Waldsassen
28.06.2019 - 10:45 Uhr

Schützenhalle mit Kuppelturm

Auf eine 500-jährige Geschichte kann die Königlich privilegierte Schützengesellschaft 1519 Waldsassen zurückblicken. Eine wichtige Rolle in der Stadt spielte einst eine markante Schützenhalle.

Die ehemalige Schützenhalle mit ihrem markanten Kuppelturm wurde im Jahr 1910 errichtet und 1920 zur Turnhalle umfunktioniert, ab 1927 diente sie als Wohnbaracke. Archivbild: Robert Treml/exb
Die ehemalige Schützenhalle mit ihrem markanten Kuppelturm wurde im Jahr 1910 errichtet und 1920 zur Turnhalle umfunktioniert, ab 1927 diente sie als Wohnbaracke.

Um 1866, also noch zu Zeiten der Bürgerwehr, musste man vom Schützenplatz im Klostergarten zurückkehren auf den angestammten Schießplatz in der heutigen Schützenstraße. Hier errichtete man zunächst eine Halle aus Holz, die 1899 zu einer gemauerten Schießhalle umgebaut wurde. So hoffte man, nun allen Anforderungen gerecht zu werden. 1904 wurde die Anlage noch mit einem neuen Schießwall ergänzt.

Als 1909 bekannt wurde, dass Waldsassen im Sommer 1910 das 11. Oberpfälzer Bundesschießen ausrichten sollte, entschloss man sich, die Anlage um eine neue Schießhalle mit sechs weiteren Schießständen zu vergrößern, um genügend Platz zu haben für den zu erwartenden Ansturm von rund 300 auswärtigen Schützen. Den Plan fertigte Baumeister Max Born, selbst ein begeisterter Schützenbruder. Die Ausführung mit Fachwerk, Verschalung und Verputz sollte 3300 Mark kosten. Der Bauauftrag wurde einem weiteren Schützenbruder, Baumeister Franz Kassecker, übertragen. Als markantes Symbol erhielt die neue Halle an der Vorderseite einen zweigeschossigen Rundturm mit fünf Fenstern, bekrönt von einer kleinen Kuppel. Ende Juni 1910 konnte das große Fest mit 396 Schützen ordnungsgemäß über die Bühne gehen. Letztlich hatte der Bau 3600 Mark verschlungen, wobei eine Restschuld offen blieb.

Nach der Rückkehr der Schützenbrüder aus dem Ersten Weltkrieg ergaben sich Überlegungen zum weiteren Schicksal der Festhalle, die eigentlich nur Kosten verursachte und letztlich entbehrlich war. So entschloss sich die Schützengesellschaft, die Halle zu verkaufen. Als Interessenten traten dabei Baumeister Max Born und der Turnverein Waldsassen von 1886 auf. Die beiden arrangierten sich umgehend. So kam es, dass die Halle im Sommer 1920 für 7000 Mark an den Turnverein verkauft und wenig später auf den Turnplatz an der Egerer Straße transferiert wurde, um hier als Vorläufer der späteren Turnhalle gute Dienste zu leisten. An diesem Standort wurde die Halle auch einmal fotografiert und damit bildlich der Nachwelt erhalten. Nach der Errichtung der neuen Turnhalle stand die ehemalige Schützenhalle 1927 erneut zur Disposition.

Da der Waldsassener Stadtrat unter dem Vorsitz des rechtskundigen Bürgermeisters Josef Hierl vor der Notwendigkeit stand, sich um die Unterbringung von Obdachlosen und anderen Bedürftigen in der Klosterstadt zu kümmern, entschloss man sich, die frühere Schützenhalle als Wohnbaracke für 3000 Reichsmark vom Turnverein anzukaufen. "Nach eingehender Aussprache bezüglich des in Betracht kommenden Platzes wurde mit 8 gegen 8 Stimmen bei Stimmentscheid des Bürgermeisters festgelegt, dass der Gemeindegrund an der Neualbenreuther Straße als Aufstellungsplatz infrage kommt", hieß es in der "Grenz-Zeitung".

Bei diesem Gemeindegrund handelte es sich um eine frühere Sandgrube am Neualbenreuther Berg. So kam es, dass die Halle ein zweites Mal "auf Wanderschaft" ging und in der Neualbenreuther Straße als Wohnbaracke Aufstellung und Verwendung fand und entsprechend ausgebaut wurde, wobei sich später die Bezeichnung "Stadtvilla" eingebürgert hat. Als Ende der 1950er Jahre die Wohnungsnot abebbte und sich die besagte Wohnbaracke schon recht verschlissen präsentierte, entschloss sich die Stadt, die einstige stolze Halle abzubrechen. Damit ging auch eine bemerkenswerte Episode in der Geschichte der Klosterstadt zu Ende.

 
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