Der Antrag kam von einem jungen Vater. Kreisrat Christian Doleschal aus Brand hatte im Namen der CSU-Fraktion angeregt, zur Abfallvermeidung die Anschaffung oder Ausleihe von Mehrwegwindeln mit maximal 100 Euro pro Kind zu unterstützen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Stoffwindeln immer wieder benutzt werden können, während bei Einwegwindeln pro Kind etwa 1,25 Tonnen Abfall bei 6000 Wickelvorgängen entstünden. Der Ressourcenverbrauch, auch beim Waschen, sei im Vergleich sehr gering. Auch sei der Einsatz von Mehrfachsystemen kostengünstiger, wurden in einer Beispielrechnung 450 Euro für eine Komplettausstattung den Ausgaben für Wegwerfwindeln zwischen 900 und 2100 Euro gegenübergestellt.
„Rechnung vorlegen, fertig“
Das Anliegen wurde bereits einmal im Ausschuss für Abfallwirtschaft ebenso grundsätzlich wie kontrovers diskutiert. Nun stand der CSU-Antrag zur Abstimmung. Landrat Roland Grillmeier deutete an, dass der Haushalt der Abfallwirtschaft nicht schlecht aufgestellt sei und die Windel-Ausgaben darin untergebracht werden könnten. "Das Thema ist bei jungen Leuten heute präsenter als bei uns damals", machte er ein gestiegenes Umweltbewusstsein geltend.
"Wenn es nur zehn Familien sind, die den Zuschuss nutzen, soll es uns auch freuen", unterstützte CSU-Fraktionssprecher Bernd Sommer den Antrag. "Auch kleine Dinge bringen uns weiter", meinte er. Sie müssten gar nicht weltbewegend sein. Sommer sprach sich auch für einen minimalen Verwaltungsaufwand aus: "Rechnung vorlegen, fertig."
"Wenn es nur zehn Familien sind, die den Zuschuss nutzen, soll es uns auch freuen."
Der Fraktionschef der Freien Wähler ließ es dahingestellt, ob man damit etwas Großes erreiche. Aber der Antrag passe in die Zeit und die Folgen seien finanziell überschaubar, beurteilte Hans Klupp die Sache als "gute Geschichte".
Als er den Antrag gelesen habe, sei er schon erst mal zusammengezuckt, gab SPD-Sprecher Uli Roth zu und verwies auf Grundsatzdiskussionen um jede freiwillige Leistung des Landkreises. "Der ganz große Wurf ist es nicht", urteilte er, wollte aber auch nicht die Zustimmung verweigern. "Wir verbieten Strohhalme und Plastiklöffel, da kann auch die Vermeidung von Einmalwindeln ein kleiner Baustein sein", verteidigte Bernd Sommer den Vorstoß.
Matthias Grundler von der Liste Zukunft befürwortete es, einen Anreiz zur Müllvermeidung zu schaffen und zum Nachdenken über Nachhaltigkeit anzuregen. Eine Entscheidung sei jeder Familie selbst überlassen. Viele Kommunen unterstützten die Verwendung von Einwegprodukten durch kostenlose Windelsäcke, sagte Grünen-Sprecherin Heidrun Schelzke-Deubzer. "Wer das Angebot nicht annehmen will, muss es auch nicht", freute sie sich über die sich abzeichnende Einigkeit, auch Mehrwegsysteme zu fördern. Angesichts der Plastikmüllberge sei das ein wichtiger Anstoß.
"Der ganz große Wurf ist es nicht."
Johannes Reger (CSU) fand die Mehrweg-Unterstützung durch den Landkreis gut, während viele Gemeinden wie Erbendorf die Entsorgung der Einwegwindeln durch die Ausgabe von Müllsäcken finanziell erleichterten: "Das ergibt ein rundes Gesamtbild." Auch sein Kollege Franz Stahl verwies auf den Einsatz der Kommunen für Neugeborene, in Tirschenreuth etwa durch ein Begrüßungsgeld: "Ich gehe nicht davon aus, dass davon Gummibärchen gekauft werden."
Verwaltung soll Konzept erstellen
Einstimmig genehmigte der Kreisausschuss schließlich grundsätzlich einen Zuschuss von 100 Euro pro Kind und Jahr. Voraussetzung ist der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kindes im Landkreis Tirschenreuth. Die Verwaltung soll nun ein Konzept zur Umsetzung ausarbeiten. Bis Mitte 2021 könnte es so weit sein, kündigte der Landrat an. Aufgeworfen wurde auch die Frage, ob man parallel dazu bei Inkontinenz von Erwachsenen finanzielle Hilfen geben könnte. Doch wollen die Kreisräte dazu erst die Resonanz auf den Babywindel-Zuschuss abwarten.
So fördern andere Landkreise Mehrwegwindeln
Der Landkreis Tirschenreuth ist kein Vorreiter bei der Bezuschussung von Stoffwindeln, wie dem Antrag der CSU mit Verweis auf die Nachbarregionen zu entnehmen war:
- Landkreis Neumarkt: maximal 60 Euro
- Landkreis Schwandorf: maximal 48 Euro
- Landkreis Regensburg: maximal 50 Euro
- Landkreis Cham: maximal 75 Euro
- Landkreis Bayreuth: maximal 100 Euro
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