In der Diskussion um den Ausbau der Windenergie hatte sich Landrat Roland Grillmeier am vergangenen Freitag für den Erhalt der 10-H-Regel und die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten im Landkreis Tirschenreuth hatte ausgesprochen. Die Kreistagsfraktionen von Freien Wählern, SPD und Grünen reagieren darauf mit einer gemeinsamen Presseerklärung.
„In der Kreisausschuss-Sitzung am 24. Januar überrascht der Landrat unter Tagesordnungspunkt Nr. 4 alle Fraktionen: ,Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten und deren vorläufige Sicherung.‘ Mit seiner Stellungnahme über die Presse macht Landrat Grillmeier deutlich, dass er entgegen seiner in einer E-Mail gegebenen Versicherung eine politische Debatte zu diesem Thema aufnehmen will. In Wahrheit sollen aber Fakten geschaffen werden, die im Grunde den Zielsetzungen der neuen Bundesregierung zur Energiewende zuwiderlaufen und den notwendigen Ausbau der Windkraft weiter verzögern oder gar völlig blockieren“, heißt es wörtlich im Schreiben der drei Fraktionen.
Mit dieser Vorgabe durch den Landrat würden die Entscheidungen der Kommunen vor Ort sehr stark beeinflusst und in eine gewisse Richtung gedrängt, so die Verfasser weiter. „Solche strategischen Blockadehaltungen gefährden nicht nur, dass Deutschland die von der letzten Bundesregierung zugesicherten Klimaziele erreicht, sondern übergehen auch die Bürger vor Ort, die sich eine Lösung der Klimafrage wünschen. Mit der Vorwegnahme einer derart entscheidenden Position scheint der Landrat über einen Beschluss des Kreisausschusses vielmehr in die Planungshoheit der betroffenen Gemeinden eingreifen zu wollen. Mit dem Versuch einer faktischen Verhinderung der Errichtung weiterer Windkraftanlagen im Kreisgebiet hintergeht er außerdem eine Resolution des Kreisausschusses vom Juni 2021“, heißt es weiter. Das Gremium habe seinerzeit fraktionsübergreifend und mit überwältigender Mehrheit signalisiert, dass die Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben und Produktionsstätten, die mit nachhaltigem Wirtschaften zukunftsfähige Jobs und klimagerechten Wohlstand schafften, höchst willkommen seien. Dazu müssten aber nach moderner Lesart ausdrücklich auch Windkraftanlagen gehören. Lehne man deren Zubau kategorisch ab – und anders seien die Äußerungen des Landrats nicht zu deuten – beraube man Gemeinden der Möglichkeit, der Errichtung von Windkraftanlagen auf ihrem jeweiligen Gebiet zuzustimmen und so an den wirtschaftlichen Vorteilen teilzuhaben, die ein intelligenter Zubau für die Bürger mit sich bringen würde. Schubladenreife Projekte und Modelle im Landkreis gäbe es.
„Die Fraktionen von FW, SPD und Bündnis 90/Grüne sind der Auffassung, dass dieses Thema aufgrund seiner strategisch grundsätzlichen Tragweite nicht in den Kreisausschuss zu einer sofortigen Beschlussfassung ohne vorherige breite Möglichkeit zur politischen Beratung gehört, sondern zunächst ein offener Diskussionsprozess v. a. mit den betroffenen Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürgern angestoßen werden muss“, so die Verfasser. „Eine Beratung und Beschlussfassung zu diesem Thema muss im Plenum des gesamten Kreistages erfolgen“, wird Josef Schmidt, Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen zitiert. Weiter schreiben die drei Fraktionen: „Momentan kann niemand sagen, wie die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis zu diesen Fragen steht. Konkret: ob sie zu den Blockierern der Energiewende gehören oder ob sie an den Chancen teilhaben will, die die Energiewende sowohl in der Wertschöpfung als auch in der zukunftsfähigen Ausrichtung mit Arbeitsplätzen in unserer Region bieten kann.“ Selbstverständlich befürworte man natürlich jegliche Bemühungen zum Arten- und Landschaftsschutz, heißt es vonseiten der drei Fraktionen. Dennoch sehe man aber angesichts drastisch steigender Energiekosten und der Klimakrise eine „reine Ablehnungshaltung und eine Windkraftverhinderung durch die Hintertür als nicht zielführend“ an. In Zukunft müsse es eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Verträglichkeit zwischen Landschaftsschutz einerseits und einer sinnvollen, auf ausgewählte Regionen konzentrierte Nutzung zur Gewinnung regenerativer Energie auch durch Windkraft andererseits geben.
Weiter schreiben die Fraktionen: „Das von der neuen Bundesregierung ausgegebene 2-Prozent-Ziel der dafür notwendigen Fläche muss auch für den Landkreis Tirschenreuth gelten. Landwirte müssen – wie beim Biogas schon effizient vorgemacht – zu Energiewirten werden. Landschaftsschutzgebiete auf landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigen die Entwicklung und die privatunternehmerischen Tätigkeiten landwirtschaftlicher Betriebe enorm. Es wäre nur erschwert eine Veränderung möglich. Dies bedeutet auch einen Eingriff in privates Eigentum, eventuell auch einen Wertverlust an Grundstücken. Schützen durch nachhaltiges Nützen – auch im Landkreis Tirschenreuth brauchen wir die Ressource Wind: zur Sicherung der Energieversorgung, für einen modernen Umbau unserer Wirtschaft und eine Sicherung unserer Landschaft.“
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.