Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Weiden

Weiden in der Oberpfalz
10.05.2020 - 14:38 Uhr

50 Teilnehmer erwartet Organisator Rainer Beer. Über 300 kommen zur Protestaktion in Weiden gegen Einschränkungen von Freiheitsrechten durch die Corona-Krise. Beer muss abbrechen. Ein Bußgeld droht. Teilnehmer rufen: "Wir sind das Volk."

"Wir haben die Parteien gewählt und haben ihnen vertraut, dass sie unsere Grundrechte schützen. Ich bin echt enttäuscht", hallt die Stimme von Mitorganisatorin Ilkay Gebhardt über den Oberen Markt. Beifall. Weltweit liege der Sterberate durch Corona bei 0,003 Prozent. "In Bayern sind es 0,014 Prozent." Ohne belegbare Zahlen und Fakten nehme sie sich schon das Recht heraus, die aktuellen umstrittenen politischen Entscheidungen zu hinterfragen.

Nach Polizeiangaben verfolgten rund 300 Teilnehmer - einige trugen Plakate und Schilder, die wenigsten aber Schutzmasken und nicht alle hielten sich an die Sicherheitsabstände - die Kundgebung gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten durch die Corona-Krise. "Uns geht es um die Impfpflicht und die Beschneidung unserer Grundrechte", begründet Beer die Aktion. Die Menschen machten ihrem Ärger Luft, weil ihnen die Verbote gegen den Strich gingen, so Beer. "Wir leben doch in keiner Diktatur." Er brach die Veranstaltung, die eigentlich auf eine Stunde anberaumte war, nach einer halben Stunde vorzeitig ab.

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Neustadt an der Waldnaab10.05.2020

Der Grund: Es waren mehr Demonstranten vor Ort, als das aktuelle Versammlungsrecht erlaube. Beer hilflos: "Was will ich machen, ich kann doch die Leute nicht zwingen, nicht zu kommen. Ich kann keine Eintrittskarten verkaufen." Die Demonstranten skandierten: "Wir sind das Volk!"

Er habe die Versammlung aufgelöst, weil ihm eine Anzeige angedroht worden sei, erklärt Beer. Ein Polizeisprecher betont hingegen gegenüber Oberpfalz-Medien, dass nicht die Einsatzkräfte, sondern Beer selbst die Veranstaltung beendet habe. Als Organisator habe er sich außerstande gesehen, die Menge vom Platz weg zu reduzieren, indem er wenigstens einen Teil zum Weitergehen bewegt hätte. Außerdem setzte Regen ein.

Zuvor hatte sich der Weidener Gerichtspsychiater Dr. Bruno Rieder geäußert. "Die Gefährlichkeit des Corona-Virus soll hier von mir nicht heruntergespielt werden." Doch würden Politiker gefeiert, die nichts anderes machten, als einen Plan umzusetzen und sagten: "Jetzt verbieten wir einfach mal alles für alle." Dabei hätten sie zu Beginn der Pandemie noch alles falsch gemacht: Karnevalsveranstaltungen und Starkbieranstiche zugelassen und Leute per Flugzeug aus Corona-Krisengebieten einreisen lassen. "Die haben alles unterschätzt." Durch die anschließende Verbotswelle fühle er sich in seinem demokratischen Empfinden verletzt. "Das ist unflexibel, das ist ungerecht." Sicherlich müsse man die "Alten" schützen. "Aber die meisten wissen doch selbst, was sie tun. Die Leute sind doch nicht unmündig."

"Wir hören von Impfpflicht, Corona-Apps, Immunitätsausweisen und haben Hausarrest erfahren, ohne je Straftäter gewesen zu sein." "Wir haben durch Corona erschreckend viele Tote. Aber wir hatten auch Jahre, da hatten wir 25.000 Grippe-Tote." Zehntausende würden an den Folgen des Alkoholismus sterben. "Es gibt Drogentote und solche, die an Herz-Kreislauferkrankungen sterben, weil sie ungesund lebten und sich falsch ernährten."

"Davon hörst du aber nichts." Man könne nicht alles kontrollieren. Was die Politik veranstalte, gehe einfach zu weit. "Zu viel Gleichmacherei, zu unflexibel. Man hätte die Fitness-Studios auflassen können. Man bringt die Menschen um ihre wirtschaftliche Existenz und stürzt sie in den Ruin." Was passiere, wenn die zweite oder dritte Welle komme? "Dann müssen wir sagen, jetzt lassen wir alles offen. Koste es, was es wolle."

Zeitgleich organisierte Sonja Schuhmacher im Stadtpark eine Meditation gegen die Einschränkung der Grundrechte.

Weiden in der Oberpfalz10.05.2020
Deutschland und die Welt11.05.2020
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Kommentare

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Dr. Jürgen Spielhofen

"Und an die beiden Herren Schiller und Spielhofen unten von der afd, falls Sie das nicht wissen, wovon ich nicht ausgehe:

"Wir sind das Volk" wurde regelmäßig auf pegida-Demonstrationen gerufen und es ist absolut gruselig, dies in Weiden auf einer Demonstration zu hören."
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Selbstverständlich weiß ich das, u.a. weil ich auch einmal (!) in Dresden war um mir die Demonstanten dort anzusehen. Ich habe da nur Radikale entdeckt: radikale Demokraten!

Dass Sie das anders sehen (z.B. den auch intern umstrittenen Herrn Bachmann, oder Höcke oder Kalbitz) ist aus Ihrem Sichtwinkel durchaus nachvollziehbar.

12.05.2020
Kathrin Kolbe

Wir sind momentan in einer nie dagewesenen Situation. Auch ich war am Samstag bei der Demonstration anwesend als Beobachterin, ich wollte mir selber ein Bild über den Zulauf der Hygienedemos machen. Für mich war die Situation sehr beklemmend. Da standen viele Menschen am Marktplatz in Weiden zusammen mit der afd, die unter Gejohle auch extra genannt wurde.
Es ist wichtig für seine Grundrechte auf die Straße zu gehen und auch ich bin gegen den Impfzwang. Aber deshalb gehe ich nicht auf die Straße und schreie "Wir sind das Volk".
Ich frage mich, warum solche Veranstaltungen so gepuscht werden.
Am ersten Mai gingen in Nürnberg rund tausend Menschen für Arbeiter-/Menschenrechte auf die Straße, wie auch in anderen Städten, aber davon wurde nicht berichtet:
https://twitter.com/mainurnberg?lang=en
https://nichtaufunseremruecken.noblogs.org/
Auch andere Menschen organisieren sich. Die Seebrücke organisiert in vielen Städten Demonstrationen, in Münster demonstrieren UmweltschützerInnen
https://twitter.com/urantransport
ebenso in Flensburg: https://feinfrisch.net/2020/04/15/coronadioalog/

Momentan werden meiner Meinung nach verunsicherte Menschen von rechter Seite instrumentalisiert. Sie werden bewusst mit Halbwahrheiten, Lügen und Verschwörungstheorien verunsichert. Lösungen werden keine gegeben.
Was der richtige Umgang mit der Corona-Situation ist, kann auch kein Mensch wissen, so etwas hat noch kein Mensch von uns erlebt.
Die Maßnahmen werden aber von der Zivilbevölkerung und der Opposition ständig hinterfragt, auch in den mainstream-Medien, z.B. BR2 oder DLF.
Menschen aus meinem Umfeld haben durch Corona Angehörige verloren, bzw. sind schwer erkrankt gewesen und ich möchte meine Eltern gerne noch ein paar Jahre an meiner Seite haben.
Aber hier geht es eigentlich nicht um Corona, hier geht es um viel mehr. Es stimmt, dass die Grundreche in Deutschland eingeschränkt werden, schon seit Jahren.
Ich frage mich, wo waren diese Menschen alle, als wirklich unsere Freiheitsrechte grundlos mit dem Beschluss des neuen Polizeiaufgabengesetzes beschnitten wurden. Ich wurde von Menschen aus meinem Umfeld, die am Samstag nun am Marktplatz standen, dafür belächelt, zur Demo gegen das neue PAG gegangen zu sein.
Bisher wurden die neuen Möglichkeiten des PAG vor allem gegen Geflüchtete aber auch gegen politisch aktive Menschen eingesetzt.
Wo sind diese Grundrechtler wenn diese den Menschen in den Erstaufnahmelagern verwehrt werden, z.B. in Manching leben monate- oder jahrelang unter menschenunwürdigen Bedingungen. Einen Zimmerschlüssel oder Privatsphäre gibt es nicht. Es ist nicht erlaubt, Essen oder Küchengeräte im Zimmer zu haben, auch keine Babynahrung. Damit dies eingehalten wird, gibt es zu jeder Tag und Nachtzeit immer wieder Zimmerdurchsuchungen.
Aber das sind ja nur Geflüchtete - WIR durften jetzt unsere Großeltern/Eltern im Altersheim, wohin wir sie abschoben, um (noch mehr) Geld zu verdienen, nicht mehr besuchen. Weil Pflege daheim ein finanzielles Risiko ist. Sorry, das ist überspitzt gesagt und trifft nicht auf alle zu. Pflege von Hilfsbedürftigen ist sehr anspruchsvoll und fordernd, das kann nicht jedeR leisten.
Aber das Besuchsverbot sollte unsere Angehörigen schützen, nicht einsperren.
Das Problem sind nicht die Corona-Maßnahmen, sondern der Normalzustand.
Ein viel größeres Problem ist die soziale Ungerechtigkeit, die Nicht-Würdigung von Care-Arbeit, das Einschränken von Grundrechten für Geflüchteter und die Klimakrise.
Bringt uns da die afd Lösungen? Sie steht für die Abschaffung der Grundrente zu Gunsten einer Privat-Rente, ich frage mich, wer soll die bezahlen können? Ein Meuthen sagte zum Mindestlohn: »Denn es gibt Menschen, die arbeiten, aber dabei nicht jene Produktivität erreichen, die einem Mindestlohn von 8,50 Euro entspricht.«, also Mindestlohn ist wohl nicht mit afd. Diese Partei möchte die Gewerbesteuer abschaffen, von was sollen dann unsere Gemeinden leben? Klima - Kein Problem.

Um nur einige Punkte zu nennen - wissen das die Menschen, die sich mit der afd auf dem Marktplatz stellen? Gut, es waren viele UnternehmerInnen mit auf dem Marktpaltz, die würden evtl. profitieren, aber wer soll denn einkaufen, ohne Geld?

Und an die beiden Herren Schiller und Spielhofen unten von der afd, falls Sie das nicht wissen, wovon ich nicht ausgehe:

"Wir sind das Volk" wurde regelmäßig auf pegida-Demonstrationen gerufen und es ist absolut gruselig, dies in Weiden auf einer Demonstration zu hören.

12.05.2020
Manfred Schiller

Verehrter Herr Punzmann,

nun sagen Sie bloß nicht, Ihnen ist das alles beim morgendlichen Blick in den Spiegel eingefallen.

12.05.2020
Dr. Jürgen Spielhofen

"Wir sind das Volk - der kleine, harmlos aussehende Bruder des Hitlergrußes ..."

Darauf muss man erst mal kommen!

12.05.2020
Tobias Punzmann

"Wir sind das Volk" - der kleine, harmlos aussehende Bruder des Hitlergrußes, die Parole rechtsextremer Wutbürger.

Es gibt gute Gründe, gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und deren Umsetzung zu demonstrieren. Die Verhältnismäßigkeit und die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetzt sind zumindest fragwürdig. Allerdings ist auch zu bedenken, dass bei einer sich täglich ändernden Erkenntnislage und der offensichtlichen stark erhöhten Sterblichkeit - vor allem bei gefährdeten Menschen - eher ein im Zweifelsfall zu vorsichtiger Ansatz zu verfolgen ist, als ein zu sorgloser. Eine auf Grund einer falschen Entscheidung zerstörte wirtschaftliche Existenz kann man vielleicht im Nachgang noch heilen, ein verlorenes Leben (oder natürlich viele) bleibt weg.

Was aber für Demokraten und anständige Menschen gar nicht geht, ist zusammen mit einer ekeligen Querfront aus Rechtsextremen, Verschwörungsfantasierern, kruden Esoterikern, Antisemiten, Pseudomedizinern, Altlinken, Reichsbürgern und sonstwelchem "G'schwerl" zu demonstrieren. Es gibt genug gute Argumente weit abseits von Verschwörungsmärchen, pseudomedizinischer "Weisheiten", Rassismen und Antisemtismen, um seine Meinung zu untermauern.

Bestimmte Kreise versuchen derzeit die Verunsicherung und Unzufriedenheit vieler Menschen im Zuge der weltweit grassierenden Pandemie für ihre Zwecke zu nutzen und die Gesellschaft weiter zu spalten. Diesen Kreisen ist jeder Grund, wie bereits der Verlust von Arbeitsplätzen, die Aufnahme von Geflüchteten oder der massive menschgemachte Klimawandel, eine willkommene Gelegenheit zur Erschütterung der ihnen verhassten stabilen Strukturen im Land. Sie träumen von einer Wiederholung einer Machtergreifung wie vor 90 Jahren.

Wer sich mit solchen gefährlichen Spinnern oder vom Verfassungsschutz beobachteten Subjekten zusammen hinstellt, dabei noch die erforderlichen Hygieneanforderungen vorsätzlich ignoriert und torpediert und sich nicht massiv davon distanziert, darf sich nicht beschweren, wenn sie/er in die entsprechende stinkende Ecke gestellt wird.

12.05.2020
Dr. Jürgen Spielhofen

Die Parole "Ich bin das Volk" wäre in der Tat vermessen gewesen, wenn sie denn so gefallen wäre. :)

11.05.2020
Heidrun Dreyling-Riesop

Die Parole "Ich bin das Volk" zu benutzen offenbart bereits, was da für Spinner unterwegs sind. Hätten sie nämlich mal die Umfragewerte angesehen, hätten sie gewusst, dass sie eine Minderheit sind. Eine gefährliche Minderheit, die die Erfolge in der Corona-Krise gefährden und dazu Menschenleben.

11.05.2020
Dr. Jürgen Spielhofen

"Andere zu verunsichern, zu verwirren, deren Ängste zu schüren ist verwerflich."

Genau das ist der Vorwurf der Demonstranten an die politisch Verantwortlichen!

11.05.2020
Hilde Lindner-Hausner

noch keine Kommentare? - kein Wunder, das macht erstmal sprachlos, welche Energie geht von diesem Widerstand aus?
Erstmal ein paar Worte "frei von der Leber weg"
Was hindert mich momentan dran, aktiv meine Grundrechte wahrzunehmen?
Ich hätt da auch hingehn können, um spontan gegen diese Veranstaltung zu demonstrieren, gegen die Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen, gegen die Missachtung der Rücksichtnahme auf Mitbürger_innen, die durch diese großen Treffen und das Streuen des Virus wieder gefährdet werden....
Was hindert mich daran? Mich hindert daran meine eigene Entscheidung den Ball weiterhin flach zu halten und nicht die Aufhebung der Vorsichtsmaßnahmen zu fordern.

Freiheits- und Grund- und Menschenrechte einfordern ja natürlich, vor Corona bereits und auch nachher immer noch, ja, das wäre glaubwürdig. Jetzt das zu beklagen, was uns der gesunde Menschenverstand und das gesunde Bauchgefühl schon auferlegt, nämlich in Vorsicht und Rücksicht handeln, das ist unvernünftig.
Andere zu verunsichern, zu verwirren, deren Ängste zu schüren und aufzuwiegeln ist verwerflich.
Geplante Regelungen zum Infektionsschutzgesetz, Impf- und Immunitätsnachweis zu betrachten, ist OK, Menschen aufzuhetzen aber nicht.
Von wem lassen sich die Veranstalter und Redner der Demo eigentlich leiten, wenn sie Menschen der Gefahr der Ansteckung aussetzen und es in Kauf nehmen den Virus wieder zu streuen? Ist es das wert? Um kundzutun, dass man es anders machen hätte sollen? und kundzutun, dass von andren Toten - Grippe usw. nicht gesprochen wird - ja wo war denn die Stimme derer vor Corona? Mussten sie sich erst aufwiegeln lassen oder haben sie insgeheim immer schon so gedacht? Ja, wie hätten die Veranstalter es denn gemacht??? Sicherlich hätten wir alle bisher einen viel höheren Preis (an Menschengesundheit bzw -leben) bezahlen müssen, wenn statt Vorsichtsmaßnahmen, das Freiheitsrecht andre anzustecken hätte durchgesetzt werden können. Zu den Hintergründen ein interessanter Beitrag: https://www.jetzt.de/gesundheit/sophie-passmann-ueber-verschwoerungstheorien-waehrend-der-corona-pandemie

11.05.2020