Bereits zur Pause überschlugen sich die positiven Kritiken: Vom "besten Konzert überhaupt" war Petra Graf aus Fuchsmühl überzeugt. „Das übertrifft einiges“, schwärmte der Stammgast beim Kammermusikkreis. Klaus Kupke aus Wiesau sprach gar von „Weltklassemusik“ und, dass die Violinistin Yamei Yu und der Klaviervirtuose Wolfram Rieger in die Philharmonie Hamburg gehören. Auch Jeff Beer, Künstler und Musiker aus Gumpen, ließ sich vollends überzeugen. Kein Wunder also, dass der Sonatenabend im Harmoniesaal des Abtschlosses in Waldsassen ausverkauft war. Der Kammermusikkreis als Veranstalter hat mit dieser Konzertbesetzung wieder beste Wahl getroffen.
Dem Vater gewidmet
Nun sind die Chinesin und der gebürtige Waldsassener keine Unbekannten in der Klosterstadt. Früher, berichtete Yamei Yu, seien sie öfter hier aufgetreten. Nach dem Tod von Otto Rieger, Vater von Wolfram, sei der Kontakt zu Waldsassen weniger geworden. Yamei Yu und Wolfram Rieger kamen gern in diesen Tagen. Sie widmeten das Konzert mit Titel „Märchen und Mythen“ dem Vater, der heuer 88 Jahre alt geworden wäre.
Der exquisite Abend begann mit der Sonate für Violine und Klavier Nr. 7 c-Moll op. 30 Nr. 2 von Beethoven. Yamei Yu und Rieger stiegen sogleich rasant ins Programm ein mit Steigerungen, die umgehend zum ersten großen Applaus führten. Erklärungen zur Sonate ließen durchklingen, wie Beethovens Werk mit dem Themenabend harmoniert. Lachend erklärte Rieger, Beethoven habe dieses Stück für den Zaren Alexander geschrieben, weil es ums Geld ging. „Er musste etwas verdienen und bediente gern liquide Kunden.“ Dass einige Parts mitunter für die Zuhörer schwierig seien, habe den Komponisten nicht abgehalten, sie dennoch zu schreiben. Weiter ging es mit einer Sonate des Franzosen Maurice Ravel. Hier kamen Blues und Hardrock ins Spiel. Was das mit Klassik zu tun hatte, davon durfte sich das Publikum gern beim etwas anderen Ohrenschmaus selbst überzeugen.
300 Jahre altes Instrument
1730 wurde Yamei Yus Violine von dem venezanischen Geigenbauer Matteo Goffriller erschaffen. Über das beinahe 300 Jahre alte Instrument erzählt die Musikerin, dass sie zuerst an der Staatsoper München auf einer Stradivari mit bayerischem Wappen aus dem Orchester-Fundus von König Ludwig II. spielte. „Aber ich konnte sie nicht mitnehmen, als ich dort ging“, seufzte sie. Sie fand später über einen Mäzen aus der Stahlindustrie das geeignete Instrument in Italien. Yamei Yus Violine ist 250 Jahre älter als sie und wurde noch vor Beethoven (1770-1827) „geboren“. Eine große Verantwortung: Einmal, berichtete Yamei lachend aus ihrem Musikerinnenleben, habe sie leihweise auf einer 400 000-Dollar-Violine gespielt. „Da konnte mein Mann nicht mehr schlafen.“ Zum Umgang und zur Pflege ihrer Goffriller erklärte sie, hohe Sorgfalt sei erforderlich. Sie müsse unbedingt trocken gehalten werden. Yamei: „Es gibt eine Regel. Wo sich Menschen wohl fühlen, fühlt sich auch das Instrument wohl.“
Teil drei im Konzert war dem Komponisten César Franck gewidmet. Dessen Sonate drehte sich um Liebe. Franck hat sich seine eigene Hochzeitsmusik geschrieben. Sehr verliebt klang dies in den Ohren der Zuhörerinnen und Zuhörer, die diesmal zudem einen Augenschmaus bekamen dank der völlig in die Musik vertieften, hochkonzentriert, aber gleichzeitig gelöst-verträumten Interpretin. Mit opulentem Applaus und einer Zugabe von Schumann endete der schöne Abend.
Yamei Yu und Wolfram Rieger
- Die 50-jährige Yamei Yu kommt aus China, studierte Musik unter anderem in China und Deutschland und konzertierte mit Dirigenten wie Ivor Bolton, Lord Yehudi Menuhin, der vor vielen Jahren ein Konzert in der Basilika dirigierte, Uli Schirmer und anderen.
- Seit 2009 lehrt sie als Professorin an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf und leitet eine Violin-Klasse.
- Wolfram Rieger hat Wurzeln in Waldsassen, studierte an der Hochschule für Musik München und absolvierte zahlreiche Meisterkurse.
- Er leitete an der Musikhochschule eine eigene Liedklasse und übernahm 1998 eine Professur für Liedgestaltung an der Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Rieger ist weltweit unterwegs und hält zudem Interpretationskurse in Europa und Japan.
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