Nicht nur das Thema, der gesamte Verlauf des Abends war Beweis für das friedliche Zusammenleben der Religionen. Zum Vortrag „Von Feinden zu Freunden – die Kirche im Dialog mit Juden und Muslimen“ waren führende Vertreter aller drei monotheistischen Religionen aus der Nordoberpfalz gekommen. Den Hauptvortrag hielt Andreas Renz, der sich beruflich viel mit dem Dialog der Religionen befasst. Der gebürtige Erbendorfer, aufgewachsen in Krummenaab, ist Fachbereichsleiter im Erzbischöflichen Ordinariat München, Buchautor und Universitätsdozent.
Zunächst ging Renz auf das Verhältnis zwischen Christentum und Judentum im Verlauf der zwei Jahrtausende ein und stellte fest: „Christen waren zu sehr infiziert von einem andauernden Antijudentum.“ Die Polemik beginne bereits im Neuen Testament. Antijüdische Stereotype entstanden auch, als das Christentum Staatsreligion des Römischen Reiches wurde. Tiefpunkte dabei gab es im Hochmittelalter mit Ritualmord- und Hostienfrevel-Legenden. Sogar für die Pest wurde das Judentum verantwortlich gemacht. „Christliche Identitätsbilder sind durch Abgrenzung und Abwertung gekennzeichnet“, stellte Renz fest und bedauerte, dass heute wieder derartige Trends im Kommen seien.
Im Nationalsozialismus sei der historische Antisemitismus dann mit Rassismus vermischt worden. Wesentliche Veränderungen habe das Zweite Vatikanische Konzil gebracht. Zurückgewiesen wurde dort der Vorwurf, Juden seien für den Tod Jesu verantwortlich. Ausdrücklich wurde in offiziellen Dekreten wie „Nostra aetate“ die geistige Verbundenheit mit dem Judentum festgestellt und gesagt, dass Antisemitismus mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar sei. Auch in die Liturgie floss diese Haltung ein, wenngleich Papst Benedikt XVI („Tragik seines Pontifikats“) durch die Zulassung der Tridentinischen Messe einen Rückschritt eingeleitet habe. Auch die evangelische Kirche habe sich längst zu einem Miteinander von Christentum und Judentum bekannt und sich kritisch zu Luthers Einstellung zum Judentum geäußert.
Im zweiten Teil des Vortrags wurde das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen behandelt. Auch hier spiele das Konzil eine wichtige Rolle, stellte Renz fest. So sei zum Beispiel bis heute „offizielle katholische Lehre, dass Muslime mit uns denselben Gott anbeten“. Festgestellt wurde durch das Konzil auch: „Muslime müssen mit Hochachtung betrachtet werden“. Für Renz gilt deshalb, dass sich „die katholische Kirche gegenüber den Muslimen geöffnet hat“. Ähnliches habe für die Evangelische Kirche der Rat der EKD festgestellt: „Alle wenden sich im Gebet an den einen Gott.“ Allerdings sieht Renz in der Evangelischen Kirche auch „ein Spektrum an Positionen“. Erläutert wurden auch „Reaktionen auf der anderen Seite“. Eine Erklärung von orthodoxen Rabbinern aus dem Jahre 2015 stelle fest, dass „Christen Partner bei der Welterlösung seien“ und eine gemeinsame Erklärung von 138 muslimischen Gelehrten sage „Nächstenliebe und Liebe zum einen Gott findet sich in allen Schriften von Islam und Christentum“.
Renz fasste seinen Vortrag mit dem Kernsatz zusammen: „Die drei Religionen sind in einer gemeinsamen Wiege groß geworden.“ Die Feststellungen des Vortrags wurden von Dekan Wenrich Slenczka, Werner Friedmann von der Jüdischen Gemeinde und Iman Maher Khedr vertieft. Slenczka fordert, „einander mit Geduld und Verständnis wahrzunehmen". Friedmann sagt: „Wir leben und arbeiten gut zusammen.“ Khedr sieht „drei Religionen in einer Familie“. Eingeladen hatten die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der interreligiöse Gesprächskreis, die Katholische Erwachsenenbildung und der hiesige Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing.
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