Die Pioniere der Asia-Kulinarik in der Region räumen nach 41 Jahren am Sonntag ihre Töpfe endgültig in den Schrank. Yan For Li schließt sein Restaurant "Peking" in der Nikolaistraße. Mit 52 Jahren. "Meine Mutter in Hongkong hatte einen schweren Schlaganfall, ich will mich mehr um sie kümmern", begründet er den Schritt. Deshalb vermietet er sein Restaurant mit über 200 Sitzplätzen. Mitte August soll dort ein Inder aus München aufkochen. Er siedelt von der Grünwalder Straße Richtung Kolpingplatz über. Das Lokal soll "Manzil" heißen.
Was "Herr Li", wie ihn viele nennen, in Zukunft macht, weiß er noch nicht so genau. Er will weiterhin im Weidener Osten wohnen, aber eben öfter nach Hongkong fliegen. Die Eltern stammen aus Festlandschina, Li selbst ist in Hongkong geboren. Zwei Brüder leben in England und Frankfurt, der dritte arbeitet bei der Bäckerei Brunner.
Anfang in Altenstadt
Als Zehnjähriger kam Li nach Weiden. "Du bist a bayerischer Chines", habe ihm Oberbürgermeister Hans Schröpf schon als Jugendlicher gesagt. Das gefällt Li, der sich schnell eingelebt hat. Seit 30 Jahren besitzt er den deutschen Pass. Nach der Schule hat er in Altötting Restaurantfachmann gelernt. Dass die Oberpfalz seine neue Heimat wurde, ist Zufall. "Mein Vater ist Koch. Er wollte nach Europa und hat ein Lokal gesucht." Gefunden hat er es 1978 in Altenstadt - das frühere Café Herzog. Ein Jahr später pachtete die Familie die "Schottenstuben" auf dem Unteren Markt, die Jüngeren nur als "Bürgermeisterhaus" bekannt sein dürften.
Bambussprossen, Teriyaki-Sauce, Soja: Für die meisten Weidener war dies gastronomisch Ende der 70er der Gipfel der Exotik. Tausende machten seitdem bei den Lis erste Erfahrungen mit Stäbchen statt mit Messer und Gabel. "Manche haben damit das Fleisch aufgespießt", lacht Yan For.
1988 kauften die Chinesen die frühere Geuß-Tankstelle in der Nikolaistraße und bauten sie allmählich zum phantasievollen Asia-Tempel um. 1993 übernahm der Sohn, die Eltern kehrten nach Hongkong zurück.
Beliebt bei Bürgermeistern
Die Spezialität ist Ente. "Hans Schröpf hat dafür am Sonntag auf Schweinebraten mit Knödel verzichtet, das macht er sonst nie, hat er mir erzählt. Und er mochte Tomatensuppe." Die Entengerichte schätzt auch der nächste OB. Kurt Seggewiß nennt Li liebevoll "kleiner Chinese" und schaut ebenfalls regelmäßig vorbei.
Das ist nun Geschichte. Zurück bleiben Erinnerungen. An Kinder, die mit Essensresten bisweilen die Goldfische im Aquarium fütterten, an Polizisten, die vermuteten, dass die Sperrstunde überzogen wurde und dann verblüfft den halben Stadtrat in fröhlicher Runde antrafen.
Oder an die chinesische Eishockeynationalmannschaft der Frauen, die 2013 ein Turnier an der Raiffeisenstraße spielte. "Die haben vom Bus aus unser Restaurant gesehen und sind nach einem Spiel mit 30 Leuten angerückt. Leider hatten sie gerade verloren. Die Niederlage haben die Frauen literweise mit Moutai runtergespült." Das ist ein 54-prozentiger Schnaps. Ja, die chinesischen Spezialitäten. Längst sind sie nicht mehr Lis Alleinstellungsmerkmal. Die Konkurrenz durch weitläufige Buffetrestaurants bekam auch das "Peking" zu spüren. Andererseits hat es in Weiden viele erst auf den Geschmack gebracht, indem es Ente, Suppe oder Gemüse dem europäischen Gaumen angepasst hat: weniger scharfe Gewürze, weniger Knoblauch, Fleisch fein geschnitten statt zum Abzausen vom Knochen. "Der bayerische Chines" hat seinerseits andere Sachen lieben gelernt. Weihnachtsgans mit Knödeln zum Beispiel. Die gab es bei seiner ersten Frau, einer Deutschen, mit der er drei Kinder hat. Später hat er nochmal geheiratet. Seine zweite Frau namens Gong ist eine Institution im Lokal. Li hat aus erster Ehe drei Kinder, aus der zweiten zwei. Die ältesten studieren Wirtschaftsingenieurwesen oder Jura, die jüngeren sind noch unentschlossen. Nur eines wissen sie, schmunzelt Li: "Keiner will Gastronom werden. Ist halt sehr viel Arbeit."
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