Utzenhofen bei Kastl
28.03.2019 - 14:05 Uhr

Archäologe Hensch unternimmt Reise in Utzenhofens Frühzeit

Eine Reise in die Frühzeit von Utzenhofen hat der Archäologe Mathias Hensch unternommen. Bei einem Vortrag erklärte er, welche Erkenntnisse auch die Renovierung von Sankt Vitus brachte.

Die Vorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung, Margarete Hiereth begrüßt
Archäologe Mathias Hensch zum Vortrag im Pfarrheim. Bild: aun
Die Vorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung, Margarete Hiereth begrüßt Archäologe Mathias Hensch zum Vortrag im Pfarrheim.

Utzenhofen liegt vier Kilometer südlich vom ehemaligen Benediktinerkloster Kastl, dem ältesten Kloster des mittelalterlichen Nordgaus, in einer durch Königshöfe, Befestigungen und Zentralorte als äußert dynamischen Herrschaftsraum charakterisierten Siedlungskammer des 8. bis 12. Jahrhunderts, erklärte Experte Mathias Hensch. Über die frühe Ortsgeschichte ist kaum etwas bekannt. Der Name dürfte zurückzuführen sein auf "zu den Höfen des Utzo", demnach spricht am ehesten für die Ortsgründung das 8. beziehungsweise 9. Jahrhundert.

Wie fast alle Dörfer der Gegend wird Utzenhofen erst während des Hochmittelalters in schriftlichen Quellen erwähnt. "Es ist bemerkenswert, dass die frühesten Erwähnungen zwischen 1220 und 1321 alle in Zusammenhang mit einer Funktion als Pfarrort in Verbindung stehen", sagte Hensch. Dort besaßen bis 1305 die Grafen von Hirschberg einen Mairhof, der nach deren Aussterben an das Kloster Kastl überging. Der Hofname könnte dafür sprechen, dass es sich hierbei um den Fronhof einer älteren Grundherrschaft handelte, die weit ins Mittelalter zurückreiche.

"Die Uraufnahme zeigt eine Art Dreiteilung des Dorfes, die auf mittelalterliche Zustände fußen dürfte." In der Niederung liegen nach seiner Aussage zwei deutlich voneinander separierte Siedlungsbereiche westlich beziehungsweise nördlich des Zusammenflusses von Wierlbach und Utzenhofener Bach.

Auf einem sich nach Osten gegen das Bachtal terrassenartig vorschiebenen Ausläufer des Kalvarienbergs hebt der Pfarrhof Nummer 1 mit der Kirche Sankt Vitus als dritte separate Einheit ab. Dieser große Haupthof fiel Anfang der 1970er Jahre dem Bagger zum Opfer.

Gläserner Trichterbecher

Über die archäologischen Strukturen, die bei der Innensanierung von Sankt Vitus zutage getreten sind, rechnete wohl kaum jemand, denn der Bau der heutigen Kirche erfolgte erst 1938, wobei man den als "barock" geltenden Kirchenbau größtenteils abbrach und ihn nach Süden und Osten erheblich erweiterte. In der Nordhälfte der heutigen Kirche war der komplette Grundriss einer langgestreckten, etwa 13 mal 6,5 Meter großen Saalkirche mit eingezogener Apsis bewahrt. Die Mauerwerkstechnik unter Hinzuziehung weniger Keramikfunde aus den Baugruben lässt eine Erbauung der steinernen Saalkirche um 1100 denkbar erscheinen, klärte Hensch auf.

"Im 14. Jahrhundert brach man die Westwand der romanischen Saalkirche ab und erweiterte die Kirche um etwa drei Meter nach Westen." Dagegen zeige die erhaltene romanische Kirche St. Nikolaus im nur zwei Kilometer von Utzenhofen entfernt gelegenen Umelsdorf aus dem 12. Jahrhundert in Bereitschaftstechnik und Steinversatz schon deutlich fortschrittlichere Züge. Von großer Bedeutung für die Einordnung der Befundsituation bei den Sanierungsarbeiten in Utzenhofen sind unter anderem Fragmente eines Trichterbechers aus Glas.

Repräsentativer Holzbau

"Derartige Glasgefäße des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts sind sehr selten und treten nur in einem gehobenen sozialen Milieu auf." Dicht beieinander lagen außerdem zahlreiche Eisenteile in der Grubenverfüllung, darunter eine frühmittelalterliche Gürtelschließe, eine Pflugreute, ein kleiner säbelförmiger Eisenbeschlag sowie insgesamt acht Pfeileisen mit rhombischen Blatt und Schaftdorn. "Derartige Pfeileisen wurden lange der einfallenden Ungarn mit Beginn des 10. Jahrhunderts in Verbindung gebracht." In Utzenhofen zeigt sich zumindest ein Zusammenhang der Geschossspitzen mit der Brandzerstörung eines repräsentativen Holzbaus, der mit guten Argumenten als Kirche zu deuten sei, erklärte Hensch. "So zeigt auch die laufende Restaurierung der Pfeileisen, dass es sich offenbar um mit Textil umwickelte Brandpfeile handelte, die in Brandbeschleuniger getaucht werden konnten."

 
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