Von Rechtsanwalt Christoph Scharf
Fachanwalt für Medizinrecht
Die Schwierigkeit des Patienten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei vermuteten Behandlungsfehlern besteht regelmäßig darin, dass er den Behandlungsfehler, den Schaden und dessen Kausalität lückenlos beweisen muss.
Dieser Grundsatz wird durchbrochen, wenn sich ein sog. "voll beherrschbares Risiko" verwirklicht hat. Diese Regelung, ist jetzt im Patientenrechtegesetz verankert – § 630 h Abs. 1 BGB. Stammt also ein Schaden aus einem Bereich, dessen Gefahren ärztlicherseits voll beherrscht werden, so muss die Behandlungsseite darlegen und beweisen, dass sie alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrungen ergriffen hatte, um das Risiko zu vermeiden.
Die erste Frage nach einem Behandlungsfehler ist deshalb häufig, ob sich ein voll beherrschbares Risiko verwirklicht haben kann. Die Rechtsprechung hat Fallgruppen für die Hauptanwendungsbereiche entwickelt: Ein Behandlungsfehler wird vermutet beim Einsatz funktionsuntüchtiger oder defekter medizinischer Geräte, z.B. eines Narkosegeräts, Röntgengerät mit überhöhter Strahlung, Verabreichung unsteriler Infusionsflüssigkeit, unreines Desinfektionsmittel. Hierunter fällt auch das Zurücklassen von Fremdkörpern im Operationsbereich, wie Schere, Tupfer oder Tücher. Gleiches gilt, wenn ein erheblich sturzgefährdeter Patient ohne Hilfe und Beaufsichtigung des Personals auf die Toilette gelassen wird und hierbei stürzt.
Grenzwertig ist der Sturz aus dem Krankenbett zu beurteilen, wenn es vorher keine Anhaltspunkte für eine derartige Eigengefährdung gab. Andernfalls muss ein Bettgitter angebracht werden. Einen breiten Raum in der Rechtsprechung nehmen Schäden sein, die durch eine falsche intraoperative Lagerung eintreten, weil es hier schon nach kurzer Zeit zu Nervschäden kommt. Dieses Risiko ist für Ärzte und Pflegepersonal in der Regel voll beherrschbar.
Die Beweislastumkehr bei einem eingetretenen Schaden trotz voll beherrschbarem Risiko reiht sich deshalb als dritte Möglichkeit der Erleichterung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen ein, neben der Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler oder fehlender Dokumentation der vorgenommenen Behandlung. Anwaltliche Beratung ist deshalb angezeigt.
Christoph Scharf
Rechtsanwalt,
auch Fachanwalt für Medizinrecht
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