Die Gespenster von Weimar seien an der Wiege des Grundgesetzes gestanden, meinte schon 1950 der Jurist Eduard Dreher. Im Kurs der Volkshochschule "70 Jahre Grundgesetz - 70 Jahre Bundesrepublik" ging es zwar auch um diese "Gespenster", im Mittelpunkt standen dann aber mehr die Entwicklungen von 1949 bis heute.
Das als "Provisorium" angelegte Grundgesetz habe eine erstaunliche Stabilität bewiesen. Seine Offenheit zeige sich, so Kursleiter Friedrich Wölfl, vor allem in der Chance zu einer "dynamischen Verfassungsinterpretation", so zum Beispiel bei Fragen zur Gleichstellung. Sie ermöglichte stets eine Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel, ohne das Wertefundament zu verletzen. Dabei hob Friedrich Wölfl wiederholt die besondere Rolle des Bundesverfassungsgerichts als "Hüter der Verfassung" hervor. Durchaus kontrovers diskutierten die Teilnehmer manche der in der Öffentlichkeit erhobenen Forderungen: Soll man Kinderrechte extra im Grundgesetz verankern? Oder Staatsziele wie Nachhaltigkeit oder Generationengerechtigkeit? Ein Grundrecht auf Wohnen? Wäre mehr direkte Demokratie sinnvoll? Oder anhand des Digitalpakts: Ließe sich der Föderalismus noch effektiver gestalten?
Das Fazit der Veranstaltung: Zweifellos habe das Grundgesetz für das politische System eine Art Bastion bedeutet, etwa mit der unabänderlichen "Ewigkeitsklausel" in Artikel 79. Dennoch gebe es unter der Oberfläche problematische Entwicklungen, etwa in der Sprache, im Umgang zwischen politischen Gegnern, bei Werteorientierungen oder beim Vertrauen in Institutionen. Inwieweit hier das Grundgesetz weiterhin Schutz bieten könne, hänge wohl auch davon ab, wie stark die Bereitschaft in der Bevölkerung sei, sich für die Demokratie und den Rechtsstaat und gegen illiberale Strömungen zu engagieren.
Auf ein weiteres Jubiläum im Jahr 2019 bezieht sich der nächste Kurs in der Reihe "Politik aktuell" unter dem Titel "100 Jahre Frauenwahlrecht". Dabei ist das Jahr 1919 nur Ausgangspunkt. Das Thema erlaubt allgemein viele an- und aufregende Einblicke in das Spannungsfeld zwischen Frauen, Männern und Politik bis heute. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 12. Februar, statt. Anmeldung unbedingt erforderlich unter Telefon 09631/88 205, Fax 09631/88 306 oder auch per E-Mail (vhs[at]tirschenreuth[dot]de).
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