Tirschenreuth
29.08.2022 - 15:17 Uhr

Rassismus aus dem Alltagsleben ausmerzen

In der Buchhandlung Rode ist eine Wanderausstellung gegen Alltags-Rassismus zu sehen. Es ist die erste von vier Stationen im Landkreis. Organisiert hat das ganze die Studentin Hannah Mehler aus Tirschenreuth.

Drei Frauen, ein Thema: Sonja Schmid erlebt als Leiterin von "Demokratie leben" am Landratsamt nur zu gut, was Rassismus ist. Sie wird häufig bei ihrer Arbeit für Migranten damit konfrontiert. Auch die belesene Buchhändlerin Stefanie Teicher von der Buchhandlung Rode hat gewiss täglich mindestens ein Buch in Händen, in dem Rassismus eine Rolle spielt. Und die sozial engagierte Studentin Hannah Mehler aus Tirschenreuth ist stets bemüht, Themen wie Benachteiligung bestimmter Menschengruppen oder Rassismus mit öffentlichem und privatem Engagement entgegenzutreten.

Schnell Unterstützer gefunden

Für die beiden Frauen war schnell klar, Hannah Mehler mit ihrer Idee und dem Vorhaben zu unterstützen. Die 24-jährige Studentin entdeckte in den sozialen Medien auf Instagram die Ausstellungsbox "was ihr nicht seht" von Medienproduzent Dominik Lucha aus Ravensburg. Lucha will mit dem Kunstprojekt Menschen zum Nach- und Umdenken bringen, für eine anti-rassistische Zukunft. Derart viel Idealismus gefällt der jungen Tirschenreutherin, die in Darmstadt Soziale Arbeit studiert hat. Deshalb hat es in ihrem Kopf sofort geklingelt, als sie diese Ausstellung in einem Buchladen an ihrem Studienort entdeckte. "Ich habe sofort gedacht, dass könnten wir auch in Tirschenreuth zeigen", erzählt Hannah Mehler. Sie nahm mit dem Begründer der Wanderausstellung Kontakt auf und rannte offene Türen ein. Dominik Lucha sagte ihr eine Präsentation seiner Wanderausstellung in ihrer Heimatstadt zu. Nun ging es nur noch um die Finanzierung. Hannah Mehlers Weg führte umgehend zu Sonja Schmid, der Leiterin von "Demokratie leben" im Landkreis Tirschenreuth. Die Studentin wirkt in dieser Organisation im Jugendforum mit. Sonja Schmid war sofort bereit, Mehler bei der Aktion zu unterstützen, erklärte sie mit viel Freude bei der Eröffnung der Wanderausstellung vergangenen Freitag. Nun fehlte nur noch ein Veranstaltungsort. "Ich wollte einen Platz in der Mitte der Gesellschaft, weil Alltagsrassismus auch in der Mitte der Gesellschaft stattfindet", erklärt Hannah Mehler ihre Überlegungen. Sie griff zum Telefon und rief bei verschiedenen Stellen an. "Stefanie Teicher meldete sich nach nur einer halben Stunde sofort zurück und sagte zu. Da war für mich klar, dass die Präsentation in der Buchhandlung Rode stattfinden sollte", freute sich die 24-Jährige mit dem raschen Rückruf den idealen Ort gefunden zu haben.

Worte, Sprüche und Geschichten

Abgesehen von der "Mitte auf dem Marktplatz" könnte die Wanderausstellung auch nirgendwo besser präsentiert werden als in einer Buchhandlung. Denn: In der Präsentation geht es um Worte. Worte, die täglich bewusst oder unbedacht ausgesprochen werden. Worte, die andere Menschen verletzten können. Worte, die viele Leute gedankenlos aussprechen, meist ohne viel darüber nachzudenken, dass sie sich eben rassistisch verhalten. Auf etwa 24 schwarzen Tafeln stehen in weißer Schrift solche Sprüche, Geschichten und Worte. Diese sollen den Betrachter oder Leser sensibilisieren gegen Alltags-Rassismus.

Hannah Mehler konnte gemeinsam mit Sonja Schmid in nur eineinhalb Wochen Vorbereitungszeit sogar eine kleine Vernissage organisieren. Vor dem Buchladen lobten die Ehrengäste die junge, engagierte Hannah Mehler sehr für ihren Einsatz gegen Rassismus. "Man müsste meinen, Rassismus gibt es im 20. Jahrhundert nicht mehr. Aber die Realität schaut anders aus", bedauerte Alfred Scheidler. Für ihn findet Rassismus überall statt, wo Menschen, die anders denken, eine andere Religion oder Hautfarbe oder ein Handicap haben, angegriffen werden wegen ihres Anderssein. Auch stellvertretenden Bürgermeister Peter Gold bewegt dies Thema sehr stark. Er bezeichnete das Antidiskriminierungsgesetz als eines der wichtigsten Gesetze im Land. Es biete den gesetzlichen Schutz, aber nicht immer den öffentlichen Schutz. Peter Gold appellierte an die Jugend, sich dem Thema positiv anzunehmen. Als eine Möglichkeit, Verständnis für unterschiedlichen Kulturen zu üben, nannte er die Jugendaustausch-Programme. "Das muss aber auch mit Maßnahmen gefördert werden und es muss dafür Geld in die Hand genommen werden", forderte Gold Hilfe von der Politik. "Jeder Mensch ist es wert, in seiner Würde geschützt zu werden", sagte Stadtpfarrer Georg Flierl bei der Vernissage.

Hintergrund:

Wanderausstellung „was ihr nicht seht“

  • Die Wanderausstellung „was ihr nicht seht“ gegen Alltagsrassismus kann in der Buchhandlung Rode bis Sonntag, 4. September, besichtigt werden.
  • Präsentiert sind Schrifttafeln mit rassistischen Sprüchen und Worten sowie deren Geschichten dahinter im Schaufenster wie auch im Buchladen.
  • Gezeigt wird die Ausstellung im Landkreis außerdem in Bärnau, Waldsassen und Kemnath. Angedacht ist außerdem als weiterer Ausstellungsort das Mehrgenerationenhaus Mitterteich.
  • Mehr Informationen direkt beim Initiator/Medienproduzenten Dominik Lucha per E-Mail an ausstellung[at]wasihrnichtseht[dot]org oder auf der Homepage www.jetzt.de/politik
 
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