Nach gut einer Dreiviertel Stunde Redezeit von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey beim SPD-Jahresempfang in der Stadthalle sind die rund 250 Besucher hin und weg von der redegewandten Politikerin. Und auch sie war begeistert, denn keiner der Gäste wischte auf dem Handy, um einen Tweed zu posten wie das in der Bundeshauptstadt sehr oft der Fall sei. „In der echten Begegnung und im richtigen Leben spielt die Musik“, freute sich die SPD-Politikerin volksnah.
Gerne wäre die Bundesministerin länger geblieben, gab sie offen zu. Denn sie fühlte sich richtig wohl bei so vielen fröhlichen Genossen. Doch wegen eines weiteren Termins in Augsburg drängte nach gut einer Stunde die Zeit. Der ehemalige Landtags- und Bundestagsabgeordnete Werner Schieder hörte Giffey ausgesprochen gerne zu: „Du bist ein Lichtblick für unsere SPD“, rief er unter lautem Applaus der Besucher ins Publikum.
Verwandtschaftliche Beziehungen unterhält Giffey nach Sulzbach-Rosenberg, wie sie gleich zu Beginn ihrer Rede verriet. Der Landtagsabgeordnete Reinhold Strobl lud sie deswegen spontan in seinen Heimatort ein, und hätte sie den Termin in Augsburg nicht zugesagt, wäre sie gerne geblieben und hätte auch bei ihrer Verwandtschaft angeklingelt.
Lob für Monika Waldeck
SPD-Bürgermeisterkandidatin Monika Waldeck aus Etzenricht ist Mutter eines achtmonatigen Sohns und will zurück in den Beruf. „Es fehlt nicht nur die Nachmittagsbetreuung, sondern es wird sehr schwierig bei den Ferien. In den Firmen gibt es 24 Tage Urlaub für Mutter und Vater, da wird es sehr schwer, die Kinder zu betreuen.“ Giffey kennt das aus eigener Erfahrung mit ihrem heute elfjährigen Sohn. „Ich finde es toll, dass Du sagst, ,Ich will das machen’ und kandidierst.“ In Deutschland seien nicht einmal zehn Prozent der Bürgermeister Frauen.
Der Koalitionsvertrag sehe vor, den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bis 2025 zu schaffen. „Eine Riesenaufgabe.“ Nach Absprache mit den Ländern laute der Entschluss: „Wir wollen das für die Grundschule an fünf Tagen in der Woche und acht Stunden am Tag mit maximal vier Wochen Schließzeit in den Ferien.“
Doch in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern klaffe „zwischen Realität und Anspruch noch eine Riesenlücke“. Der Bund liefere zwei Milliarden Euro für die Investition in einem ersten Schwung, und darüber hinaus werde es zusätzliches Geld geben. Darüber werde gerade verhandelt. Vorgesehen sei eine stufenweise Umsetzung. „Das Ziel muss sein, dass die Schließzeiten in den Ferien den Urlaubszeiten der Eltern entsprechen und es nicht viel längere Schließzeiten gibt.“ Es sei eine schwierige Aufgabe, aber: „Jeder Euro, der hier investiert wird, ist das Geld wert.“
Die alleinerziehende Mutter Saskia Bäumel aus Weiherhammer ist im Verkauf tätig und hat ein neunjähriges Kind. Ihr Laden habe bis 20 Uhr geöffnet, da komme Ganztagsbetreuung nicht infrage. Im Programm „Kita plus“ gehe es auch um spätere Öffnungszeiten. „Ausschlaggebend ist auch, was die Kommune vor Ort umsetzt“, entgegnete Giffey, die als ersten Kontakt riet: „Dem Bürgermeister auf die Nerven gehen (...) frei nach dem Motto: Penetranz schafft Akzeptanz.“ Helmut Fastner warf ein, dass hier ein Rechtsanspruch vonnöten sei, falls eine Kommune das nicht stemmen könne.
Für die Waidhauser Damen-Big-Band heischte die Bundesministerin abschließend Beifall und meinte: „Ihr seid echt klasse.“ Die Weidener Stadträtin Sema Tasali-Stoll brach als ehemaliges Gastarbeiterkind eine Lanze für die Migranten, die keine Aufstiegschancen hätten und deswegen oft den falschen Weg einschlagen würden. Dieser Appell fiel bei Giffey auf fruchtbaren Boden, denn sie war als ehemalige Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln für 300 000 Menschen aus 150 Nationen verantwortlich. „Ich habe diese Kinder nie vergessen.“
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