Wegen Trunkenheitsfahrt zum zweiten Mal vor Gericht

Tirschenreuth
27.12.2022 - 13:18 Uhr
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Nach der Alkoholfahrt eines 56-Jährigen aus dem Landkreis Tirschenreuth ergibt der Atemalkoholtest 0,52, der Bluttest 1,42 Promille. Die hohe Differenz lässt den Mann zweifeln. Ein Fall für die Rechtsmedizin.

Wegen einer Trunkenheitsfahrt brachte die Polizei einen 56-Jährigen ins Krankenhaus zur Blutentnahme. Vor Gericht äußerte der Angeklagte Bedenken wegen der Auswertung.

Ein 56-Jähriger aus dem westlichen Landkreis Tirschenreuth stand erneut wegen einer Trunkenheitsfahrt im Februar vor dem Amtsgericht. Damals hatten Polizisten ihn nach einem Aufenthalt in einem Vereinsheim bei der Heimfahrt gestoppt. Der erste Atemalkoholtest zeigte einen Wert von 0,52 an.

Weil der Wert knapp über der gesetzlich erlaubten Promillegrenze von 0,50 lag und die mobilen Kontrollgeräte der Polizei vom tatsächlichen Wert abweichen können, wollten die Beamten es genauer wissen. Sie beschlossen, den Mann für einen Bluttest ins Krankenhaus mitzunehmen. Danach brachten die Beamten den Angeklagten nach Hause. Ein Polizist hatte mit dem Angeklagten auf der Rücksitzbank gesessen, auf der Beifahrerseite hatten die Beamten die Box mit der Blutprobe deponiert. Beim Aussteigen aus dem Auto hatte dann der Angeklagte nach der Box gegriffen und sie an sich genommen, was einer der Polizisten mitbekommen hatte. Der 56-Jährige gab die Probe schließlich wieder zurück.

Etwas später erreichte ihn das Ergebnis der Blutprobe: 1,42 Promille. Das wollte der 56-Jährige nicht glauben. Er legte Einspruch ein. Im Sommer kam es zum ersten Gerichtstermin. „Ich fühlte mich fahrtüchtig“, sagte der Angeklagte vor Gericht, als er angab, vier Bier im Vereinsheim getrunken zu haben. Zudem äußerte er Zweifel, ob eine solch deutliche Abweichung von Atem- und Alkoholtest möglich sein könne. Richter Markus Fillinger setzte für eine weitere Analyse das Verfahren aus und veranlasste, die Blutprobe ein weiteres Mal auswerten zu lassen.

Nur geringe Abweichung

Diese rechtsmedizinische Untersuchung sowie eine DNA-Analyse der Blutprobe lagen nun vor. Bei der Fortsetzung der Verhandlung erläuterte nun Professor Peter Betz, Facharzt für Rechtsmedizin und Direktor am Institut für Rechtsmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Daten. 1,46 Promille hätte die Testung des Blutalkohols in der Rechtsmedizin ergeben, informierte Betz. Dieser Messwert weiche gering von dem primär ermittelten ab, der laut Richter Markus Fillinger durch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ausgewertet worden war.

Weiter erklärte Betz, dass im Institut im Zuge der Messung der Blutalkoholkonzentration (BAK), die vor Gericht herangezogen wird, auch eine Wassergehaltsbestimmung der Probe durchgeführt worden war – anders als bei der Probe durch das Landesamt. Der zusätzlich gemessene Wassergehalt im Blut sei rechnerisch in den ermittelten BAK durch das Institut einbezogen worden. „Die Abweichungen sind messimmanent“, erklärte Rechtsmediziner Betz. Weiter erläuterte er, dass die Atemalkoholkonzentration und die Blutalkoholkonzentration zwei verschiedene Messgrößen seien. Per Atemtest werde die Alkoholkonzentration in Milligramm pro Litern gemessen, per Bluttest in Promille. Richter Markus Fillinger machte schließlich deutlich: „Die Blutalkoholkonzentration liegt vor – sie ist fix.“

Weiter Zweifel

Vertrauen schenken wollte der Angeklagte den Messwerten auch im zweiten Termin nicht. 1,46 Promille hatte die Rechtsmedizin, das Landesamt 1,42 Promille und der Atemalkoholtest durch die Polizei 0,52 ermittelt, wobei letzterer laut Richter Fillinger nicht für den rechtssicheren Gebrauch zulässig ist. „Die hohen Abweichungen machen mich stutzig“, sagte der Angeklagte während des zweiten Gerichtstermins. Fillinger verwies nochmal auf die Aussage des 56-Jährigen, im Vereinsheim vier Bier getrunken zu haben, ehe er sich auf den Heimweg machte.

Aufgrund der Tatsache, dass die erste Messung der Blutalkoholkonzentration 1,42 Promille ergeben hatte, befand Fillinger bereits beim ersten Gerichtstermin eine gewisse Unstimmigkeit der Angaben des Angeklagten. Das Blut sei mehrfach untersucht worden, betonte der Richter während des zweiten Verhandlungstermins. „Sie haben diese Blutalkoholkonzentration gehabt.“ Auch der DNA-Test habe ergeben, dass es das Blut des Angeklagten ist.

Fillinger sagte abschließend zum Angeklagten: „Nehmen Sie den Einspruch zurück.“ Dann würde der 56-Jährige für elf Monate seinen Führerschein abgeben und eine Geldstrafe zahlen müssen. Verteidiger Sebastian Springer fragte an, ob der Angeklagte seinen Traktorführerschein behalten dürfe, da er beruflich auf diesen angewiesen sei. Diese Ausnahme wollte der Richter nicht gewähren, weil er den Angeklagten als uneinsichtig wahrnehme. Weiter sagte Fillinger, dass bei Teilnahme an einem Abstinenzprogramm eine Verkürzung der Sperrzeit möglich sei. Maximal drei Monate früher könnte der Angeklagte dann seine Fahrerlaubnis wieder zurückerhalten. Schließlich nahm der 56-Jährige den Einspruch zurück. Neben der Entziehung der Fahrerlaubnis muss er auch eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen begleichen.

Hintergrund:

Blutalkohol- und Atemalkoholkonzentration

  • Blutalkoholkonzentration (BAK): Ist ein in Promille gemessener Wert. Um ihn zu ermitteln, wird einem Menschen Blut abgenommen, das im Labor ausgewertet wird. Die Ergebnisse können vor Gericht als Beweismittel dienen. Ein Promille meint ein Tausendstel reiner Alkohol pro Liter Blut.
  • Atemalkoholkonzentration (AAK): Ist ein Wert, der die Konzentration des Alkohols im Atem mittels elektrochemischer Sensoren ermittelt. Um die AAK zu messen, bläst ein Mensch in das Mundstücks eines Alkoholmessgeräts. Sie wird mit Milligramm pro Liter Atemluft (mg/l) angegeben.
  • Die beiden Messwerte BAK und AAK fallen in der Regel unterschiedlich hoch aus, was an den verschiedenen Messverfahren liegt. Alkohol gelangt durch die Magenschleimhaut direkt in das Blut, weshalb die AAK entsprechend geringer ausfällt. Eine Umrechnung von Atemalkohol zu Blutalkohol ist möglich, laut Gesetzgeber entsprechen 0,25 mg/l Atemalkohol einem Blutalkohol von 0,5 Promille.

Quellen: www.bussgeldrechner.org, www.rueden.de

 
 

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