Waidhaus
01.01.2020 - 10:56 Uhr

Reiseboom und Schülerrekord

2020 geht Mitteleuropa in das 75. Friedensjahr. Eine Zeitspanne, die es so noch nie zuvor gegeben hatte. Vor einem halben Jahrhundert nahm das Leben im Grenzmarkt dadurch beschauliche Züge an.

Im neuen Schulgebäude gab es vor 50 Jahren mit 409 Schülern einen Rekord. Die Grundschule beherbergt aktuell zwei Kombiklassen. Bild: fjo
Im neuen Schulgebäude gab es vor 50 Jahren mit 409 Schülern einen Rekord. Die Grundschule beherbergt aktuell zwei Kombiklassen.

An eine Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ wagte vor 50 Jahren kaum jemand zu denken. Trotzdem stieg der private Reiseverkehr bereits massiv und kann rückwirkend betrachtet als ein Indiz für die Aufweichung der bislang undurchlässigen Grenze gelten. Lag in den ersten Jahrzehnten des „Kalten Kriegs“ der jährliche Durchschnitt bei rund 30 000 privat Reiseenden, so steigerten sich diese vor 50 Jahren auf das Zehnfache. Für eine Verbreiterung der Straße zum „Alten Grenzübergang“ begannen die notwendigen Planungen, denen letztlich der bisherige Fußballplatz beim Weiler „Pfälzer Hof“ zum Opfer fiel. Ein Aufwärtstrend beim grenzüberschreitenden Tourismus hält seitdem ungebrochen an.

Gleiches galt für den Warenverkehr, der sich mit 35 878 Tonnen bei der Einfuhr im Jahr 1969 mit 62 361 Tonnen ein Jahr darauf nahezu verdoppelte. Bei der Ausfuhr kam es übrigens erst von 1976 auf 1977 zu einer Mehrung im gleichen Verhältnis. Am 29. April 1970 wollten zwei türkische LKW-Fahrer ganze 5 Zentner Haschisch einschmuggeln. Die Ware, in 38 Säcke verpackt, war in einem 20 Zentimeter hohen Hohlraum unter dem Dach verstaut. Ihr Wert wurde auf 1,1 Millionen D-Mark geschätzt. Die Fahrer wurde beide zu 2 Jahren und 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Nachdem im Drahtwerk Waidhaus bereits 1965 eine Erweiterung aufgrund der guten Auftragslage notwendig war und dabei zusätzlich 1200 Quadratmeter Produktionsfläche in einer weiteren Fertigungshalle und eine Bauschlosserei errichtet wurden, gesellten sich 1969 und 1970 der Bau einer Versandhalle und des großen Bürogebäudes dazu. Die Zahl der Beschäftigten stieg auf über 200 Arbeitnehmer. Die bis dato selbständige Raiffeisenbank Waidhaus fusionierte im Jahre 1970 mit der Raiffeisenbank Moosbach. Ein Jahr später erfolgte die Umstellung der Buchhaltung auf elektronische Datenverarbeitung.

Nach Abbruch des bisherigen Pfarrhofs mit Jahrgang 1869 wurde genau 100 Jahre später ein neuer Ersatz unter Pfarrer Karl Söllner gebaut, der bis 1973 hier wirkte. Aus Zeitmangel musste auf eine feierliche Einweihung des rund 200 000 D-Mark teuren Gebäudes verzichtet werden; der Pfarrer vollzog den Akt in aller Stille. In dieser Zeit endete auch die Besetzung der katholischen Pfarrei durch so genannte Frühmesser und Hilfspriester. Eine bis1769 belegbare Tradition endete vor 50 Jahren mit Benefiziumsprovisor Franz Pflaum.

Noch einmal erreichten die Schülerzahlen vor 50 Jahren den Rekord des Jahrgangs 1947/48, der mit 409 Kindern nur um einen einzigen Schüler nicht wiederholt wurde. Lag in den Jahren zuvor die Schülerzahl konstant bei rund 275 Kindern, so konnten ab 1970 durch die Eingliederung der Schulen Burkhardsrieth, Hagendorf und Reichenau nunmehr rund 100 Schüler je Jahrgang mehr gezählt werden. Mit ein Grund war ebenso der bis dato stärkste Geburtenjahrgang 1964 für ganz Deutschland mit 1,3 Millionen Neugeborenen. Bevor die 1926 eröffneten Schule in Hagendorf geschlossen wurde, unterrichteten dort immerhin 12 Lehrpersonen an der einklassigen Schule.

Nachdem ein fast 100 Hektar großer Teil des einstigen Pfrentschweihers 1968 wieder in den Besitz der bayerischen Staatsforstverwaltung kam, startete vor 50 Jahren die Aufforstung des einstigen Moores in riesigen Dimensionen.

Aus Zeitmangel musste 1970 auf eine feierliche Einweihung des rund 200 000 D-Mark teuren Pfarrhofs (rechts) verzichtet werden; der Pfarrer vollzog den Akt in aller Stille. Bild: fjo
Aus Zeitmangel musste 1970 auf eine feierliche Einweihung des rund 200 000 D-Mark teuren Pfarrhofs (rechts) verzichtet werden; der Pfarrer vollzog den Akt in aller Stille.
 
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