Rund um den Schloßberg verläuft ein schmaler, leicht befestigter Weg. Ihn gibt es schon seit langer Zeit. Früher diente er hauptsächlich den Bauern, um zu ihren Wiesen und Äckern zu gelangen. Doch auch wer kein Feld zu bearbeiten hatte, war dort oben zumindest einmal pro Jahr unterwegs: Nämlich immer an Pfingsten zusammen mit vielen anderen Gläubigen, wenn die Bittprozession rund um den Schloßberg stattfand.
Durch die Felder klangen dann die vertrauten Lieder, Fürbitten und Litaneien der Betenden, und nicht selten wurden Teile davon als Echo aus den umliegenden Tälern zurückgeworfen. Die Bittprozession gibt es noch heute, auch wenn die Anzahl der Teilnehmer stark abgenommen hat. Gleiches ist mit der Anzahl an Landwirten passiert, die den Weg nutzen. Was jedoch zugenommen hat, ist die Anzahl der Menschen, die diesen Weg gehen, um zu entspannen, um die Schönheit der Natur zu genießen. Oder wie man heute sagt: um runterzukommen.
Idee vor zwei Jahren
Doch schon bald soll eine weitere Gruppe von Menschen diesen Weg vermehrt genießen können: Familien. Nach dem großen Erfolg des Marterlwegs, der Wanderer in einem großen Bogen rund um Waldeck führt, entstand vor ungefähr zwei Jahren in der Vorstandsriege des Heimat- und Kulturvereins (HuK) die Idee, einen Familienwanderweg zu gestalten.
Die Vorgaben: zu lang sollte er nicht sein, zu unwegsam sollte er nicht sein, zu viele Anstiege sollte er nicht haben. Aber: Kinder sollte er begeistern, Eltern sollte er ein paar Stunden Entspannung schenken, junge Leute sollten ihre Freude daran haben und auch ältere Menschen sollten viele positive Impulse mit nach Hause nehmen können. Ganz schön hohe Ansprüche, die da gestellt wurden.
Sehr schnell kristallisierte sich jedoch heraus, welcher bestehende Weg all diese Vorgaben auf Anhieb erfüllen würde - nämlich genau der Weg, der rund um den Schloßberg verläuft.
Georg Wagner, ehemaliger Vorsitzender des HuK und seit den 1980er Jahren bekennender Schloßberg-Aktivist, ist vom Resultat der Anstrengungen begeistert. Auch wenn er moniert, dass der Verein sehr viel Eigenleistung einbringen musste bei der Umsetzung des Projekts. Aber all die großen und kleinen Stolpersteine lässt er für den Moment hinter sich und gibt seiner Zufriedenheit Ausdruck über das gelungene Ergebnis: "Es ist wirklich eine Attraktion, diesen Weg zu gehen. Und auch die Texte auf den Tafeln sollte man ganz bewusst lesen, denn sie sind eine Bereicherung."
Jeweils vier Anregungen
Genau an dieser Stelle klinkt sich Kathrin Karban-Völkl in das Gespräch ein. Nachdem die Religionspädagogin und - wie sie von sich selbst sagt - "Schloßbergbegeisterte" bereits für den Marterlweg mit großem Erfolg die textliche Gestaltung übernommen hatte, wollte der HuK auch bei diesem Projekt auf ihre Unterstützung nicht verzichten. "Auf jeder Tafel sind vier Anregungen zu finden", erklärt die Kemnatherin. "Einmal eine Idee für die ganze Familie (Wer ist MeisterIn im Wolkengucken? Wer hat heute schon "Danke" gesagt? Wie sagt man eigentlich in anderen Ländern "Danke"? ), eine Denkanregung für die Eltern (Was ist uns in letzter Zeit gut gelungen? Wofür sind wir unseren Kindern dankbar?), ein Gottesgedanke (Was wünschen wir dem anderen eigentlich, wenn wir 'Grüß Gott' sagen? Freut sich Gott auch über ein Dankeschön von uns?) und schließlich für die ganze Familie Überraschendes aus dem Leben von Fidi, der unternehmungslustigen Fledermaus."
Fidi ist übrigens auch das Maskottchen des Familienwanderwegs, das auf jeder Infotafel erscheint und immer etwas Spannendes zu erzählen hat. Karban-Völkl, selbst Mutter von vier Kindern, lacht und erzählt, dass es sich dabei natürlich nicht um irgendeine Fledermaus handelt. Denn vielen Kindern ist Fidi bereits bekannt vom Kinderkanal und der Sendung Kika-Baumhaus.
Sehr weit hergeholt ist die Fledermaus als Maskottchen übrigens nicht. Immerhin überwintern ja viele Fledermäuse in den restaurierten Schloßberg-Kellern, und gerade während der Sommermonate sind sie oft zu beobachten bei ihrer Jagd nach Insekten oder Spinnen an Waldrändern und Büschen.
12 Stationen
Insgesamt lädt der idyllisch gelegene Familienwanderweg an 12 Stationen zu einem unterhaltsamen Stopp ein. Und mit einer Länge von insgesamt nur 2,5 Kilometern ist er auch mit kleinen Kindern und Kinderwagen in ein bis zwei Stunden gut zu bewältigen. Eines darf aber bereits jetzt verraten werden: Im Laufe dieses Wanderwegs werden sehr viele Fragen geklärt, die wahrscheinlich vorher so noch nie gestellt wurden. Zum Beispiel wer eigentlich in der Familie der beste Schuhzubinder ist. Oder wer der beste Spaghettiroller ist. Oder wer der einfallsreichste Wolkengucker ist.
Gut dabei zu wissen: Sieger müssen dabei nicht immer zwangsläufig Kinder sein. Auch Opas oder Omas entpuppen sich oft als ganz hervorragende Schuhzubinder, Spaghettiroller und Wolkengucker.
Der Familienwanderweg
- Offizielle Eröffnung: Sonntag, 21. Mai, um 15Uhr; Treffpunkt am alten Friedhof
- Länge: etwa 2,5 Kilometer mit 12 Stationen, kinderwagentauglich; nur ein Anstieg zu Beginn des Rundwegs
- Besonderheit: begleitet durch digitale Pinwand, die für alle zugänglich ist und dazu einlädt, selbst Bilder, Witze oder anderes hochzuladen
- Mitwirkende: Heimat- und Kulturverein Waldeck, örtliche Unternehmen sowie vor allem Fledermausexpertinnen aus der Region
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.