An der Neugestaltung des früheren Besinnungspfades in Waldsassen scheiden sich in diesen Tagen sprichwörtlich die Geister. Anlass sind die mit Beton im Waldboden fixierten Granit-Stelen, vor allem die am Wondreb-Wehr. Dort werden später noch Informationstafeln zum Thema Wasser montiert. In den sozialen Medien kocht das Thema seit Tagen hoch – so sehr, dass es auch am Ende der jüngsten Sitzung des Stadtrats zur Sprache kam.
Auslöser war Jürgen Neumann. Der gebürtige Waldsassener lebt mit seiner Familie in Augsburg. Bei einem Besuch in der Heimat kam er auch zum Wondreb-Wehr, die "Waiha". So nennt der Filmautor im Dialekt den Ort, der ihm "wahnsinnig wichtig" sei. Der "wohl schönste Platz in Waldsassen" werde zum "Vorgarten des Grauens", beschreibt Neumann in sozialen Netzwerken sein Entsetzen.
Geschliffen wie ein Grabstein
Die Granitsäulen, die dort "gepflanzt" wurden, sähen aus wie am Friedhof: Kein alter, verwitterter Granit, der in die Kulturlandschaft des Stiftlands passt, sondern "geschliffene, grabsteinartige Platten". Sauber und abwaschbar. "Der Graffiti-Sprayer wird schon eingeplant." Neumann kündigt an, alle Hebel in Bewegung zu setzen, "um diesen Frevel abzumildern". Denn noch ließen sich die Stelen versetzen, damit sie am Wehr weniger störend wirken.
"Die Platzierung ist echt der Wahnsinn", untermauert Jürgen Neumann im Gespräch mit Oberpfalz-Medien seine Ansicht über die Stelen: "Man stellt das doch nicht hinein, wo die Anfänge des Klosters waren." An diesem "Herzpunkt" hätten einst die Mönche den alten Mühlgraben abgezweigt. "Ein Meisterwerk der damaligen Wasserwirtschaft."
Eingriff in Natur
Nicht gelten lässt Neumann das Argument, wonach die Gestaltung des Pfades noch nicht abgeschlossen ist. Die Stelen seien auch später in der fertigen Anlage ein schwerer Eingriff. "Das ist doch kein Stadtpark." Die "Granitbollwerke" passten nicht zusammen mit dem Streben um das Europäische Kulturerbe-Siegel.
Unfassbar ignorant gegenüber Vergangenheit und Zukunft sei diese Gestaltung, sagt Neumann. Er vermisst den Aufschrei in Waldsassen deswegen. "Ich fordere die Verantwortlichen auf, ihr Tun zu überdenken, nachzujustieren und zumindest die ,Waiha‘ von naturdidaktischen Stelen frei zu halten."
"Jetzt müssen wir das erst einmal fertig machen", nimmt auf Anfrage von Oberpfalz-Medien Bernd Sommer die Vorwürfe gelassen. "Wenn dann noch Einwände kommen, dann bewerten wir diese." Damit wiederholte der Bürgermeister seine Aussage vom Dienstag.
In der Sitzung des Stadtrats nahm er Stellung zur Kritik an der Gestaltung des Pfades am Wondreb-Wehr. Auch sei zu bedenken: Eine einzige Meinung, geäußert in sozialen Medien, müsse noch lange nicht Meinung der Allgemeinheit sein. Es habe zudem noch keine Gelegenheit gegeben, das Konzept zu erklären.
Es sei zu respektieren, wenn Menschen in der Vergangenheit leben wollen. "Wir aber müssen mit der Vergangenheit leben", sagt Sommer im Gespräch mit Oberpfalz-Medien und unterstreicht den Blick in die Zukunft. Die Montage der Informationstafeln werde nun vorgezogen, "damit man sieht, dass die Stelen einen Zweck haben und damit das Konzept verstanden wird". Im Mai, so Sommer, soll es eine Eröffnungsfeier geben. Abgeschlossen seien die Arbeiten dann aber noch nicht: Für einzelne Stationen am Wondreb-Ufer müssten noch sicherheitstechnische Aspekte geklärt werden.
Bewusste Entscheidung für Granit
"Wir haben uns ganz bewusst für die Granit-Stelen entschieden", erklärt Johanna Härtl, Leiterin der Geschäftsstelle der Stiftung Kultur- und Begegnungszentrum Abtei Waldsassen zur Kritik über die Auswahl des Werkstoffs. "Das ist zeitlos." Die Holz-Elemente früher hätten immer wieder finanziellen Aufwand erfordert.
Äbtissin Laetitia Fech steht "zu 100 Prozent hinter dem Projekt des Wasserlehrpfades", erklärt sie auf Anfrage. Es sei einheimisches und nachhaltiges Material gewählt worden für die Stelen. "Wir hoffen, dass die Bevölkerung unseren neuen Pfad in wenigen Wochen als eine Bereicherung auf ihrem Sonntagsspaziergang erleben darf."
Harald Hertel, Stadtrat und Projektkoordinator Welterbetitel/Kulturerbesiegel, sieht die Neugestaltung des Pfades als "gute, die touristische Attraktivität bereichernde Sache". Die "Möblierung" der Landschaft mit Lehrpfaden, Infotafeln und QR-Codes müsse aber insgesamt begrenzt werden, auch wenn das gerade "in" ist, findet Hertel. Er geht damit auf den Einwand Neumanns ein: Für ihn ist es ein Übel, wenn Naturerlebnis und Besinnung "quasi verordnet, auf Granit gemeißelt mit QR Codes versehen" werden.
Arbeitstitel "WWW-Pfad"
- Besinnungspfad "Wasser in den Weltreligionen", 2008 auf dem Wanderweg Nr. 4 der Stadt Waldsassen angelegt unter der Regie von Marco Werner, Umweltstation Waldsassen
- Neugestaltung des Pfades wird seit 2019 geplant; Arbeitstitel "WWW-Pfad" (Wasser, Wondreb, Waldsassen); erste Beratungen im Stadtrat im Oktober 2020; einstimmiger Beschluss über Konzept im Februar 2021
- Kooperationsprojekt der Stadt Waldsassen und der Stiftung Kultur- und Begegnungszentrum Abtei Waldsassen
Ich habe es noch nicht gesehen, aber es verwundert mich nicht. In Waldsassen wird seit langer Zeit nach dem Motto "Betonieren und grün anstreichen, damit Natur keine Arbeit macht", das Ortsbild, das man aus Jugendzeiten kennt, verschandelt.
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