Weiden in der Oberpfalz
26.11.2024 - 17:23 Uhr

Ausstellung im Alten Schulhaus zeigt "Weiden in den 1920er Jahren"

Wie war es in Weiden vor 100 Jahren? Dies beantwortet eine Ausstellung im Alten Schulhaus. Bei der Eröffnung zieht Oberbürgermeister Jens Meyer Parallelen zur Gegenwart.

Oberbürgermeister Jens Meyer sieht eine Verbindung. Beim Einlesen in die Ausstellung "Eine Stadt im Umbruch - Weiden in den 1920er Jahren" im Alten Schulhaus sei es ihm eiskalt den Rücken runtergelaufen, erzählte er am Montagabend bei der Eröffnung. "Die 1920er Jahre waren eine Zeit der großen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krisen", sagte er. "Ist es ein Tippfehler, dass es die 1920er Jahre sind? Oder waren die 1920er Jahre vielleicht eine Blaupause für die 2020er Jahre?" Die Krisenfülle sei momentan dieselbe.

"Eine Insolvenz jagt die andere im Moment. Denken Sie zurück an Corona, als sich Menschen ihr eigenes Weltbild zusammenbauten." Die zielgenau gelenkte Meinungsbildung finde heute in der Luftblase eines Handys statt. "Da macht man sich schon Gedanken, ob es Parallelen gibt zu den 1920er Jahren. Wir sollten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben."

Ein zeitgenössisches Motorrad, ein Grammophon und passende Faschingskostüme: Sebastian Schotts erste eigene Ausstellund als Leiter des Stadtmuseums besteht aus zwei Teilen: Der eine beleuchtet die Krisenjahre 1920 bis 1923 und ab 1929. Der andere die Goldenen Zwanziger von 1924 bis 1928.

Sein Referat begann er mit der Schilderung der Niederlage im Ersten Weltkrieg, die sich auch in Weiden auswirkte. Schott sprach von einer verbitterten, traumatisierten Generation junger Männer mit unvorstellbaren Fronterlebnissen und der Einsicht, dass alles vergebens war. Bezeichnend dafür ein großes Schwarz-Weiß-Foto, das die Moosbürger Holzhauskolonie, eine Barackensiedlung, zeigte.

Auch hier habe es Menschen gegeben, die Bayern nach der Niederschlagung der Räterepublik zur rechten Ordnungszelle des Reiches machen wollten. "Am 14. Dezember 1922 wurde die zweitälteste Ortsgruppe der NSDAP in Weiden gegründet." Höhepunkt dieser Entwicklung: Der Deutsche Tag 1923 in Weiden. Nach dem Hitlerputsch habe Bürgermeister Melchior Probst die Anhänger der "schurkischen Verräter Hitler und Ludendorff" in Weiden verhaften lassen. Die Hyperinflation habe ein Ende gefunden und bis 1928 schien die Republik die Krise überwunden zu haben.

Wirtschaftliche Not, Firmenzusammenbrüche, wie die Porzellanfabrik Bavaria Ullersricht, die ungelöste Reparationsfrage und die mangelhafte Arbeitslosenunterstützung hätten die demokratischen Parteien 1930, eingekeilt zwischen extremer Rechtet und Linker, zur Minderheit demontiert. "Dazwischen lagen die goldenen 20er Jahre." Auch in Weiden. Schott bezeichnete diese Phase als kurze Scheinblüte und einen Tanz auf dem Vulkan. Er erzählte aber auch von Fortschritt und Innovation, von Frauenemanzipation (Weidens erste Stadträtin Antonie Vierling und Deutschlands erste Rechtsanwältin Maria Otto) und einer boomenden Wirtschaft und Mode.

"Weiden zeigte in dieser Zeit in mancherlei Hinsicht einen geradezu großstädtischen Charakter, wie ein Werbefilm von 1926 zeigt." Auch sei angelaufen. "Die Weidener Porzellanfabriken trugen dem Geist der Moderne mit ihren Entwürfen und ihren Dekoren Rechnung." Aber, dass die 1920er Jahre und ihr Geist bis heute dauerhaften Niederschlag in Weiden gefunden habe, sei nicht zuletzt das Verdienst von Stadtbaumeister und Stadtbaurat Josef Linhardt, der 33jährige 1920 sein Amt angetreten habe. Er habe das Stadtbild Weidens durch seine künstlerische Kreativität geprägt. Die beiden wichtigsten Werke: Wohnanlage Heimgarten und Schweigerstraße. Die Ausstellung mit zahlreichen Exponaten ist noch bis zum 30. Mai 2025 bei freiem Eintritt zu sehen.

 
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