"Wir rackern wie die Wahnsinnigen mit hochgefahrener Besetzung", sagt der stellvertretende Leiter der Integrierten Leitstelle Nordoberpfalz, Jürgen Meyer, am Freitagmorgen. 177 Notrufe in Weiden sowie den Landkreisen Neustadt und Tirschenreuth zählte die ILS schließlich ingesamt bis 12 Uhr. "So gegen 6 Uhr ging's richtig los." Besonders betroffen seien der westliche Teil des Landkreises (mit Eschenbach, Grafenwöhr und Kaltenbrunn) sowie der Stadt.
53 Einsätze gab es wegen Stürzen, 20 Mal musste die Feuerwehr Amtshilfe leisten, weil etwa Rettungswagen am Berg festhingen oder der Verkehr wegen steckengebliebener Fahrzeuge gelenkt werden wollte. Auch in der Notaufnahme des Klinikums herrscht Hochbetrieb. "Gefühlt kommt alle zehn Minuten ein neuer Patient", sagt Kliniken-Sprecher Michael Reindl. Das Verletzungsmuster ähnelt sich: Es überwiegen Prellungen, Brüche aber gibt es auch. 40 Patienten auf einmal wollen behandelt werden. Die Unfallchirurgen rotieren.
Auf der Autobahn 93 zwischen Luhe und Weiden-Süd gerät gegen 7.45 Uhr ein Sattelzug ins Schleudern und touchiert ein anderes Auto. Dessen Fahrer verletzt sich leicht, weiß die Verkehrspolizei Weiden. Die Polizeiinspektion Weiden zählt 24 Verkehrsunfälle mit zwei Leichtverletzten und "tausende Euro Blech- und Sachschaden", sagt Sprecher Mario Schieder. Er berichtetet von einem "heilosen Chaos, das sich im Laufe des Vormittags langsam beruhigt hat und glimpflich ausgegangen ist".
Derweil ist der Winterdienst der Stadt Weiden bereits seit kurz nach Mitternacht unterwegs."Wir waren gewappnet", sagt Marc Badhorn vom Bauhof. 70 Leute, darunter viele Fußkolonnen mit Splitt, waren unterwegs. Die Einsatzfahrzeuge, sechs große Lastwagen und acht kleine Schlepper, trugen neben Flüssigsalz teils Schneeketten. Doch dann spülte der gegen 4.45 Uhr immer heftiger einsetzende Regen das bereits aufgebrachte Salz wieder von den Straßen. Bei den erneuten Touren der Streufahrzeuge gab es dann Probleme: "Autos standen kreuz und quer in den Straßen, unsere Fahrzeuge kamen nicht durch", erklärt Badhorn. Und auch sie rutschten dahin. Ein Kleinschlepper des Bauhofs etwa traf in der Mooslohstraße auf ein Auto, ein Streckenfahrzeug rutschte in Neunkirchen gegen ein am Straßenrand geparktes Auto. Besonders prekär: In Muglhof fuhr ein Groß-Lkw rückwärts den Berg herunter, um den Grip seiner gelegten Salzspur zu nutzen. Trotzdem schlitterte er mit dem Heck in eine Scheune, in der ausgerechnet Oldtimer parken.
"Wenn die Streuwagen nicht kommen, können wir nichts machen", erklärt Busunternehmer Wolfgang Wies. Ab 6.30 Uhr drehten die Reifen beim Gasgeben durch, beim Bremsen schlitterten sie weiter übers Eis wie Curlingsteine. "Und wenn nichts mehr geht, bleiben wir stehen." Die Busse, Linien- wie Schulbusse, fuhren also rechts ran und warteten auf die Streufahrzeuge. Dabei krachten in einen Bus gleich zwei Autos: eines ins Heck, das andere gegen die Front. "Ansonsten waren die Autofahrer sehr vorsichtig oder gar nicht unterwegs. Die Lkw-Fahrer aber waren gefährlich unterwegs." Derweil liefen die sechs Leitungen beim Busunternehmen heiß. Eltern fragten, wo der Schulbus bleibt, Leute beschwerten sich, weil der Linienbus sie nicht zur Arbeit bringt. "Aber das ist höhere Gewalt", sagt Wies. "In Neunkirchen etwa standen unsere Fahrzeuge bis nach 9.30 Uhr."
Ja, Neunkirchen: "Da fuhren wir zum Schluss von vier verschiedenen Seiten an", sagt Marc Badhorn vom städtischen Bauhof. Auf jeder aber galt es, einen Berg zum Ziel zu überwinden. Einen eisglatten Berg, auf dem obendrein mehrere Fahrzeuge quer standen. "Am Ende gingen allein heute 80 Tonnen Salz drauf", sagt Badhorn. Das sei eine Menge. Aber nur ein Bruchteil dessen, was noch in Weiden lagert: 1800 Tonnen sind noch da. "Wir sind weiter gewappnet."



























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