Weiden in der Oberpfalz
12.11.2024 - 17:02 Uhr

18 weitere Stolpersteine erinnern in Weiden an Holocaust-Opfer

Im Stadtgebiet wurden am Dienstag an acht weiteren Stellen Gedenksteine für 18 von den Nationalsozialisten ermordete jüdische Menschen aus Weiden verlegt. Aus Israel und Frankreich reisen auch Angehörige an.

Schüler des Kepler-Gymnasiums verlegten am Dienstag in der Weidener Innenstadt 18 Stolpersteine, die an die Ermordung Weidener Juden durch die Nationalsozialisten erinnern sollen. Die zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten auf den Pflastersteinen stehen Pate für die Schicksale von Frauen, Männern und Kindern. In den vergangenen zwei Jahren wurden bereits 28 Stolpersteine im Stadtgebiet verlegt. Längst wurde auf diese Weise noch nicht allen Opfern gedacht.

Die Verlegestellen liegen dicht beieinander. Ludwig Wittmann, Schüler der Klasse l1 a, verlas vor dem Haus der Max-Reger-Straße 18, in dem sich heute das City-Center befindet, die Geschichte von Ernestine und Gustav Rebitzer und Johanna Boscowitz, Inhaber der damaligen Schuhfabrik "Salix". Sie gerieten, wie damals so viele Familien, wegen ihres Glaubens ins Fadenkreuz der Nationalsozialisten und wurden deportiert.

Erinnerung bewahren

Klassensprecher Cristiano Goncalves erzählte, wie seiner Klasse erst bei einer Fahrt nach Auschwitz die Verbrechen der Vorfahren so richtig bewusst geworden seien. "Als unser Geschichtslehrer Tobias Wagner Anfang des Schuljahres auf uns zukam und anbot, wir könnten die Stolpersteine verlegen, waren wir dankbar, dieses Ereignis zu unterstützen." Sein großer Dank galt auch Historiker Dr. Sebastian Schott vom Stadtarchiv Weiden, der auf die Kepler-Schüler zukam. "Für uns ist es eine Herzensangelegenheit, zum Gedenken beitragen zu dürfen, die Geschichte dieser Menschen ans Licht zu bringen und für die zukünftige Generation zu bewahren."

"Uns freut es, dass das hier ein Ereignis für die ganze Schule ist", unterstrich Pfarrer Alfons Forster von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Damit meinte er nicht allein nur die Beteiligung an der Verlegung. "Sondern, dass sich eine Schulklasse mit dieser Thematik befasst hat." Auf diese Weise hätten die Schüler viele Unterlagen durchforstet. "Und mich freut es, dass diese Aufarbeitung nicht nur Historie ist, sondern vergegenwärtigt werden kann."

"Es ist zum Weinen. Wenn man hört, dass sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens ermordet wurden von den Nazis, dann ist das eine anonyme Zahl", sagte Bürgermeister Lothar Höher. Aktionen wie diese würden die Opfer dieser Verbrechen aus ihrer Anonymität holen. "Wenn Sie den Namen hören und dann auch noch die Adresse, dann sehen Sie, dass das keine anonymen Menschen waren, sondern unsere Nachbarn, die ermordet worden und verschwunden sind", sagt Höher zu den Anwesenden. Deshalb diese Stolpersteine: "Sie sind wichtig, weil sie gegen das Vergessen sind."

Zur Verlegung waren auch drei Angehörige der Familien Rebitzer und Boscowitz aus Israel angereist. Für die Familie Kohner wohnten zehn Nachkommen aus Frankreich der Zeremonie bei. Alan Pinkus, der Enkel von Johanna Boscowitz und Großneffe von Gustav Rebitzer, dankte auch im Namen seiner mitgereisten Schwester und seines Schwagers, allen hier in Weiden, die diese Gedenkfeier ermöglicht hätten. Er wisse nur wenig über all jene Menschen, denen hier und heute gedacht werde. Kennen würde er nur die Geschichte seiner Verwandten, über die er reden wolle. 1881 sei die Familie aus Floß zugewandert. Sein Urgroßvater Jacob habe dort die Synagoge mitgegründet. In der Weidener Max-Reger-Straße betrieb die Familie seit den 1920er Jahren einen Schuhladen. 1942 wurde sie deportiert.

Im Anschluss an die Verlegung der beiden Stolpersteine für Johanna Boscowitz und Gustav Rebitzer vor dem City-Center wurden 16 weitere verlegt. Insgesamt sind es damit in Weiden 46 Gedenksteine, die an jüdische Opfer des Holocaust erinnern.

OnetzPlus
Weiden in der Oberpfalz14.10.2022
Hintergrund:

18 neue Stolpersteine

  • Seit 2022 wurden 28 Stolpersteine verlegt.
  • 2024 kommen 18 weitere dazu:
  • Johanna Boscowitz und Gustav Rebitzer, Max-Reger-Straße 18
  • Erna Anna Wilmersdörfer, Selma Wilmersdörfer und Walter Wilmersdörfer, Max-Reger-Straße 13
  • Ernestine Kohner, Johannisstraße 17
  • Karl Kohner, Rosa Kohner und Siegfried Kohner, Sedanstraße 8
  • Kettelerstraße 1 für Meier Friedmann
  • Elisabeth Kohner, Irma Kohner und Adolf Kohner, Kettelerstraße 3
  • Babette Lebrecht, Kettelerstraße 11
  • Alfred Steiner, Wally Steiner, Irma Spitz und Ewald Oskar Schmidt, Pfannenstielgasse 8
 
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