Vilseck
06.06.2023 - 08:54 Uhr

Vilsecker Zunftstangen führen über Jahrzehnte hinweg ein Schattendasein

In vielen Kirchen und Pfarrhäusern lagern alte Figuren und sonstige religiöse Schätze, die einstmals in den Gotteshäusern ihren Platz hatten und fristen jahrzehntelang ein unbeachtetes Dasein. So auch in Vilseck. Doch das soll sich ändern.

Die wertvollen Zunftstangen sind nach ihrer Restaurierung nun für kurze Zeit in der Vilsecker Pfarrkirche St. Ägidius zu sehen und sollen dort in absehbarer Zeit einen dauerhaften Platz finden. Den zweiten Akt von „Theatrum sacrum“ präsentiert Dorothee Schulze Zumhülsen am 29. Oktober. Bild: rha
Die wertvollen Zunftstangen sind nach ihrer Restaurierung nun für kurze Zeit in der Vilsecker Pfarrkirche St. Ägidius zu sehen und sollen dort in absehbarer Zeit einen dauerhaften Platz finden. Den zweiten Akt von „Theatrum sacrum“ präsentiert Dorothee Schulze Zumhülsen am 29. Oktober.

Kirchenpfleger Thomas Pröls und Gästeführerin Dorothee Schulze Zumhülsen nehmen sich in Vilseck historischer Kult- und Kunstgegenstände an und entwickelten ein Konzept, eine Art „Theatrum sacrum“ in drei Akten, um Verborgenes wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rücken.

Im ersten Akt stellte die Gästeführerin die Vilsecker Prozessionsstangen, auch Zunftstangen genannt, in den Mittelpunkt. Vor vielen interessierten Zuhörern sprach sie in St. Ägidius über deren Bedeutung vor allem bei den Fronleichnamsprozessionen, bei denen diese in erster Linie zum Einsatz kamen.

„Bei der Prozession mit ihrer Hierarchie, wo jeder seinen Platz hatte, seine Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen, ob weltlich oder kirchlich, durfte keiner fehlen. Es entstand ein Stolz: Ich bin dabei, ich gehöre dazu, das gilt es zu zeigen. Aus diesem Denken heraus sind nach dem 30-jährigen Krieg die Prozessionsstangen entstanden“, führte Schulze Zumhülsen aus. Damals habe sich die Gesellschaft mit wiedererlangtem Selbstbewusstsein neu geordnet. Die Handwerkszünfte hätten sich Stangen angeschafft, um sich aus der Gruppe der Gläubigen herauszuheben. „Große, lange Stangen waren es, meist mit dem Heiligen der Zunft obenauf, schön bemalt oder vergoldet, immer zwei als Paar. In Vilseck gab es auch Leuchter-, Engels- und Heiligenstangen, die eine herausragende Stellung innerhalb der Gemeinschaft symbolisieren sollten“, erkläre die Gästeführerin.

Die Stangen, die Kriege und Katastrophen überdauerten, hat man nach ihren Angaben in den 1960er- und 1970er-Jahren mit der fortschreitenden Trennung von Kirche und Alltag als altmodisch und unpassend empfunden und schließlich als profan und störend aus den Kirchen entfernt. So auch in Vilseck. Erst nach dem Kirchenbrand 2013 schenkten die Vilsecker den Prozessionsstangen als Teil der historischen Kirchenausstattung wieder Aufmerksamkeit. Man ließ sie aufwändig restaurieren, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Nun besitzt die Pfarrei einen großen kunsthistorischen Schatz, wie Daniel Rimsl, im Bistum Regensburg zuständig für Kunst- und Denkmalpflege, bei einem Besuch in Vilseck feststellte.

Während Thomas Pröls die einzelnen Objekte präsentierte, erläuterte Dorothee Schulze Zumhülsen die Bedeutung und Darstellungen der einzelnen Stangen. Den Vortrag ergänzte eine Bildpräsentation über das Fronleichnamsfest in Vilseck einst und jetzt.

 
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