Die 24-jährige Nora Kellner aus Parkstein wurde vor einigen Jahren Opfer von sexualisierter Gewalt. In ihrem Werk beschreibt die junge Frau, was ihr angetan wurde - und wer ihr nach der Tat zur Seite stand. Wo und wann sie selbst brutale Gewalt erleben musste, will sie auch in ihrem Buch aus Eigenschutz nicht verraten.
Nora Kellner berichtet aber auch schonungslos, wie Opfer sexualisierter Gewalt nach der Tat oftmals von der Gesellschaft und von Gesetzesvertretern behandelt werden. Opfern werde oft kein Glaube geschenkt, sie müssen Beschuldigungen und Ungerechtigkeiten aushalten.
Opfer niemals selbst schuld
Das Vorwort greift die Autorin ein von der Gesellschaft verharmlostes Erlebnis auf. Ein fremder Mann auf der Straße fasst sie an den Po, ein weiterer Mann schaut zu. Nora Kellner stellt beide zur Rede. Sie sagt der zweiten Person, dass er Mittäter sei, weil er das Verhalten des anderen dulde. Zuerst behaupten die Männer, es sei ein Versehen gewesen. Dann lässt der Täter typische Machosprüche los. "Er meinte, ich solle mich nicht so anstellen. Er fasse an, wen er wolle und mich wolle doch eh niemand bumsen", beschreibt Nora Kellner die Szene.
Beim Vorfall, der letztlich zum Buch geführt hat, ist sie allein mit dem Täter, er fasst sie an, sie wehrt sich heftig. Sie ruft statt der Polizei ihre Freundinnen an. Die reagieren und verständigen die Beamten. Die Maschinerie läuft an. Hier erlebt Nora Kellner statt Zuspruch und Hilfe viel Negatives, dass ihren Gerechtigkeitssinn empfindlich stört. "Betroffene sind niemals selbst schuld", betont sie. Aber auch Hilfe kommt: Ihre Freundinnen und ihre Familie stehen ihr zur Seite.
Nora Kellners Wut auf die Gesellschaft, die sexualisierte Gewalt als Kavaliersdelikt duldet, wächst. Bis sie anfängt zu Schreiben. Ihre Hilflosigkeit wandelt sie in eine Botschaft um. "Nicht mehr wegsehen, sexualisierte Gewalt nicht mehr dulden und nicht mehr verharmlosen", lautet ihr Appell.
Trauma aufarbeiten, Hilfe geben
Monatelang hat sie an dem Buch geschrieben. Das Schreiben wurde zur Möglichkeit, das Erlebte auf einer anderen Ebene zu verarbeiten. Manche Zeilen seien ihr enorm schwer gefallen, erzählt sie. "Aber es hat mich auch gestärkt." Nun möchte Nora Kellner mit ihren ehrlichen Zeilen andere Betroffene stärken und ihnen Hilfestellung geben. "Damit sich was ändert", wünscht sie sich.
In der Buchhandlung St. Peter las die Autorin vor wenigen Zuhörern. Manchmal kämen zu einer Veranstaltung auch 60 bis 100 Leute, erzählt sie. Besucherzahlen sind der 24-Jährigen aber gar nicht wichtig. Ihr geht es um die Sache und um Aufklärung. Die Parksteinerin hat Politikwissenschaft in Dresden studiert und absolviert derzeit ein Masterstudium im Fach "Gender & Queer Studies" in Köln.
Meist seien es Frauen, die zuhören, berichtet sie. "Dabei wäre es gut, wenn auch Männer kommen", wünscht sie sich. Sie schreibe nämlich auch, was Männer tun könnten, um Verbündete im Kampf gegen sexualisierte Gewalt zu werden. Bis es zu deutlich weniger sexualisierter Gewalt komme, müssten sich viele Verhaltensmuster verändern. "Das ist ein langer, harter Kampf", sagt die junge Oberpfälzerin.
Buch "OpferMacht""
- Autorin Nora Kellner (24) aus Parkstein
- Buch mit 270 Seiten
- Erschienen im Unrast-Verlag München
- Erhältlich in der Buchhandlung St. Peter und über alle Buchhandlungen
- ISBN Nummer 978-3-89771-342-0
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