Weiden in der Oberpfalz
23.03.2020 - 16:25 Uhr

Bildung in der Krise: Webinar zum Coronavirus

Wenn ein Thema sonst so präsent ist wie derzeit das Coronavirus, gibt es reihenweise Vorträge. Das ist momentan nicht möglich. Die Volkshochschule Weiden-Neustadt hat die Lösung: ein Webinar. Es spricht Wissenschaftsjournalist Felix Hütten.

Felix Hütten, Wissenschaftsjournalist der "Süddeutschen Zeitung" spricht bei der VHS über das Coronavirus. Bild: Daniel Hofer/SZ
Felix Hütten, Wissenschaftsjournalist der "Süddeutschen Zeitung" spricht bei der VHS über das Coronavirus.

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Der Spruch ist alt, hat aber besonders im Moment seine Daseinsberechtigung. Ein gesellschaftliches Leben gib es in Weiden der Tage nicht mehr: keine Konzerte, Seminare oder Vorträge. Auch für die Volkshochschule Weiden-Neustadt (VHS) ist das ein harter Schlag. Wie Pressesprecherin Annette Suttner mitteilt, will die VHS ihren Bildungsauftrag weiter ausführen, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Webinare sollen die Lücke füllen. Das sind Seminare, bei denen die Teilnehmer per Webcam und Chat miteinander in Kontakt treten können. Den Auftakt macht aus gegebenem Anlass der Wissenschaftsjournalist der "Süddeutschen Zeitung" Felix Hütten mit seinem Vortrag: "Coronavirus: wie es funktioniert und wie es bekämpft werden kann".

Etwas seltsam ist die Situation allemal. Während Hütten schon einige Minuten vor Vortragsbeginn mit Christof Schulz von der VHS Süd-Ost im Landkreis München und mit Claus Lüdenbach von der VHS-Erding spricht, beginnt Leben in das Chatfenster neben ihnen zu kommen. Eins ist klar: Die Chatteilnehmer sind verunsichert und besorgt, haben viele Fragen, die Nachrichten prasseln im Sekundentakt auf die Webinar-Leiter ein. Klar ist aber auch: Alle Fragen kann Hütten nicht beantworten. Er bietet an, einige Zusendungen per Mail später noch zu beantworten.

Kurve abflachen

19 Uhr: Der Vortrag beginnt, rund 200 Teilnehmer haben sich eingewählt. Eines betont Hütten schon zu Beginn und wird es das ganze Referat über immer wieder wiederholen: "Ich habe keine Glaskugel. Ich kann nicht sagen, was morgen ist. Die Lage verändert sich ständig." Er betont, dass ein Virus prinzipiell "dumm", also eine ganz simple Erfindung der Natur sei. Dennoch werfe es die Menschheit gehörig aus der Bahn. Hütten sitzt in seinem Home-Office, wie er selbst sagt und trägt Kopfhörer, damit er das Gesprochene besser versteht. Zunächst möchte er klären: Wie gefährlich ist das Virus eigentlich? Bedrohlich sei daran, dass die Zahl der Infizierten exponentiell ansteige. "Es ist die Verdoppelung, die eine enorme Beschleunigung schafft", erklärt Hütten. Entscheidend sei nun daher, in welchem Zeitraum diese stattfindet. Das Gebot der Stunde sei "Flatten the Curve", also die Ansteckungskurve auf so lange Zeit wie möglich zu strecken, damit ein plötzlich rapider Anstieg der Neuerkrankten das Gesundheitssystem nicht völlig überlastet. Sollte das nicht gelingen, drohe "Tod durch Überlastung", schätzt Hütten. Das bedeutet: "Es ist denkbar, dass dann Menschen an ganz banalen Dingen sterben werden, weil die Versorgung nicht mehr gewährleistet ist", sagt er. Das gelte es um jeden Preis zu verhindern.

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Hüttens nächstes Thema: Momentan hört man viel von Sterberaten und darüber, wie tödlich das Virus ist. Die Zahlen und Infos weichen voneinander ab. Hütten erklärt, dass es einen Unterschied zwischen der sogenannten Mortalitäts- und der Letalitätsrate gibt. Während erstere ein Begriffe aus der Demografie ist, der die Anzahl aller Todesfälle bezogen auf die Gesamtanzahl der Menschen in Deutschland abbildet, ist die Letalitätsrate in Bezug auf Corona die aussagekräftigere. Diese beschreibt die „Tödlichkeit“ einer Erkrankung beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit, daran zu sterben. Sie berechnet also das Verhältnis der Todesfälle zur Anzahl der Erkrankten. Noch ist es Hütten zufolge zu früh, diese genau zu bestimmen. Er schätzt aber vorsichtig, dass sie zwischen 1 und 1,5 Prozent liegen könnte. Im Spannungsfeld der Letalität von einer Grippe und dem Ebolavirus liege das Coronavirus also "vermutlich irgendwo in der Mitte." Hütten gibt aber zu bedenken, dass es sich dabei um ein weites Feld handle.

Hoffnung Impfstoff

Hütten warnt außerdem vor Falschmeldungen und Panikmache. "Es wird viel spekuliert. Leider gibt es immer noch zu viele Menschen da draußen, die Meinung mit Tatsachen verwechseln." Große Hoffnung setzt er dagegen in einen Impfstoff. "Damit hätten wir die Möglichkeit, den Körper mit Viren in abgeschwächter Form zu konfrontieren und so dem Immunsystem vorzugaukeln, dass es es mit dem CoV-2-Virus zu tun hat", sagt Hütten. Um dem Virus langfristig dem Garaus zu machen, sei eine Herdenimmunität unumgänglich. Hütten: "In solchen Fällen sehen wir, welchen Wert Impfungen haben." Hütten Einschätzung zufolge wird es aber noch 12 bis 24 Monate dauern, bis eine solche Impfung zur Verfügung steht.

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Wann gelten Coronapatienten als geheilt? So genau könne man das nicht sagen, so Hütten. "Dazu gibt es keine fixen Zahlen, es kommt auf den klinischen Verlauf der Krankheit an", sagt der Wissenschaftsjournalist. Ob jemand noch ansteckend ist, darüber könne nur ein Negativ-Test schlussendlich Auskunft geben.

Info:

Nächstes Webinar behandelt die Frage nach Gott

Am Mittwoch, 25. März, um 19.30 Uhr geht es weiter. Die VHS organisiert wieder ein Webinar. Diesmal geht es um die Frage der Theodizee, also darum, was die Todesfälle während der Corona-Pandemie über die Existenz oder eben Nicht-Existenz Gottes sagen. Daraus ergeben sich folgende Fragen: Was könnte ein angeblich allmächtiges und moralisch vollkommenes Wesen mit solchen Katastrophen bezwecken? Sind sie das unvermeidliche Nebenprodukt einer an sich dennoch guten Schöpfung oder die Strafe eines alttestamentarischen Rachegottes? Sollen sie ferner Menschen Gelegenheit bieten, sich zu bewähren? Und: Steckt ein bestimmter Plan dahinter, dass es manche Personen härter trifft als andere oder ist das alles nur Zufall? Referent ist Christian Weidemann. Er war Universitätsassistent am Institut für Christliche Philosophie in Innsbruck, Mitarbeiter am Zentrum für Wissenschaftstheorie in Münster, sowie am dortigen Kirchenhistorischen Seminar der evangelisch-theologischen Fakultät. Er arbeitete zudem am Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen der katholisch-theologischen Fakultät in Bochum. Wer an dem Webinar teilnehmen möchte, kann sich bei Harald Krämer (harald.kraemer[at]vhs-weiden-neustadt[dot]de) anmelden und bekommt dann die Zugangsdaten per Mail zugeschickt. Der Vortrag ist kostenlos.

Hier geht's zu den Online-Vorträgen der Weidener VHS

 
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