Weiden in der Oberpfalz
07.11.2018 - 06:00 Uhr

"Wir sind eine Chancen-Region"

Auch im Norden des Regierungsbezirks hat eine Hochschulgründung wesentlich zum Wandel der Region beigetragen. Dr. Wolfgang Weber, Leiter Grundsatzangelegenheiten und Hochschulentwicklung an der OTH Amberg-Weiden, war von Anfang an dabei.

Dr. Wolfgang Weber, Leiter Grundsatzangelegenheiten und Hochschulentwicklung an der OTH Amberg-Weiden, sieht die Errichtung der OTH Amberg-Weiden vor bald 25 Jahren, damals als Fachhochschule, als "Jahrhundertereignis". Bild: Gabi Schönberger
Dr. Wolfgang Weber, Leiter Grundsatzangelegenheiten und Hochschulentwicklung an der OTH Amberg-Weiden, sieht die Errichtung der OTH Amberg-Weiden vor bald 25 Jahren, damals als Fachhochschule, als "Jahrhundertereignis".

ONETZ: Die OTH Amberg-Weiden hat sich äußerst positiv entwickelt...

Wolfgang Weber: ... und wird im kommenden Jahr auf 25 Jahre ihrer Errichtung zurückblicken können, damals als Fachhochschule. Die Gründung wird zu Recht als "Jahrhundertereignis" gesehen. Mit zwei Studiengängen und einem Ausbauziel von 1500 Studienplätzen ging es los. Die heutigen Zahlen sind Ausdruck des Erfolgs: Rund 3000 Studierende, 6500 Absolventinnen und Absolventen, 29 Studiengänge in vier Fakultäten, 86 Professorinnen und Professoren, 272 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind meines Erachtens ein deutlicher Beleg für Dynamik und Zukunftsorientierung der Hochschule.

ONETZ: Ist es gelungen, die Jugend in der Region zu halten?

Ja. Das war stets ein zentrales Ziel unserer Hochschule. Früher mussten die jungen Leute wegziehen und blieben nach dem Studium oft in den Verdichtungsräumen. Heute sichern wir der Jugend ein attraktives und Arbeitsmarkt-adäquates Studienangebot in einer "Winner-Region" mit enormer Lebensqualität zu, das auch jenen Schulabsolventinnen und -absolventen ein Studium ermöglicht, für die aus finanziellen, familiären oder persönlichen Gründen der Wegzug in eine andere Region nicht leistbar wäre.

ONETZ: Geht diese Strategie auf?

Ja. Von unseren bisher rund 6500 Absolventinnen und Absolventen sind 80 Prozent bei Arbeitgebern hier in der Hochschulregion beschäftigt, mussten mit ihren eigenen Familien und Partnern die Region also nicht verlassen. Die hohe Verbleibequote ist mit einem weiteren regionalökonomischen Effekt verbunden: Wenn wir grob davon ausgehen, dass ein Studierender im Monat im Schnitt etwa 600 Euro ausgibt, dann bedeutet das monatlich rund 1,8 Millionen Euro Kaufkraft, die der Region und den beiden Hochschulstädten zugute kommt. Ähnliche, in der Regel höhere Werte können für die Hochschulbeschäftigten berechnet werden. Wo wären die Studierenden über die vielen Jahrgänge, die Ehemaligen und Beschäftigten, wenn die Hochschule nicht gegründet worden wäre? Ich gehe davon aus, weit überwiegend nicht in der Oberpfalz.

ONETZ: Welche Veränderungen hat die Hochschule darüber hinaus noch gebracht?

Ein Investitionsimpuls und Push-Effekt wie die Gründung einer Hochschule bringt qualitative Veränderungen mit sich, die sich nicht immer mit Kennziffern messen lassen. Jedoch lässt sich durchaus eine Verstärkung und Beschleunigung räumlicher Prozesse feststellen. Ich denke hier etwa an den positiven Beitrag zum Image der Region, an das selbstbewusst nach innen und außen getragene Label "Hochschulstadt", an die Wirkung auf die Lebensqualität, bis hin zu einem ausgeprägten Vertrauensverhältnis, zum Beispiel zwischen Hochschule und Unternehmen, Institutionen, Schulen sowie den kommunalen und regionalen Entscheidungsträgern. Qualitätseffekte finden sich auch in der Breite und Tiefe des Fächerspektrums, in der regionalen, nationalen und internationalen Sichtbarkeit und selbstverständlich im Verbund "Ostbayerische Technische Hochschule" zwischen uns und der OTH Regensburg.

ONETZ: Wie bedeutsam ist dieses Zusammenspiel mit der OTH Regensburg.

Sehr. Den Verbund "Ostbayerische Technische Hochschule" zwischen der OTH Amberg-Weiden und der OTH Regensburg gibt es bereits seit fünf Jahren. Auf Basis eines überzeugenden, gemeinsamen Antrags in einem bayernweiten Wettbewerbsverfahren vor sechs Jahren hat er sich zum Erfolgsmodell entwickelt. Er ist meines Erachtens ein Prototyp für eine sich immer mehr durchsetzende Strategie: Kooperationen zwischen profilierten Partnern sind der Weg in die Zukunft, gerade für ein gemeinsames, effizientes Wirken in die Hochschulregion und darüber hinaus. Die Hebelwirkung des Verbundes zeigt sich in Form einer Vielzahl erfolgreicher Projekte in Förderprogrammen, auf Landes- und Bundesebene. Nur einige Zahlen: In den 11 Forschungs-Clustern des OTH-Verbundes wurden in den vergangenen 5 Jahren Drittmittel in Höhe von 34 Millionen Euro eingeworben, 12 kooperative Promotionen des wissenschaftlichen Nachwuchses erfolgreich abgeschlossen, und von 71 Kolleginnen und Kollegen über 900 Publikationen erstellt.

ONETZ: Wie bewerten Sie den regionalen Strukturwandel und die Rolle der OTH Amberg-Weiden?

Eine boomende Wirtschaft, ein Arbeitsmarkt nahe der Vollbeschäftigung mit einem immer deutlicheren Mangel an Fachkräften sowie der Megatrend Digitalisierung stellen auch die Hochschule vor zusätzliche Aufgaben. Dies betrifft unter anderem erweiterte Zielgruppen etwa im Ausbau des berufsbegleitenden Studiums, in der Durchlässigkeit für beruflich Qualifizierte und in passgenauen Weiterbildungsangeboten. Im Sinne der Regionalentwicklung und der nachweislichen Bedeutung „Kreativer Milieus“ im Innovationsgeschehen sind regionale und überregionale, enge Netzwerke von entscheidender Bedeutung. Im Sinne einer Win-Win-Situation zum Vorteil der Studierenden und der Kooperationspartner. Die OTH Amberg-Weiden ist ein ausgeprägter Standortfaktor und Impulsgeber für die Hochschulregion in einem noch lange nicht abgeschlossenen Strukturwandel.

ONETZ: Wissen und Know-how sind die Kompetenzen der Zukunft.

Ja. Auf diesen einfachen Nenner lässt es sich bringen. Daher müssen wir noch stärker als heute das gesamte Spektrum der Bildung und Ausbildung in der Region verknüpfen. Wir tragen zu einem positiven Image der Region bei, wenn wir vermitteln: Die Oberpfalz ist eine Wissensregion und bietet eine Vielzahl von Chancen, vor allem auch für die Jugend. Dies trägt zur Verankerung der jungen Menschen in der Region bei, und stärkt die nördliche und mittlere Oberpfalz als Zukunftsstandort. Wir sind in meinen Augen eindeutig eine Chancen-Region, und sollten dies noch mehr als heute selbstbewusst kommunizieren.

Dr. Wolfgang Weber: "Enge Netzwerke sind von entscheidender Bedeutung". Bild: Gabi Schönberger
Dr. Wolfgang Weber: "Enge Netzwerke sind von entscheidender Bedeutung".
 
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