Waldershof
22.01.2019 - 15:25 Uhr

Kreative rhythmische Mixturen

Der Auftritt von „Bavarian Brass“ in Waldershof bringt dreierlei: Eine ganz besondere Atmosphäre aus sanftem Licht, musikalische Kreativität und instrumentales Können.

Trompeten schmettern und „singen“, wenn die Gruppe „Bavarian Brass“ auftritt, wie nun in Waldershof. Bild: fpoz
Trompeten schmettern und „singen“, wenn die Gruppe „Bavarian Brass“ auftritt, wie nun in Waldershof.

Noch strahlt in der katholischen neuen Kirche Sankt Sebastian die großzügige Weihnachtsbeleuchtung, und so wirkten die Trompetenklänge von „Bavarian Brass“ wie eine akustische Glanz-Verstärkung: Da mischten sich die fünf verschiedenen Trompeten-Arten und -Klänge des Quartetts in die nach-weihnachtliche Stimmung.

Die wurde zunächst festlich zelebriert mit schlanken Naturtrompeten. Nicht nur, dass alle vier Bläser das erfreulich große Publikum durch sauberen Schönklang erfreuten – ihr Auftritt folgte, wie eigentlich alles an diesem Abend, einer sorgfältigen Regie. Wenn zuerst ein einsamer Spieler – der Waldershofer Leiter Benjamin Sebald – auf den Altarstufen steht und zur Trommel von Percussionist Christoph Günther eine bekannte Melodie von Heinrich VIII. ins Kirchendach hallen lässt, ist er das Zentrum der Aufmerksamkeit.

Und man ist gespannt auf Dominik Thoma, Florian Zeh und Volker Hemedinger, die allmählich den Klang auffüllen, unterstützt von Dorothea Weser an der Chor-Orgel. Sie bleibt das Fundament auch für drei Bachwerke; das erste liefert mit dem Titel das Programm: „Auf, schmetternde Töne der munteren Trompeten“. Schmettern können sie bis zum Erschrecken, wenn es festlich zugehen soll, zusammen mit Flügelhörnern und Jagdhorn. Weich und gebunden „singen“ können sie aber auch, nämlich den Chorpart der bekannten Choralbearbeitung „Jesus bleibet meine Freude“. Später übrigens singen sie wirklich alle vier.

Nachdem sie noch die Piccolo-Trompeten in einem hübschen Echo-Stück von Bach vorgestellt haben, wechselt Dorothea Weser zum Spieltisch der großen Orgel für ein „Schwergewicht“ Bachscher Orgelliteratur: Toccata und Fuge d-Moll. Es gibt nichts auszusetzen an ihrer Art, die Anfänge in gemäßigtem Tempo wirken zu lassen, ganz im Gegenteil. Umso kontrastreicher erscheinen so die virtuosen, souverän und akkurat gespielten Passagen. So weit die Barock-Literatur; 200 Jahre weiter springt das Programm und widmet sich neueren Komponisten. Ebenso wie bei Bach die Orgel, kann die Marimba beim zeitgenössischen „A Little Prayer“ von Evelyn Glennie eine Original-Komposition spielen. Das Wort „zauberhaft“ taucht innerlich auf, wenn man Christoph Günthers Interpretation hört: Aus dem Nichts kommend lassen die vier Schlägel eine sanft verhüllte Melodie wabern, und es ist zwar kein Geheimnis, aber viel Können dabei, wenn man nicht sehen kann, wie in den Schlägel-Wirbeln eine Melodie Fuß fasst.

Bearbeiter Benjamin Sebald hat die Möglichkeiten ausgelotet, Solo-Partien etwa von Flügelhorn und Schlagzeug für seine Truppe spielbar zu machen, oder aber etwa Gitarren- und Dudelsack-Stimmen bläserisch oder mit Orgel-Hilfe umzuarbeiten. Alle vier können zum Flügelhorn greifen und mit Komponisten wie Karl William Jenkins die weichen, stilleren Seiten des Flügelhorns zeigen. Richtige Schrecksekunden bescheren deshalb jähe Schlagzeug- und Schmetter-Effekte, die in dieser neueren Musik für aufregende Abwechslung sorgen. Unglaublich kreative rhythmische Mixturen von Orgel, Schlagzeug und Bläsern konnte man bei diesem Konzert bewundern: Wie kommt es, dass den Komponisten immer wieder neue Finessen einfallen? Und die müssen ja erst entdeckt und umgesetzt werden. Und auch, wenn die Einfälle schon so alt sind wie die von Ravel in seinem „Bolero“, so kitzeln doch neue Gewürze den Gaumen: Alle Bläser singen wahrhaftig über dem bekannten Schlagzeug-Motiv, und dann wird die Trommel einfach von den Bläsern übertönt ...

Der heftige Beifall und, nach einer Zugabe, die gefüllten Körbchen am Ausgang sagten viel aus über die Begeisterung des Publikums.

Dorothea Weser an der Orgel. Bild: fpoz
Dorothea Weser an der Orgel.
„Bavarian Brass“ in St. Sebastian. Bild: fpoz
„Bavarian Brass“ in St. Sebastian.
 
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