So geht es beim Großprojekt der Ziegler-Group in Tirschenreuth weiter

Tirschenreuth
15.05.2023 - 20:08 Uhr
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Die Ziegler-Group und die Stadt Tirschenreuth stehen hinter der Ansiedlung im Süden der Kreisstadt. Mit dem Bebauungsplan nimmt das geplante Industriegebiet für das Mega-Werk mit rund 1000 Arbeitsplätzen die nächste Hürde.

Das geplante Industriegebiet für das Holz-Kompetenz-Zentrum der Ziegler-Group umfasst insgesamt 37,17 Hektar (grob eingezeichnet).

Dieses Projekt wird die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Tirschenreuth in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen: Gemeint ist die Betriebsansiedlung der Ziegler-Group an der Bundesstraße 15 mit einem Holz-Kompetenz-Zentrum. Das Werk für Fertighäuser soll ein Zentrum für neue ökologische und nachhaltige Technologie werden. Dort sollen Fertigungskompetenzen im Holzbau gebündelt werden und der Bau von Einfamilienhäusern in Holzständerbauweise erfolgen.

Auf der 37,17 Hektar großen Fläche beim Engelmannsholz an der B15 sollen drei Produktionshallen mit vier Fertigungslinien Platz finden. Auf zehn Hektar soll zudem eine Musterhaussiedlung mit etwa 18 Fertighäusern, ein Besucherzentrum sowie Gebäude für Verwaltung und Forschung entstehen. Geplant sind außerdem Holzlagerflächen, Parkplätze und ein Naturlehrpfad mit Aussichtshügel. In den neuen Standort will die Ziegler-Group rund 220 Millionen Euro investieren.

Ansiedlung steht nichts im Weg

Seit Dezember 2020 liefen die umfangreichen Umweltprüfungen für Flora, Fauna und Tiere. Parallel wurden Boden-, Wasser- und Verkehrsgutachten erstellt. Zuletzt fanden nochmals Bohrungen in bis zu 40 Metern Tiefe statt. Die Ergebnisse aus zwei Jahren Arbeit stellte Landschaftsplaner Dietmar Narr vom Büro NRT in der Sondersitzung des Stadtrats am Montagabend vor.

In die Erstellung waren etwa die Untere Naturschutzbehörde, Wasserwirtschaftsamt, Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten sowie das Landesamt für Umwelt eingebunden. „Es wurde nichts gefunden, das dem geplanten Industriegebiet im Wege steht.“ Die 37,17 Hektar seien frei von Schutzgebieten. Nahe außerhalb des beplanten Bereichs leben in einem Biotop seltene Fledermausarten, „die machen zwar Arbeit, aber hindern uns nicht.“ Die Nistkästen würden umgesiedelt. Zudem seien insgesamt 30 Hektar Ausgleichsfläche auf acht Areale verteilt, sowie ein drei Hektar großes Gebiet zum Aufforsten geplant.

Alle Eventualitäten abgeklärt

Ursprünglich war vorgesehen, die Untersuchungen bereits vor einem Jahr abzuschließen, damit die Ziegler-Group heuer im Frühjahr mit dem Bau beginnen hätte können. Doch es ging alles nicht so schnell wie geplant, die Prüfungen dauerten länger. „Wir wollten auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und alle Details genau kennen“, erklärte Bürgermeister Franz Stahl schon vorab gegenüber Oberpfalz-Medien. Im Gegensatz zu Beginn der Planungen im Jahr 2020 habe auch das Unternehmen den „Druck herausgenommen“. Eine Ansiedlung dieser Größe brauche enormen Vorlauf, besonders, „wenn man nichts übersehen will“.

Die Ziegler-Group steht nach wie vor hinter den Projekt. „Das Holz-Kompetenz-Zentrum hat eine enorme Bedeutung für uns“, betonte Ziegler-Geschäftsführer Andreas Sandner im Pressegespräch vorab. Dem Unternehmen sei es „extrem wichtig“, das Projekt in der Region und für die Region umzusetzen. Dass die Bauleitplanung ein Jahr länger dauerte, sei eben so. „Das ist im Interesse aller. Lieber einmal mehr und genauer hingeschaut. So haben auch wir Rechtssicherheit.“ Auch der Firmengruppe sei es wichtig gewesen, dass in der umliegenden Landschaft alle Belange abgeklärt sind. „Wir wollen hier ein nachhaltiges Produkt herstellen, auch der Standort soll nachhaltig geplant sein“, sagte Sandner.

An vier Fertigungslinien in drei Produktionshallen sollen 1000 Arbeitsplätze geschaffen werden – für unterschiedliche Qualifikationen: Handwerker, Techniker und Ingenieure. Trotz der hochautomatisierten und digitalisierten Fertigung der Konzeptbau-Häuser brauche es Fachkräfte. „Es soll auch ein Forschungs- und Entwicklungsbereich aufgebaut werden. Ohne Menschen geht es nicht“, so Sandner.

Industrie- und Gewerbegebiet

Für die Ausweisung des neuen Industriegebietes im Engelmannsholz sowie eines neuen Gewerbegebietes südlich des Möbelhaus Gleißner ist eine Änderung des Flächennutzungsplanes nötig – insgesamt eine Fläche von 43,6 Hektar. Weil in der Kreisstadt nur noch 4,15 Hektar kleinteilige und nicht zusammenhängende Gewerbefläche frei seien (davon 1,52 Hektar im Eigentum der Stadt), wollte die Stadt zusätzlich ein Gewerbegebiet auf Vorrat ausweisen. Dies sind 7,6 Hektar westlich der Äußeren Regensburger Straße und nördlich der Bärnauer Straße.

Neben dem Flächennutzungsplan wurde in der Sondersitzung parallel dazu der Bebauungs- und Grünordnungsplan für das Gebiet südlich und südöstlich des Engelmannteichs konkret für die Ansiedlung das Fertighaus-Werks geändert. Der Bebauungsplan umfasst 37,17 Hektar. Offenland und Waldgebiet werden damit in ein Industrie umgewandelt.

Die Auslegung des Bebauungsplanes erfolgt Anfang Juni. Dann hat die Öffentlichkeit Gelegenheit, Stellungnahmen abzugeben. Noch vor den Sommerferien sollen diese eingearbeitet und abgewogen werden. Dann erfolgt eine zweite Auslegung im September, so dass bis Ende dieses Jahres das geplante Industriegebiet Baureife erlangt. Wie Andreas Sandner bestätigte, beabsichtigt die Ziegler-Group dann im Frühjahr 2024 mit dem Bau zu beginnen. „Wir sind guter Dinge, dass der Zeitplan so funktioniert.“

Planung eine Herausforderung

Bürgermeister Franz Stahl hatte nach eigenen Angaben nie Bedenken, dass die Ziegler-Group vom Projekt abspringt. Auch nicht, nachdem bekannt geworden war, dass die Firmengruppe Vorhaben wie das Steinwaldhaus auf Eis gelegt hat. „Wir brauchen keinen Plan B“, ist er überzeugt. „Wir sind Partner auf Augenhöhe.“ Alle Beteiligten würden sehr strukturiert und konzentriert an der Ansiedlung arbeiten.

Einerseits sei der Verwaltungsvorgang der gleiche wie bei anderen Projekten, dennoch habe das Großprojekt eine „sehr weitreichende Dimension“, gab der Rathauschef zu. „Die Planungen für die Ansiedlung sind eine unwahrscheinliche Herausforderung.“ Und er ergänzte: „Wir wollten jede Eventualität bedacht haben. Wir haben alle Punkte detailliert abgehandelt, die Fachbehörden waren von Anfang an eng eingebunden.“

Wie Stahl in der Sitzung wiederholt betonte, sieht er die Ansiedlung für eine positive Entwicklung der Stadt als lebensnotwendig an. „Jahrzehnte haben wir nach dem Zusammenbruch der Porzellanindustrie auf einen Investor gewartet, der diese wirtschaftlichen Lücken schließt. Jetzt gibt es einen, der noch dazu einheimisch ist.“ Gerade durch die Einnahmen der Gewerbe- und Einkommensteuer fließe Kaufkraft zurück. Mit diesen Summen könnten Infrastruktur und das gesellschaftlichen Leben auf einem hohen Niveau gehalten und finanziert werden.

Für das Bauleitverfahren und die Erschließung im Gewerbegebiet Süd für das Ziegler-Vorhaben sind in den nächsten Jahren Gesamtkosten in Höhe von 3,93 Millionen Euro veranschlagt. Um eventuelle Vorrats- und Ausgleichsflächen zu sichern, hat die Stadt heuer 630.000 Euro im Haushalt eingeplant. Eine weitere Million ist in diesem Jahr im Finanzplan berücksichtigt, um Erschließungskosten im öffentlichen Grund zu sichern. Denn auf dem Areal, wo die Musterhaus-Siedlung entstehen soll, gehören der Stadt nur rund 80 Prozent der Fläche, informierte Stahl. Dort, wo die Produktionshallen geplant sind, ist die Stadt Eigentümer der Fläche. Hier seien zur Gegenfinanzierung Verkaufserlöse für die Grundfläche in Höhe von grob 2,6 Millionen Euro eingeplant.

Die Änderung des Flächennutzungsplanes und des Bebauungs- und Grünordnungsplanes beschloss der Stadtrat abschließend einstimmig. „Ein klares Signal“, kommentierte Bürgermeister Franz Stahl.

Hintergrund:

Zeitplan für das Holz-Kompetenz-Zentrum der Ziegler-Group in Tirschenreuth

  • Im Herbst 2020 stellte das Unternehmen seine Pläne für das Großprojekt vor, seitdem laufen die Planungen für eine Änderung des Flächennutzungsplanes.
  • Seit Dezember 2020 läuft die Bestandsaufnahme für Flora, Fauna und Tiere.
  • Im November 2021 unterzeichnete die Ziegler-Group mit der Stadt einen Durchführungsvertrag.
  • Erste öffentliche Auslegung des Bebauungsplans Ende Mai 2023. Dies war ursprünglich bereits vor einem Jahr angedacht
  • Einarbeitung und Abwägung der Stellungnahmen bis Ende 2023
  • Baureife für das 37,17 Hektar große Gelände an der B15 voraussichtlich Ende 2023
  • Baubeginn ist für das Frühjahr 2024 geplant.
 
 

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