Die Geschiedene war mit ihrem 20-jährigen Sohn und dessen 27-jährigem Bekannten im Juli vergangenen Jahres auf der B 299, vom Asia-Markt bei Eger kommend, mit fast 100 Gramm Crystal im Auto erwischt worden. Die Frau nahm sofort die alleinige Verantwortung für den Rauschgiftschmuggel auf sich. Obwohl die Haarproben aller drei Fahrzeuginsassen auf intensiven Konsum hinwiesen, wurden die beiden Männer entlassen, die Frau kam für drei Wochen in U-Haft.
Am ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen brachte die Angeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Bäumler, eine haarsträubende Geschichte vor. Mit vorgehaltener Waffe sei sie an dem bewussten Tag morgens um vier Uhr an ihrer Arbeitsstätte von einem „türkisch aussehenden“ Mann aufgefordert worden, mit ihrem Sohn nach Eger zu fahren, dort am ersten Vietnamesenstand nach „Pico“ zu fragen und ein vorbereitetes Päckchen für 2000 Euro abzuholen. Aus Angst um ihren Sohn und um ihr eigenes Leben sei sie nicht zur Polizei gegangen. Sie sei „Gelegenheits- Informantin“ der Polizei. Durch ihre Aussage seien Rauschgiftdealer, darunter auch ihr eigener Bruder, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. In der Zeit, als sie in Deutschland in U-Haft gesessen sei, hätten Unbekannte ihr Auto in Österreich völlig zerstört. Schon vorher und auch danach habe es Bedrohungen und verdächtige Vorkommnisse gegeben. Einen Einbruch in die Wohnung der 38-Jährigen bestätigten ein Mazedonier, der des Öfteren für die österreichischen Behörden als Dolmetscher arbeitet, sowie eine 22-jährige Kauffrau, die „mitbekommen“ haben will, dass die Angeklagte „terrorisiert“ wurde.
Am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, bestätigten nun zwei Polizeibeamte aus Nieder- und Oberösterreich, dass die Frau als „Vertrauensperson“ geführt wurde. Sie habe „immer wieder verlässliche Tipps“ gegeben. Auch, dass ihr Auto demoliert wurde und der spätere Einbruch in ihre Wohnung war den Beamten bekannt. Bei einer zwischenzeitlich erfolgten Verurteilung der Slowakin wegen eines schwer wiegenden Rauschgiftdelikts war die Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden als mildernder Umstand gewürdigt worden, entnahm Richter Windisch den Akten.
Staatsanwältin Sandra Dechant war sich sicher, dass die Angeklagte versucht habe, die Bedrohungslage nur vorzuspielen. Auch nach Ansicht der österreichischen Polizisten sei diese schwer vorstellbar, stellte sie fest. Dechant forderte, den Strafrahmen des Schöffengerichts voll auszuschöpfen und plädierte auf vier Jahre. Rechtsanwalt Bäumler hielt die Schilderungen der Bedrohungen für glaubhaft, wies auf das vorher tadellose Leben seiner Mandantin hin und darauf, dass sie, selbst wenn der Transport des Rauschgifts erfolgreich gewesen wäre, keinen Gewinn erzielt hätte. Er forderte deshalb, seine Mandantin zu höchstens zwei Jahren zu verurteilen, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Richter Windisch und die beiden Schöffinnen sahen dies anders. Selbst wenn die erzählte Geschichte wahr wäre, sei die Notstandssituation anders abzuwenden gewesen, etwa durch Einschalten der Polizei. Windisch zeigte sich überzeugt, dass die Drogen für den eigenen Konsum, den ihres Sohnes und seines Freundes gewesen seien.





















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