Ursensollen
26.02.2023 - 09:33 Uhr

Ortsheimatpfleger Josef Schmaußer beschäftigt sich mit Osterbräuchen

Oben auf dem Kirchenturm. Ostereier, die über Stromleitungen geworfen werden. Farbige Glaskugeln, die die Kirche in eine besondere Stimmung tauchen. Josef Schmaußer erinnert sich an Ostern in seiner Kindheit.

Der Ortsheimatpfleger von Ursensollen, Josef Schmaußer, setzt sich seit geraumer Zeit mit den Bräuchen und dem Alltagsleben im südlichen Landkreis Amberg-Sulzbach intensiv auseinander. Er hat zum Brauchtum in der Region einige Artikel für die derzeit vergriffenen Buchreihe „Der Eisengau“ verfasst. In einem der Bände widmet er sich dem Osterfest im Landkreis. „Keine Zeit im Jahr, außer der Weihnachtszeit, prägt so das Brauchtum und Alltagsleben der Menschen wie die Osterzeit. Das Osterfest ist das Hochfest der Christenheit. Als sich die christliche Religion in Mitteleuropa verbreitete, überformte sie viele der heidnischen Riten für ihre eigenen Zwecke. Gerade in den Osterbräuchen wird dies besonders deutlich“, erläutert Schmaußer. Nach seinen Aussagen wird das Wiedererwachen der Natur im Frühjahr mit der christlichen Osterfeier verbunden. Schmaußer erklärt, dass der Ostersonntag immer am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach dem Frühlingsanfang am 21. März gefeiert wird, also alle Jahre zu einem anderen Termin.

Er informiert, dass die Karwoche bereits mit dem Palmsonntag beginne. „Wer an diesem Tag als Letzter aufsteht, ist der ‚Palmesel‘“, weiß Josef Schmaußer. Er erklärt zu den Palmbuschen, dass die aufgeblühten Palmkätzchen mit bunten Krepppapier geschmückt zum Weihen in die Kirche mitgenommen worden seien. In manchen Orten erinnere man nach Aussagen von Josef Schmaußer mit feierlichen Prozessionen an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem. Die Palmkätzchenzweige würden dann nach der Weihe am Palmsonntag im Herrgottswinkel daheim ihren Platz finden. Die Bauern hätten früher laut Ortsheimatpfleger die geweihten Palmbüschel an die Ecken ihrer Felder gesteckt, um Unwetterschäden abzuhalten. Das Schlucken geweihter Palmkätzchen sollte vor Halskrankheiten schützen. Die ausgedienten Palmzweige vom Vorjahr würden laut Schmaußer in den Kirchen verbrannt, um Asche für die Aschenauflegung am Aschermittwoch zu gewinnen.

Woher hat der Gründonnerstag seinen Namen? Zwei Theorien hat Schmaußer dazu gefunden. „Wahrscheinlich ist der Name Gründonnerstag in Anlehnung an seine lateinische Bezeichnung ’dies viriduum‘, was ‚Tag der Grünen‘ bedeutet, entstanden“, vermutet der Ortsheimatpfleger. Er sagt, dass den Sündern, denen wegen ihrer Verfehlungen der Zutritt zur Kirche verwehrt gewesen sei, an diesem Tag wieder der Zutritt gewährt worden sei. Aus Freude darüber hätten sich die Büßer mit frischem Grün geschmückt.

Kein Pfeifen, Singen, Lachen

Die zweite Theorie leite sich aus der oberbayerischen Bezeichnung „Entlastung, Ablass, Lossprechung“ her. Gelegentlich werde der Zusatz „grün“ vom Althochdeutschen „Grunen, Klagen, Weinen, Greinen der Büßer“ hergeleitet, vermutet Schmaußer. Nach gutem Brauch sollte die Hausfrau am Gründonnerstag das erste Grünzeug wie Frühlingssalat und frische Kräuter auf den Tisch bringen. Am Gründonnerstag würden seit jeher auch die Kirchenglocken verstummen. In dieser Zeit würden die Ministranten mit Ratschen und Klappern die Funktion der Glocken übernehmen. „In unserer Kindheit durften wir mit den älteren Ministranten auf den Kirchturm bis zu den Glocken hinauf. Die Fenster dort oben wurden entriegelt, sodass das Ratschen kilometerweit zu hören war“, erinnert sich Schmaußer.

Der Karfreitag sei noch heute strengster Fastentag. Niemand hätte sich an diesem Tag beim Pfeifen, Singen und Lachen erwischen lassen dürfen. In der Kirche seien die Altarbilder und Kruzifixe mit violetten Tüchern verhüllt gewesen. Im Mittelgang der Pfarrkirche sei ein Christuskörper mit den Wundmalen gelegen, den sich die Gläubigen auf Knien näherten und die Wundmale küssten.

„Am beeindruckendsten für uns Kinder war das Heilige Grab in der Kirche von Hohenkemnath, für das am Seitenaltar eine lebensgroße Christusfigur aufgebahrt war. Farbige mit Wasser gefüllte Glaskugeln mit Kerzen dahinter versetzten die Kirche in Hohenkemnath bis zum Abriss des Langhauses im Jahr 1968 in eine beeindruckende Stimmung. Im ‚Paradies‘, im Vorraum der Kastler Klosterkirche, wird dieser Brauch bis heute gepflegt“, berichtet der Ortsheimatpfleger. Am Vormittag seien die Ostereier gefärbt und dann mit einer Speckschwarte für einen schönen Glanz eingerieben worden. Am Karfreitag sind laut Josef Schmaußer auch die Kuh- und Schweineställe geweißt worden.

Er erzählt, dass der Karsamstag ein Putz- und Schrubbtag gewesen sei: „Alle halfen beim großen Hausputz zusammen, damit das Osterfest würdig gefeiert werden konnte“. Am Abend sei das Auferstehungsamt in der Pfarrkirche von Hohenkemnath gefeiert worden. Sein Vater hätte bereits am Karsamstag in der Früh den „Judas“, einen Holzknüppel, vorbereitet. Vor der Kirche sei das Osterfeuer zum nächtlichen Gottesdienst entzündet worden. Bevor der Pfarrer das Osterfeuer geweiht habe, hätten die Buben versucht, den „Judas“ zu schwärzen. „Aus dem ,Judas' fertigte Vater kleine Kreuze, die am Ostersonntag mit den Palmkätzchen an die Ecken der Felder gesteckt wurden“, so Schmaußer. In der Nacht läuteten auch die Glocken wieder. „Nach der Feier der Osternacht mit Speisenweihe konnten wir es kaum erwarten Osterschinken, Eier, Salz und Osterbrot zu verzehren“, erzählt Schmaußer.

Eierwerfen am Sonntagnachmittag

Ähnlich wie am Palmsonntag sei auch am Ostersonntag der Titel „Osterlümmel“ für den Langschläfer des Tages vergeben worden. „Wir Kinder waren sicherlich nicht darunter, denn wir konnten es am Ostersonntag in der Früh kaum erwarten, das Osternest zu suchen. Das fiel nicht so üppig wie heute aus, doch die Freude darüber war unvergleichlich groß“, sagt Schmaußer.

Er erinnert sich auch, dass es beim Frühstück am Ostersonntag zum wahren „Eierkampf“ gekommen sei, wenn Spitz und Spitz der Eier aufeinandergeschlagen worden seien. Gewinner sei der gewesen, dessen Ei nicht gebrochen ist. Am Nachmittag ist laut Schmaußer das Eierwerfen angesagt gewesen, bei dem versucht worden ist, über die Stromleitung auf der Wiese am Rande von Hohenkemnath in Richtung Stockau die gekochten Eier zu werfen. „Es ging uns dabei um die Weite und darum, dass das Ei heil geblieben ist“, so der Ortsheimatpfleger.

Am Ostermontag hätte man die Verwandtschaft besucht oder sei von dieser besucht worden und am Ostermontag sei laut Josef Schmaußer stets der Gang nach Emmaus mit unbekanntem und überraschendem Ziel angestanden.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.