Weiden in der Oberpfalz
12.03.2019 - 17:35 Uhr

Deutschkurs kommt an: Frauen lernen mit Feuereifer

Es ist der erste Integrationskurs nur für Frauen am Bfz in Weiden. Für Leiterin Anne Keté-Ebetina, der beste Kurs, den sie je hatte. Denn alle Frauen sind mit Feuereifer bei der Sache - und haben Spaß dabei.

Was sie bei den Besuchen im Freilandmuseum in Neusath-Perschen oder in der Regionalbibliothek gelernt haben berichten (von links) Reem, Valerie, Alaa, Amal und Mishelle live und anhand der gestalteten Plakate. Bild: Gabi Schönberger
Was sie bei den Besuchen im Freilandmuseum in Neusath-Perschen oder in der Regionalbibliothek gelernt haben berichten (von links) Reem, Valerie, Alaa, Amal und Mishelle live und anhand der gestalteten Plakate.

"Ich habe so etwas noch nicht erlebt", schwärmt Anne Keté-Ebetina. Natürlich gab es auch in ihren früheren Kursen fleißige Teilnehmer. Aber dass die ganze Gruppe so mitzieht und sich gegenseitig anstachelt, das hat es bisher nicht gegeben. "Viele treffen sich sogar privat, um zu lernen. Manche jedes Wochenende, manche sogar zwei Mal die Woche."

Dabei kommen die Frauen nicht nur aus aller Welt - aus Syrien, Tschechien, Weißrussland, den Philippinen, Eritrea oder dem Irak. Sie leben auch in der Nordoberpfalz weit verstreut - von Vohenstrauß über Weiden bis Mantel, Weiherhammer, Pressath und Friedersreuth. Nicht nur die Anfahrt zum Unterricht, auch private Treffen erfordern deshalb viel Aufwand und Zeit. Doch die Frauen haben bisher alle Hürden gemeistert.

Ihr gemeinsames Ziel: Die Sprachprüfung B1 in Deutsch. Dafür haben sie gebüffelt. Über ein Jahr lang. Im Dezember 2018 startete der Kurs am Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in Weiden. Vor knapp vier Wochen war die Prüfung. "In der Zeit davor lagen die Nerven blank", erinnert sich Keté-Ebetina. Die Kursteilnehmerinnen haben sich selbst Druck gemacht, waren gestresst. Ob sie es geschafft haben, werden sie erst in den nächsten Tagen erfahren. Ihre Lehrerin ist zuversichtlich. "Sie haben alle so fleißig gelernt."

Jetzt dagegen ist die Stimmung entspannt. Die Frauen sind gut gelaunt. Im Januar 2018 haben wir von Oberpfalz-Medien den Kurs zum ersten Mal besucht. Damals hatten die Frauen erst vier Wochen Deutschunterricht hinter sich. Die Verständigung war noch schwierig. Geübt wurden kurze Sätze und Adjektive, wobei vieles noch stockend kam. Heute reden alle viel flüssiger und freier. Natürlich nicht durchwegs fehlerfrei. Das wäre zu viel verlangt. Aber ein Gespräch ist gut möglich.

Bis 8. April dauert der Kurs noch. Es steht noch ein Test zum Thema "Leben in Deutschland" an. Dafür wird geübt. In Theorie und Praxis. Und was das praktische Leben in Deutschland betrifft, haben die Frauen inzwischen einige Erfahrung. Sara (34) zum Beispiel kam ohne Mann, dafür mit ihren fünf Kindern aus Eritrea nach Deutschland. Eines besucht den Kindergarten, die anderen vier gehen zur Schule. Auch Gespräche mit Lehrern hat die 34-Jährige bereits geführt.

Nach dem B1-Kurs möchte sie gerne weiterlernen. "Ich suche aber auch einen Minijob", sagt sie. Und außerdem eine größere Wohnung. "Bisher lebt die 6-köpfige Familie in einer engen 2-Zimmer-Wohnung", weiß Keté-Ebetina. Sie fürchtet jedoch: "Für eine alleinerziehende Mutter mit 5 Kindern dürfte es fast unmöglich sein, eine bessere Wohnung zu finden."

Viel Eigeninitiative legen auch die Schwestern Alaa (25) und Reem (21) aus Syrien an den Tag. "Ich habe für das Jobcenter eine Überraschung", kündigt Alaa für die Zeit nach dem Kursende an. Sie hat einen Praktikumsplatz in einem Orthopädiebetrieb gefunden - aus eigenem Antrieb - und freut sich schon darauf. Gleichzeitig möchte sie, wie 10 andere Frauen aus dem Kurs, mit dem Integrationslehrgang B1 plus weitermachen. "Vormittags Kurs, nachmittags Praktikum", stellt sie sich vor. "Ich darf mir die Zeit einteilen." Ihre Schwester Reem hat ein Praktikum im Seniorenheim St. Martin in Neustadt absolviert und schwärmt von den netten alten Menschen dort.

"Der Fasching war für mich sehr interessant", erzählt Anastasiya begeistert. "Die speziellen Kostüme oder auch bayerische Tänze. Das ist ganz anders als bei uns Zuhause." Mit ihrer elfjährigen Tochter - die ist bei den "Dance Kids" - ist sie beim Faschingszug in Neustadt mitmarschiert und hat Süßigkeiten geworfen. "Das hat Spaß gemacht." Tochter Milina (acht Monate) bringt sie mit in den Kurs, sehr zur Freude der anderen Frauen.

Anastasiya (Weißrussland) und Mishelle (Philippinen) sind mit deutschen Lehrern verheiratet und deshalb ebenso Selbstzahler des Kurses wie Valerie (Tschechien), deren Ehemann (ebenfalls aus Tschechien) bei den Kliniken Nordoberpfalz angestellt ist. "Wenn wir den Kurs B1 gut geschafft haben, erhalten wir aber den halben Betrag zurück", erklärt Valerie. Sie hofft als ausgebildete Krankenschwester nach dem Kurs ebenfalls Arbeit zu finden.

Übrigens: Die Kälte machte Sara anfangs zu schaffen. Sie saß zu Kursbeginn mit einer Winterjacke im Unterricht. Doch mit dem Schnee in der Oberpfalz haben sich inzwischen selbst die Frauen angefreundet, die ihn bisher nicht gewohnt waren. "Ich liebe Schnee", sagt Alaa sogar. "Aber keine weißen Steine." "Das heißt Hagel", erklärt Anne Keté-Ebetina. Na also, schon wieder etwas gelernt.

Lernen macht Spaß. Bei den Frauen im Integrationskurs jedenfalls gibt es immer wieder mal was zu lachen (von links): Reem, Sara, Mishelle und Alaa. Bild: Gabi Schönberger
Lernen macht Spaß. Bei den Frauen im Integrationskurs jedenfalls gibt es immer wieder mal was zu lachen (von links): Reem, Sara, Mishelle und Alaa.
Der größte Wunsch der Teilnehmerinnen::

Fortsetzungskurs nur für Frauen

11 der 18 Frauen, die den B1-Kurs besuchen, möchten gerne weitermachen mit dem Level B1 plus. Am liebsten wieder in einem reinen Frauenkurs. „Denn in den gemischten Kursen sind viele gehemmt“, hat Anne Keté-Ebetina festgestellt, die seit drei Monaten von Denise Schatzkowski unterstützt wird. „Von den 22 Frauen, die den Kurs für den Level B1 begonnen haben, sind nur vier abgesprungen, weil sie krank wurden oder ein Kind bekommen haben.“ In anderen Kursen sei die Fluktuation oft wesentlich höher. Angesichts ihrer eifrigen Schützlinge hofft sie, dass es wieder einen Frauenkurs geben wird.

Die Mindestanzahl für sogenannte DeuFöV-Kurse (berufsbezogene Deutsch-Förderung) sind 7 Teilnehmer. Sie ist mit der Meldung von 11 Frauen bereits erfüllt. Der Kurs kann aber bis auf 25 Teilnehmer aufgestockt werden.

 
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