Ein volles Gotteshaus, gespannte Erwartung und schließlich minutenlanger Applaus: Das Konzert des renommierten Ensembles Harmonic Brass am Sonntagabend in der Evangelischen Stadtkirche geriet zu einem musikalischen Ereignis der Extraklasse. Unter dem Motto „Von 0 auf 100 – Kraftstoff für ein besonderes Musikerlebnis“ nahm das Quintett sein Publikum mit auf eine klangvolle Reise um die Welt – ein Abend, der gleichermaßen Brillanz, Witz und Tiefgang vereinte.
Eröffnet wurde das Konzert mit einem feinsinnig musizierten Präludium aus Edvard Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“. Schon in diesen ersten Takten offenbarte sich die technische Meisterschaft und klangliche Homogenität des Ensembles. Trompeter Hans Zellner, zugleich auch Arrangeur mehrerer Werke des Abends, ließ mit der "Intrada" von Johann Joseph Fux und dem "Allegro Polonese" von Vincenzo Bellini barocke und romantische Klangwelten in neuem Glanz erstrahlen.
Erinnerung an Reisekutschen
Charmant und mit feinem Humor führte Hornist Andreas Binder durch das Programm. In seinen Moderationen verstand er es, die Zuhörer nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich auf eine Reise mitzunehmen – sei es in die weiten Landschaften Böhmens, in die Alpen seines Südtiroler Kollegen oder auf die Straßen Europas im „blauen 150-PS-Ford-Transit“, der das Ensemble von Konzert zu Konzert trägt. Mit einem Augenzwinkern erinnerte Binder an die Reisekutschen zu Zeiten Joseph Freiherr von Eichendorffs, die man heute wohl nur noch in der Literatur findet.
Ein besonders emotionaler Moment entstand, als Posaunist Alexander Steixner seinem Heimweh nach Südtirol musikalischen Ausdruck verlieh. „Wenn einem Südtiroler das Gesicht blass wird und die Augen feucht werden, dann weiß man, wie schwer es ist, die Heimat zu verlassen“, kommentierte Binder theatralisch. Ein Augenblick, der das Publikum spürbar berührte. Mit der grandiosen Interpretation von Bedřich Smetanas „Moldau“ erreichte das Ensemble einen ersten Höhepunkt. Von der „Quelle der Moldau“ über die „Bauernhochzeit“ bis hin zum majestätischen "Vyšehrad"-Motiv entfaltete sich ein farbenreiches Klanggemälde, das das Publikum in wahre Ekstase versetzte.
Trompete und Tuba
Nach der Pause folgte Maurice Ravels „Bolero“, ebenfalls in einer Bearbeitung von Hans Zellner – präzise im Rhythmus, warm im Ton, spannungsvoll bis zum letzten Takt. Im zweiten Teil des Abends brillierte Elisabeth Fessler an der Trompete mit der Komposition „Gipfelstürmer“ und zeigte ihre große Virtuosität und Ausdruckskraft. Fessler, die ihre Orchestererfahrung bei den Stuttgarter Philharmonikern sammelte, überzeugte durch technische Souveränität und klangliche Leuchtkraft. Ebenso beeindruckte Karl-Wilhelm Hultsch an der Tuba – seit 2020 Ensemblemitglied und Preisträger des 10. Internationalen Jan-Koetsier-Wettbewerbs in München – mit sattem Fundament und musikalischer Präzision. Die „Festliche Ouvertüre“ von Dmitri Schostakowitsch führte in strahlender Klangpracht zum Finale, das schließlich in einem fulminanten „A Tribute to Queen“ gipfelte. Mitreißend, energiegeladen und zugleich mit höchster musikalischer Qualität dargeboten, ließ dieser Schluss das Publikum von den Kirchenbänken erheben.
Ein Abend, der seinem Motto gerecht wurde – "von 0 auf 100" – und der eindrucksvoll zeigte, dass klassische Virtuosität und humorvolle Leichtigkeit kein Widerspruch sein müssen. Harmonic Brass schenkte dem Publikum nicht nur ein Konzert, sondern ein Erlebnis, das noch lange nachklingen dürfte.













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