dass unsere Dörfer aussterben, muss hier das Bauen auch für Nichtlandwirte erleichtert werden.“

Der 58-Jährige, der auch stellvertretender Landrat im Landkreis Tirschenreuth ist sowie für die CSU im Kreistag und im Stadtrat sitzt, hat sich vorgenommen, in dieser Expertenkommission darauf zu achten, dass nichts an den ländlichen Regionen vorbeigeht. Denn der Familienvater und Großvater von zwei Enkeln liebt seine Heimat.

Wissenschaft und Praxis

Seine Frau Sabine, betont er, sei ihm in jeder Hinsicht eine unverzichtbare Hilfe. Sie führe für ihn Buch, nehme die Aufträge entgegen und lektoriere seine Rohfassungen. Warum ausgerechnet er in dieses Gremium eingeladen wurde, kann der Jurist nur vermuten. Natürlich dürften sein beruflicher Hintergrund und seine Erfahrungen in der Lokalpolitik eine Rolle gespielt haben. Er habe in den vergangenen 20 Jahren über 700 Beiträge in juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht, erklärt er. Damit nicht genug: Der Tirschenreuther arbeitet als Mitautor bei drei renommierten Kommentaren zum Baugesetzbuch mit und ist Mitherausgeber der Zeitschrift „Baurecht“. Er vereine die Kombination aus Wissenschaft und Praxis.

Inwieweit Scheidlers Ideen und Anregungen im neuen Baugesetzbuch ihren Niederschlag finden werden, bleibt abzuwarten. In diesem Sommer wird er auf alle Fälle mehrmals seinen Bürostuhl im Landratsamt Neustadt/WN und in Tirschenreuth mit einem Stuhl in der Expertenkommission wechseln. Der Neustädter Landrat Andreas Meier habe ihm für diese Aufgabe grünes Licht gegeben. Immerhin ergibt sich durch diese Berufung die Chance, dass über Alfred Scheidler Stimmen aus dem ländlichen Raum bei der Neujustierung des Baurechts bei den Verantwortlichen in Berlin Gehör finden.

Hintergrund:

Zur Person: Dr. Alfred Scheidler

  • Geboren: 3. Juli 1964 in Tirschenreuth
  • 1983 bis 1989: Jurastudium in Bayreuth
  • 1992: Eintritt als Regierungsrat in die allg. innere Verwaltung bei der Regierung von Oberfranken in Bayreuth
  • 1993 bis 1998: Abteilungsleiter am Landratsamt Bayreuth
  • 1998: Wechsel als Abteilungsleiter ans Landratsamt Neustadt/WN, seit 2014 "Chefjurist", seit 2020 Leitender Regierungsdirektor
  • 2002: Promotion, Titel der Doktorarbeit: „Nato-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit“ (mit besonderem Blick auf Truppenübungsplatz Grafenwöhr)
  • Bis 2014: Mehrere Lehrtätigkeiten
  • Autor bzw. Mitautor zahlreicher juristischer Fachbücher; Autor von über 700 Publikationen in juristischen Fachzeitschriften
  • Politik: CSU-Mitglied, Stadtrat in Tirschenreuth (seit 2008), Kreisrat (seit 2014), stellvertretender Landrat des Landkreises Tirschenreuth (seit 2014)
Info:

Werdegang und Publikationen

Geboren am 3.7.1964 in Tirschenreuth

1982: Einser-Abitur am Stiftland-Gymnasium Tirschenreuth

1982/1983: Wehrpflicht in Oberviechtach

1983-1989: Jurastudium in Bayreuth

1989: Erstes juristisches Staatsexamen mit Prädikat

1992: Zweites juristisches Staatsexamen mit Prädikat

1992: Eintritt als Regierungsrat in die allg. innere Verwaltung bei der Regierung von Oberfranken in Bayreuth

1993-1998: Abteilungsleiter am Landratsamt Bayreuth

Seit 1998: Abteilungsleiter am Landratsamt Neustadt an der Waldnaab

2002: Promotion zum „Doktor der Rechte“ (Dr. jur.) mit der sehr seltenen Best-note „summa cum laude“.

Doktorarbeit: „NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Ge-bietshoheit“; dabei besonderer Blick auf Truppenübungsplatz Grafenwöhr, der zu dieser Zeit für 1 Mrd. US-Dollar erweitert wurde.

Bis 2014: Lehrtätigkeiten an der Universität Bayreuth (Juristenausbildung), Be-amtenfachhochschule Hof, Bayerische Verwaltungsschule München, Verwal-tungs- und Wirtschaftsakademie Ostbayern

Autor bzw. Mitautor zahlreicher juristischer Fachbücher; Autor von über 700 Publikationen in juristischen Fachzeitschriften

Seit 2008: Mitglied des Stadtrats von Tirschenreuth.

2014: Landratskandidatur Landkreis Tir; gegen Amtsinhaber Wolfgang Lippert unterlegen, aber für einen polit. Newcomer stattliche (knapp) 33 % erreicht, dies bei insg. 5 Kandidaten.

 Seit 2014: Kreisrat und stellvertretender Landrat in Tirschenreuth

 Seit 2014: „Chefjurist“ am Landratsamt Neustadt an der Waldnaab und Vertreter des Landrats Andreas Meier (einmalige Situation in ganz Bayern: Vertreter zwei-er Landräte)

1.3.2015: Ernennung zum Regierungsdirektor

31.7.2020: Ernennung zum Leitenden Regierungsdirektor

o Erstmals in der Geschichte des LRA NEW gibt es einen „Leitenden Re-gierungsdirektor“

o In ganz Bayern gibt es für Landratsamtsjuristen nur ca. 20 mal die Positi-on „Leitender Regierungsdirektor“

 
 

Kommentare

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