Anstrengend, aber sehr gut, harmonisch und erfolgreich – so fasst Dr. Annemarie Schraml den fast dreiwöchigen Operationseinsatz der Aktion "Feuerkinder" zusammen. Vom 25. Oktober bis 11. November war die frühere Chefärztin zusammen mit einem 10-köpfigen Team vor Ort in Tansania. Es war der 38. Einsatz insgesamt und der zweite in diesem Jahr.
"Auch wenn man an der Gesamtsituation wenig ändern kann, ist doch wieder viel punktuell verbessert und geholfen worden", so Dr. Schraml in einer Mitteilung und unterstreicht erneut die Bedeutung ihrer Art von Hilfe zur Selbsthilfe: Kinder könnten nun nach erfolgter Operation besser gehen, eine Schule besuchen, einen Beruf erlernen oder studieren, berichtet die Orthopädie-Fachärztin und zitiert Mutter Teresa: „Jeder Tropfen kann der Beginn eines Regens sein.“
Der Einsatz vor Ort im Nkoaranga-Hospital begann mit Voruntersuchungen und ambulanten Behandlungen bei 110 Patienten. Auch aus zwei ähnlichen Einrichtungen wurden Patienten gebracht, die teils mit Gipsverbänden vorbehandelt waren. "Es ist schwer nachzuvollziehen, dass Kinder mit zum Teil schwersten Fehlstellungen auch aus Entfernungen bis zu 1000 Kilometer gebracht wurden, für die es im Land keine Möglichkeit zur Behandlung gibt, manchmal auch aus finanziellen Gründen."
Medizinstudent früher Patient
Auch von der Insel Sansibar kam eine Familie mit ihrem Sohn, der vor 10 Jahren operiert worden war, zur Beratung: Adil studiert jetzt in Daressalam Medizin, „motiviert durch die positiven Erfahrungen, die er mit dem Feuerkinderteam bei zwei stationären Aufenthalten gemacht hatte“, wie er sagte.
Dr. Annemarie Schraml berichtet von viel und auch wieder zunehmender Armut in Tansania. Mütter, die für die kleinen Patienten sorgen sollten, hätten kein Geld zum Kauf von Nahrungsmitteln oder für die Heimreise gehabt. "So konnte mit den Spendengeldern nicht nur das Operationsprojekt finanziert, sondern auch manch existentielle Not gelindert werden." Eine Massaifrau, bei deren Sohn eine Nachamputation des rechten Unterschenkels durchgeführt werden musste, weinte vor Freude über so viel Anerkennung und Unterstützung.
94 Operationen an 11 Tagen
An 11 Operationstagen wurden 94 Operationen durchgeführt, unter anderem 35 zum Teil sehr aufwendige Klumpfußkorrekturen, 25 Achskorrekturen, 32 Metallentfernungen. Dass so viele schwere Klumpfußoperationen durchgeführt werden mussten, ist umso deprimierender. Denn laut Dr. Schraml ließen sich mit der sogenannten Ponsetimethode Klumpfüße im Kleinkindesalter sehr gut behandeln. "Leider wird dies in Tansania nur an wenigen Orten und oft nur mangelhaft und derzeit immer weniger durchgeführt."
Dr. Schraml ist überzeugt: "Wenn es die viele kirchliche und private Hilfe nicht gäbe, sähe es noch viel düsterer aus, weil der tansanische Staat so wenig macht." Sehr bewegend für das "Feuerkinder"-Team aus Deutschland: Kinder wollten, sobald sie aus der Narkose erwacht waren, ihre geraden Beine sehen und freuten sich. "Diese freudige und sehr zugewandte Stimmung in den Patientenzimmern war bei den Visiten jeden Tag eine besondere Freude."
Zusammenarbeit funktioniert
Sehr gut eingefügt in das Team hatten sich den Angaben zufolge die Mitarbeiterinnen Dr. Tanja Leyh und Miriam Cervenca. Ideal und hervorragend war wieder die Zusammenarbeit mit den tansanischen Mitarbeitern im OP-Bereich, die die Aufbereitung der Operationsinstrumente selbstständig durchführten. "Die beiden Anästhesisten Emmanual und Patrick standen stets engagiert zur Verfügung."
Auch Schwester Makaaya, die schon im Ruhestand ist und mit Annemarie Schraml nun schon 25 Jahre zusammenarbeitet, leistete wertvolle Dienste. "Obwohl sie nicht Englisch und das Team nur wenig Kisuaheli spricht, weiß sie immer, was im Augenblick erforderlich ist." Als "Zeichen der Nachhaltigkeit" bezeichnet Dr. Schraml, dass Dr. Godnester Mungure jeden Tag mit dem Team arbeitete. Sie wird in den folgenden Wochen alle Metallentfernungen bei den im letzten Jahr operierten Patienten durchführen. Unterstützung leisten dabei die beiden tansanischen Anästhesisten und die OP-Pfleger.
Hospital in finanzieller Not
Dr. Annemarie Schraml unterstreicht die gute Zusammenarbeit mit diversen Einrichtungen und mit Goodluck Pallangyo: Der Physiotherapeut in Usa River hat bis nach Tanga am Indischen Ozean ein Netzwerk von Klumpfußeinheiten aufgebaut: Dort werden Fehlstellungen konservativ behandelt – eingegipst und stufenweise korrigiert, wie Dr. Annemarie Schraml auf Nachfrage erläutert. Sie verweist in der Mitteilung außerdem auf die angespannte wirtschaftliche Situation des Nkoaranga-Krankenhauses: Es sei in finanzielle Not geraten, weil Patienten ihre Rechnungen nicht bezahlen können und auch eine Versicherung nicht erstattet. "Hilfreich war, dass vom Feuerkinderteam viele erforderliche Materialien mitgebracht worden waren und jeder Mitarbeiter für die während des Einsatzes geleistete Mehrarbeit eine Sondergratifikation erhielt."
Fortschritte macht der Neubau der Geburtshilfe-Station und der English-Medium-School in der Nähe des Hospitals. Im Januar soll für die erste Klasse der Unterricht beginnen. Es werden Schulpatenschaften für arme Kinder gesucht: Die Kosten für ein Jahr betragen 400 Euro. In Anwesenheit der Klinikleitung, der Handwerker, der Diözesanleitung und einiger Pastoren segnete Bischof K.E.Nasari den Rohbau der Geburtshilfe, die bis März fertiggestellt sein soll. Hilfreich waren die Stricksachen und die im Land gekauften T-Shirts, die jedes der meist sehr armen Kinder erhielt.
Den ersten Tag in Tansania nutzte das Team für einen Besuch bei der Zilper-Foundation im 200 Kilometer entfernten Babati. In der von Letion Lucas Marari gegründeten Einrichtung werden arme Kinder mit Handicap aus entlegenen Gegenden aufgenommen und einer medizinischen Behandlung zugeführt – dieses Mal 19 Kinder und Jugendliche. Als er sie wieder abholte, erhielt Marari eine finanzielle Unterstützung für eine Erweiterung des Hauses, in dem die Kinder in beengten Verhältnissen leben.
"Feuerkinder"-Team und Spendenkonto
- Das Team: Dr. Stephan Oehler (Chefarzt Orthopädie und Unfallchirurgie Schwabach, früherer Kollege von Dr. Annemarie Schraml), Dr. Tanja Leyh (Assistenzärztin Klinikum Bamberg), Dr. Dominic Reinhart (Assistenzarzt Uni Dresden), Marion Belzner, Sabine Bourges-Frei, Miriam Cervenka (OP-Schwestern), Alexander Weiß (Physiotherapeut Mitterteich), Dr. Rolando Rossi (Anästhesist, Notfallmediziner) Annemarie Rossi (Intensivschwester). Grace Ayoo-Küfner (Schwester aus Tansania)
- Spendenkonto: Projekt Feuerkinder, EB Kassel/BIC: GENODEF1EK1, Iban: DE53 5206 0410 0103 5099 82
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