Waldthurn
03.12.2018 - 13:08 Uhr

Kripperl im alten Kasten

Ein Umzug nach Waldthurn? Kein Problem. Aber nur mit einem besonderen Schrank im Gepäck. Darüber verhandelt die Pfarrköchin Elisabeth Kodalle nicht. Zurecht. Denn dieser Schrank ist ein besonderer.

Die Aufnahme stammt vom letzten Jahr: Elisabeth Kodalle vor ihrer Schrankkrippe kurz nach Weihnachten. Die Szene zeigt das Jesuskindlein in der Krippe. Bild: fvo
Die Aufnahme stammt vom letzten Jahr: Elisabeth Kodalle vor ihrer Schrankkrippe kurz nach Weihnachten. Die Szene zeigt das Jesuskindlein in der Krippe.

Seit dem 1. September 2017 ist Kodalle eine Waldthurnerin. Zusammen mit Pfarrer Norbert Götz ist sie als Pfarrhaushälterin in den Pfarrhof der Pfarrei St. Sebastian eingezogen. "Ohne diesen Schrank wäre ich nicht mitgekommen", erklärte die unternehmungslustige Frau amüsiert und meint damit ihren einmaligen Bauernschrank, dessen Inhalt eine "Weihnachtskrippe im Wandel" ist. Schon eine Woche vor Adventsbeginn dekoriert sie alljährlich den "alten Kasten".

"Als ich hörte, dass Pfarrer Götz die Pfarrstelle in Waldthurn antritt, fuhr ich natürlich mit in die neue Heimat", erzählte die Pfarrköchin. "Schon beim ersten Besuch hatte ich einen Meterstab dabei, um auszumessen, wo der Bauernschrank platziert werden könnte." Schnell war klar: Der Eingangsbereich passte.

Das alte Möbelstück hatte sie Mitte der 90er Jahre zu Wutschdorfer Zeiten aus einer alten Scheune beim Pfarrhof gerettet. Eigentlich sollte das damals arg ramponierte Stück entsorgt werden. Zusammen mit dem damaligen Wutschdorfer Mesner holte sie den aus zwei Teilen bestehende Schrank aus der Scheune. Lediglich ein alter Hut und ein alter Talar hingen darin. Reinhold Escherl, ein unter dem Namen "Esch" bekannter Laienschauspieler und genialer Brandner-Kaspar-Darsteller, trug diese Kleidungstücke später bei seinen Auftritten auf der Freudenberger Bauernbühne.

Die Pfarrköchin restaurierte den alten Schrank. Während der krippenfreien Zeit bewahrt sie darin Weihnachtssachen auf. Im Advent zieht nach und nach Leben ein, die Schranktüren werden ausgehängt und hinter dem alten Kasten versteckt. Zu Beginn der Fastenzeit werden sie wieder eingehängt und verschlossen.

Die Besonderheit ist, dass sich die Schrankkrippe von Advent bis zur Fastenzeit mehrfach verändert. Zum ersten Advent wird die Verkündigung der Geburt Jesu durch einen Engel an Maria gezeigt. Zirka eine Woche vor Weihnachten wird die Herbergssuche dargestellt. Zu diesem Zeitpunkt steht zwar schon der selbstgebaute Stall im Schrank, die Stalltüren sind aber verschlossen. "Nach der Kinderchristmette am Heiligen Abend eile ich sofort zum Schrank und nehm die Türln am Stall weg", erzählte Kodalle. Das Jesuskindlein liegt nun in der Krippe. Am 6. Januar kommen die heiligen drei Königen hinzu. An Mariä Lichtmess, 2. Februar, wird in die Krippe ein Tempel gestellt. Später, bei der "Flucht nach Ägypten", sitzt die Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm auf einem Esel, den Josef führt.

Zum ersten Mal richtete Kodalle die Schrankkrippe 1995 im Wutschdorfer Pfarrhaus ein. Eines Tages fand die Pfarrköchin um die Weihnachtszeit in der Krippe zwischen Josef und Maria eine gebrauchte Spritze. Pfarrer Götz konnte das Rätsel schnell lösen. Beim Wutschdorfer Pfarrball, der nebenan gefeiert worden war, hatte jemand einen Schwächeanfall erlitten und war deshalb ins Pfarrhaus gebracht worden. "Ich hatte gar nicht gehört, dass der Pfarrer jemand ins Pfarrhaus gelassen hat", erinnerte sich Kodalle. Ein Arzt hatte der Patientin die Spritze verpasste und versehentlich in der Krippe abgelegt.

Die Pfarrhaushälterin Kodalle ist handwerklich begabt. In Wutschdorf besuchte sie zu Beginn ihrer "Krippenkarriere" einen Kripperlkurs. Den Stall der Schrankkrippe hat sie etwas größer gebaut, damit die 18 Zentimeter großen Figuren hineinpassen.

Vor über 20 Jahren hatte sie sich mit ihrer Schrankkrippe bei einem Gewinnspiel der Amberger Zeitung beteiligt und unter knapp 70 Einsendern den ersten Preis geholt. Das Votum fiel auf die gebürtige Kümmersbruckerin, weil sie aus einer an sich klassischen Krippe eine ganz ausgefallene Weihnachtsdekoration kreiert hat, indem sie ihre Figuren samt Zubehör in den alten Bauernschrank einquartiert.

Elisabeth Kodalle öffnet pünktlich zu Beginn des Advents ihren Bauernschrank und dekoriert ihre Schrankkrippe mit der "Verkündigung zur bevorstehenden Geburt Christi" Bild: fvo
Elisabeth Kodalle öffnet pünktlich zu Beginn des Advents ihren Bauernschrank und dekoriert ihre Schrankkrippe mit der "Verkündigung zur bevorstehenden Geburt Christi"
Info:

Die Kümmersbruckerin Elisabeth Kodalle ist gelernte Verkäuferin und arbeitete später bei Grundig und bei Rosenthal in Amberg. Pfarrer Norbert Götz war auf der Suche nach einer Pfarrköchin: "Beim Anruf des Pfarrers hab' ich keinen Tropfen Blut gegeben und war verwundert, warum er gerade auf mich kommt." Der Geistliche hatte gehört, dass sie gut kochen könne und zur Kirche gehe.

Seit September 1993 war Götz Pfarrer in Wutschdorf, am 1. Januar 1994 begann Kodalle ihren Dienst im Pfarrhaus. Bei Gesprächen hatten Kodalle und ihr neuer Chef schnell festgestellt, dass sie eine Gemeinsamkeit haben: den Blick zum Amberger Mariahilfberg. "Ich bin auf der einen Seite, der Pfarrer auf der anderen Seite des Mariahilfbergs aufgewachsen, den jeder schon als Kind aus verschiedenen Blickrichtung sehen konnte".

Die Szene: "Verkündigung zur bevorstehenden Geburt Christi" ist bis zirka eine Woche vor Weihnachten in der Schrankkrippe zu sehen. Bild: fvo
Die Szene: "Verkündigung zur bevorstehenden Geburt Christi" ist bis zirka eine Woche vor Weihnachten in der Schrankkrippe zu sehen.
 
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