Weiden in der Oberpfalz
21.11.2024 - 08:19 Uhr

Zu Besuch beim Nachwuchs-Training des EV Weiden

Eishockey erlebt derzeit in Weiden einen riesigen Aufschwung. Der EV Weiden fördert Kids von 4 bis 20 Jahren.

Donnerstag am späten Nachmittag in der Hans-Schröpf-Arena: Dort, wo normalerweise Tomas Rubes, Fabian Voit, Luca Gläser und Co. in der zweiten Deutschen Eishockey-Liga (DEL2) auf Torejagd gehen, tummeln sich gerade rund 30 Mädchen und Buben von 4 bis 9 Jahren auf dem Eis. Fünf Trainer und Betreuer leiten die Kids an, geben lautstarke Anweisungen und unterbrechen die Trainings-Session immer wieder, um dem Nachwuchs zu sagen, was gut war – und natürlich auch, was sie nicht so toll gemacht haben.

Ansonsten ist das Eisstadion in der Raiffeisenstraße fast schon gespenstisch ruhig und leer, im Vergleich zum ohrenbetäubenden Lärm von den Rängen, wenn die erwachsenen Cracks dem Puck hinterherjagen.

Lediglich rund ein Dutzend Mamis und Papis haben sich im Sitzplatzbereich der Arena niedergelassen und verfolgen gespannt, aber gelassen die durchaus schon beachtlichen Leistungen ihrer Schützlinge auf dem gefrorenen Untergrund.

"Entscheidend, was die erste Mannschaft macht"

Weiden erlebt derzeit einen regelrechten Eishockey-Boom. Kein Wunder, blickt man auf die herausragenden Leistungen der Blue Devils in der vergangenen Saison – mit Oberliga-Meisterschaft und Aufstieg in die DEL2. "Es ist immer entscheidend, was die erste Mannschaft macht", freut sich Jens Maschke, Abteilungsleiter Nachwuchs beim EV Weiden, über den derzeitigen regen Zulauf. Vor allem bei den Kleinsten. Die beginnen in der Regel mit der Laufschule, wo sie unter professioneller Anleitung erst einmal das Schlittschuhlaufen von der Pike auf lernen.

Dass die Kids schon so früh aufs Eis sollen, macht Sinn. Denn wer im Vereins-Eishockey mitspielen will, der müsse früh anfangen, betont Maschke. Bereits zwischen vier und sechs Jahren müssen die Kids diese Fähigkeit lernen beziehungsweise in eine der niedrigsten U-Mannschaften integriert werden, sonst ist der Traum vom Vereins-Eishockey auch schon wieder ausgeträumt.

Wenn beispielsweise ein hochmotivierter 13-Jähriger ohne Eislauf-Erfahrung vor der Tür steht und einsteigen will, müsse man ihn leider wieder wegschicken. "Der hat keine Chance", sagt Maschke. Eigentlich logisch: Der hätte gegenüber einem Gleichaltrigen, der bereits seit neun Jahren dem Puck hinterherjagt, einen so riesigen Nachteil, den er nie wieder aufholen kann.

Wen aber dennoch erst im späteren Kindes- oder im Teenager-Alter die Eishockey-Lust packt, für den ist der Zug immerhin noch nicht gänzlich abgefahren. "Wir vermitteln Späteinsteiger gerne zu Hobbymannschaften wie den ,Puckbusters' weiter", erklärt der Abteilungsleiter.

"FUNino" auf glattem Untergrund

Zurück zum Training in der Eishalle. "Auf geht's, hopp", feuert Co-Trainer Michael Pastika ein Mädel des U9Teams mit einem langen Zopf und einen Jungen, ihren Gegenspieler, an. Die beiden legen sich voll ins Zeug, sprinten in voller Eishockeymontur samt Schläger und Puck los, skaten eine lange Kurve. Dann ein kurzer Zweikampf um den Puck, der mit einem satten Schuss aufs Tor abgeschlossen wird. "Gut gemacht", lobt der Coach – und weiter geht's mit dem nächsten Pärchen.

Im anderen Eck der Hans-SchröpfArena, direkt vor den Stehplatz-Rängen, aus denen normalerweise die Blue-Devils-Fans ihr Team anfeuern und den Gegnern die Hölle heiß machen, läuft gerade ein Spielchen auf vier Tore: Vier Nachwuchs-Cracks im weißen Shirt gegen vier "Blaue". U7-Coach Dennis Bodensteiner, der das Match an der Seite genau verfolgt, hat einfach "FUNino", die neue und revolutionäre Spielform aus dem Nachwuchsfußball, für sein Eishockeyteam adaptiert, wie er erzählt. Der Effekt soll der gleiche sein wie bei den Kickern: mehr Puckbesitz, mehr Erfolgserlebnisse, Verbesserung der Spielintelligenz.

Gänzlich unbefangen auf dem Eis

Doch aller Anfang ist wie schon gesagt das Schlittschuhlaufen. Seine Laufschule bietet der EV Weiden immer mittwochs von 17 bis 18 Uhr und samstags von 10.45 bis 11.45 Uhr an. Derzeit versuchen sich hier seit einigen Wochen rund 45 Kinder. "Und das, ohne dass wir dafür Werbung gemacht haben. "Früher war da im September noch keiner", erinnert sich Maschke an die Zeiten, in denen die "Erste" in der Oberliga Durchschnitt war. Damals habe man erst reichlich die Werbetrommel für die Eislaufschule rühren müssen, um ein paar Kids in die HansSchröpf-Arena zu locken.

Das Bambini-Alter, in dem die Kleinen genau ins Anforderungsprofil der EVW-Verantwortlichen passen, ist laut Maschke auch deshalb so ideal, weil die Mädels und Buben da noch keine Angst hätten und gänzlich unbefangen auf dem Eis loslegten.

Spielerisch in den Sport hineinwachsen

"Die Laufschule ist unabdingbar", betont auch Dennis Bodensteiner, der sich hauptsächlich darum und um die U7-Spieler kümmert, denen er erst kürzlich liebevoll den Team-Namen "Eisteufelchen" verpasst hat.

Wer beim Eishockey nicht so gut Schlittschuhlaufen kann, für den sei die Karriere weit entfernt, erklärt der Coach der Jüngsten. Allerdings stehen dafür Leistungsdruck und hartes Training in diesem Alter völlig außen vor. "Bei uns geht es vor allem darum, Spaß an dem Sport zu haben", unterstreicht Bodensteiner. Die Kinder sollen sich erst einmal an den für sie neuen, glatten Untergrund sowie auch an den Trainingsbetrieb gewöhnen und spielerisch in den Sport hineinwachsen.

Helm richten und weitermachen

Nochmal zurück zur Übungsstunde in der Hans-Schröpf-Arena: Das Tormädel der U9 braucht kurz Unterstützung: Sie tritt durch die kleine Tür an der Bande zur Auswechselbank, wo sie eine Betreuerin sofort in Empfang nimmt. Grund für die kurze Auszeit: Der Helm sitzt nicht richtig und muss gerichtet werden. Eine Handvoll ehrenamtlicher Helferinnen unterstützen sowohl beim Training als auch bei den Spielen die Trainer bei allen Anliegen rund um das sportliche Geschehen: Schuhe binden, übrige Eishockeymontur an- und ausziehen, Nase putzen. Alles aber stets mit dem Ziel, dass die Kleinen solche Sachen baldmöglichst selbst hinbekommen, wie eine der freundlichen Helferinnen lächelnd betont.

Die Kleinsten, die zweimal pro Woche fleißig ihre Eislauf-Skills verbessern, können laut Abteilungsleiter Maschke in der Regel bereits nach ein paar Monaten in eines der Nachwuchsteams wechseln. Die hat der EVW komplett und teils mehrfach besetzt – von der U7 und der U9 über die U11, U13 und U15 bis hin zur U17 und U20 – übrigens immer Mädels und Jungs gemischt. Die Trainingsintensität nimmt natürlich mit wachsendem Alter zu: Während die U7 zweimal und die U9 dreimal pro Woche auf dem Eis steht, sind die 15-Jährigen und älteren auch schon fünfmal in der Woche bei Übungseinheiten gefordert. Alle Mannschaften werden von einem Trainerteam mit drei hauptamtlichen Coaches und rund einem Dutzend Betreuern und Co-Trainern angeleitet.

Je älter, desto höher die Ansprüche

Die Kleinsten besitzen übrigens noch keinen Spielerpass, müssen nur Mitglied im Verein sein und tragen spielerisch ihre ersten Matches gegen Teams aus Pegnitz, Selb oder Amberg aus. "Ohne Ergebnis, mit ganz viel Spaß im Vordergrund", wie Jens Maschke weiß. Je nach höherer Altersstufe wachsen natürlich dann auch die Ansprüche – an die Trainingsleistungen, die Resultate bei den Verbandsspielen und an die Entwicklung eines jeden einzelnen Spielers selbst. Dann entscheide sich auch, wer sich später mal im Vereins-Herrenbereich etablieren kann. Maschke: "Zwischen der U13 und der U15 merkst du, wo die Reise hingeht als Spieler."

Den EVW-Verantwortlichen geht es indes nicht nur um den Sport und die Chance, sich eigene Spieler in den Herrenbereich "hochzuziehen". "Wir wollen die Kids auch aufs Leben vorbereiten", erläutert Maschke eine andere Seite, einen weiteren Aspekt der Philosophie im Nachwuchsbereich. Dabei ginge es um Werte wie Disziplin, Kameradschaft und die Fähigkeit, im Team auch mal zurückzustecken.

"Hauptsache Sport"

Über allem aber thront: "Hauptsache Sport, das ist das Wichtigste für die Kinder, auch als Ausgleich zur Schule", sagt Maschke. Für ihn selbst steht bei all den interessanten Sportarten, die es sonst noch so gibt, immer Eishockey an oberster Stelle. Die Power, die Schnelligkeit, auch die Härte faszinierten den EVW-Funktionär schon immer.

Und: "Wenn du dein Kind zu uns schickst, dann kannst du davon ausgehen, dass es gesund aufwächst." Ein wichtiger Aspekt, gilt Eishockey doch bei vielen als überhart und brutal. Das wiederum findet Jens Maschke ganz und gar nicht – und kann das auch plausibel erklären. "Die Spieler sind im Nachwuchsbereich komplett geschützt." Zum einen gut gepolstert durch die Hockey-Montur, zum anderen durch den Helm mit Gitter, der Gesicht und Zähne komplett schützen würde.

"Ich bin jetzt seit 2008 dabei", blickt er zurück, "und in dieser Zeit hat es vielleicht drei bis vier schlimmere Verletzungen wie einen Armbruch gegeben". Im Normalfall holten sich die Kids vielleicht mal einen blauen Fleck, aber so was müsse man halt dann auch aushalten.

"Im Eishockey gibt es kein Talent"

Wie in vielen anderen Sportarten gilt im Eishockey das Motto: "Ohne Fleiß kein Preis". Dies bestätigt auch Nachwuchsleiter Maschke: "Wenn du im Eishockey was erreichen willst, musst du was tun." Das Gute daran aus seiner Sicht: "Im Eishockey gibt es kein Talent". Will heißen, du kannst und musst dir alles erarbeiten. "Auch wenn du nicht der Bewegungstalentierteste bist, kannst du dir das antrainieren. Jeder findet seine Rolle", ist der Experte überzeugt.

Dazu haben Jungs und Mädels fast das ganze Jahr über Gelegenheit: Zum Eistraining bittet der Verein seine Nachwuchs-Teufel von Anfang August bis Mitte April. Die Spiele für die U-Teams laufen von Mitte September bis Ende März. Danach sind lediglich drei bis vier Wochen eishockeyfreie Zeit, bevor es mit dem Sommertraining weitergeht. Auf den Sportplätzen des Kepler- und des Augustinus-Gymnasiums stehen Laufen, Bewegen, Fußball, Basketball und andere Sportarten auf dem Programm. Zudem in der Turnhalle Zirkeltraining sowie Übungen für Beweglichkeit und Kraft.

Und auch in die Hans-Schröpf-Arena geht es für die Kids in den warmen Monaten: Auf der Freieisfläche – allerdings noch ohne Eis – steht unter anderem Schusstraining auf dem Programm.

 
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