Waldsassen
21.10.2022 - 13:30 Uhr

Bürgeraktion "Gegenwind Stiftland" sieht sich bei Treffen in Waldsassen vor stürmischen Zeiten

Die Bürgeraktion „Gegenwind Stiftland“ ist nicht glücklich mit dem „Wind-an-Land-Gesetz“, das die Bundesregierung verabschiedet hat. Mandatsträger vor Ort aber signalisieren: Weitere Windräder werden kommen im Landkreis Tirschenreuth.

Kämpferisch gab sich Albert Köstler in der Jahreshauptversammlung der Bürgeraktion „Gegenwind Stiftland“. „Das war’s noch nicht, meine lieben Freunde“, zitierte der Vorsitzende eine Aussage von Uli Hoeneß kurz vor dessen Haftantritt und fügte hinzu: „Nach diesem Bericht werden’s mich auch einsperren.“ Bei dem Treffen im Gasthaus „Prinzregent Luitpold“ am Mittwoch hatte der Altbürgermeister von Bad Neualbenreuth seinen Bericht über die Arbeit der aktuell 145 Mitstreiter zählenden Gemeinschaft mit markigen Sprüchen gespickt.

Seit Bildung der neuen Regierungskoalition in Berlin, und verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, „werden die Zeiten für unseren Kampf um den Erhalt unserer Landschaften, unserer Gesundheit, um die Überlebenschancen der Vogelwelt und unserer Heimat immer windiger“, sagte Köstler und konkretisierte: „Durch immer windigere Politiker, die es darauf anlegen, unsere seit Generationen gestaltete und erhaltene Heimat mit wenig nutzender, sinnlos teurer Energietechnik zu zerstören.“

Gesetz "durchgepeitscht"

Von einer „epochalen Heimatzerstörung“ sprach Köstler, wetterte gegen die „Glaubensgemeinschaft“ in Berlin und meinte damit die Ampelkoalition, die er am liebsten „in die Wüste schicken“ würde. „Recht wird so gesetzt, dass Minderheitenrechte, Eigentumsrechte, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Recht auf Erhalt der Natur, Landschaften und Denkmäler, aufgeheizt mit Emotionen und Panikmache vor dem bevorstehenden Weltuntergang, modifiziert und dem Zeitgeist angepasst werden.“

Wehren dagegen könne man sich kaum, beklagte der Sprecher: Zu schnell würde die „Politik mitsamt den Anschürern in Naturschutz- und Wirtschaftsverbänden, Grundeigentümern und Medien die Zerstörung unserer Landschaften vorantreiben“. Kein positives Demokratieverständnis vermuten ließen kurze Fristen für die Beantwortung von Stellungnahmen. Gerade vier Werktage hätten Behörden und Verbände dafür Zeit erhalten, ehe das Wind-an-Land-Gesetze „durchgepeitscht“ wurde. „Das war ein Vorgeschmack auf die Etablierung einer grün-sozialistischen Diktatur.“ Die Nachbarn hätten die Grenzregion als Tourismus- und Naturschutzgebiet priorisiert. Köstler fürchtete Nachahmer auf tschechischer Seite, wenn etwa am Grenzkamm noch mehr Windräder errichtet werden: Denn die Stadt Bärnau habe als erste Kommune im Landkreis ihre „Windwunderflächen“ an den Regionalen Planungsverband gemeldet.

„Wir werden nicht klein beigeben in unserem Bestreben, unsere Heimat, unsere Gesundheit, unsere Natur und Artenvielfalt auch für unsere Kinder und Enkel zu erhalten, auch wenn diese von allen Seiten vom Gegenteil berieselt werden.“ Alle rechtlichen und emotionalen Mittel müssten genutzt werden, um dieses Ziel zu erreichen. Köstler äußerte großen Respekt vor Landrat Roland Grillmeier für eine vorläufige Sicherung von Landschaftsschutzgebieten im Klosterwald Waldsassen, im Egerer Wald um Bad Neualbenreuth und im Hessenreuther Wald.

14 Windräder im Landkreis

Roland Grillmeier sprach von einer „äußerst angespannten Lage“ ob der Veränderungen auf Bundesebene. „Hier wird Ideologie verbreitet“, so der Landrat über die Aussage, nur Windkraft stehe für die Energiewende. Doch diese bestehe aus einem Mix. Hier sei der Landkreis gar nicht so schlecht. „14 Windräder im Landkreis sind kein niedriger Wert“, sagte Grillmeier und verwies auch auf Biomasse.

„Es geht um Steuerung“, so der Landrat über die Ausweisung von Windkraft-Vorrangflächen – Hunderte von Hektar in Bayern. Ohne Planung drohten „Hundert Windräder und mehr“ im Landkreis. Doch wenn Vorbehaltsgebiete ausgewiesen seien, wären auch Landschaftsschutzgebiete sicher, so Grillmeier etwa über den Hessenreuther Berg. Aber es sei Eile geboten. „Es wird Windräder geben im Landkreis Tirschenreuth und wir werden diese nicht aufhalten können.“

"Wackersdorf 2.0"

Albert Köstler wollte sich damit nicht zufrieden geben. „Dann gibt es ein Wackersdorf 2.0“, kündigte der Bürgeraktion-Vorsitzende an und sprach von „Krieg“: Der werde kommen, wenn die 10-H-Regelung falle. Der Altbürgermeister von Bad Neualbenreuth nannte die Aufwertung der Region als touristisches Ziel. „Wenn das alles ohne Not aufgegeben wird, beginnt der Kampf.“

Als „hieb- und stichfest“ bezeichnete Bad Neualbenreuths Bürgermeister Klaus Meyer das „Wind-an-Land“-Gesetz. „Wir lassen nichts unversucht, wir können und müssen steuern.“ Auch interkommunale Zusammenarbeit sei gefordert. Er räumte ein, dass es bei einer internen Abfrage im Marktrat Stimmen für und wider Windkraft gegeben habe.

Belastung für Haushalte

„Irgendeinen Tod werden wir sterben müssen“, beklagte Meyer die enormen Kosten für Energie, die kommunale und private Haushalte belasteten. „Wenn wir alles Geld in den Strom stecken müssen, dann können wir die Bordsteine hochklappen.“ Andererseits müsse jeder „Amok laufen“, wenn sich stehende Windräder nicht drehten, weil der Strom wegen fehlender Infrastruktur nicht verwendet werden könne.

Harald Hertel, Stadtrat in Waldsassen und engagiert im Förderverein "Welterbe Klosterlandschaften", war der Bürgeraktion dankbar dafür, dass sie die Region vor Windkraftanlagen bewahren will. Es sei aber notwendig, die Sinnhaftigkeit von Windrädern zu hinterfragen und den Mut zu besitzen, bei diesem Thema zu differenzieren. Erneut unterstrich Hertel, dass für den Erwerb des Kulturerbe-Prädikats – in der Folge nach dem Erhalt des Europäischen Kulturerbe-Siegels – die Unversehrtheit der Region ein entscheidendes Kriterium sei.

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Waldsassen21.10.2022
 
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