Weiden in der Oberpfalz
07.06.2018 - 16:04 Uhr

"Enttäuscht und schockiert"

Alles ist geplant, die Vorfreude ist groß. Die Türkin Yasemin Taspinar will mit ihrem Mann und ihren Kindern die wichtigsten muslimischen Feiertage mit ihren Geschwistern, die in Weiden leben, verbringen: das Fastenbrechfest Id al-Fitr. Eine ihrer Schwestern ist an Brustkrebs erkrankt. Für sie ist Yasemin ein Lichtblick. Dann kommt alles anders.

Familie Taspinar will das Fest des Fastenbrechens mit ihren deutschen Verwandten in Weiden verbringen. Doch dann der Schock. Sie darf nicht nach Deutschland einreisen. Beitrag, Externer [EXB]
Familie Taspinar will das Fest des Fastenbrechens mit ihren deutschen Verwandten in Weiden verbringen. Doch dann der Schock. Sie darf nicht nach Deutschland einreisen.

Es sollte ein großes Familientreffen werden, ein glückliches Wiedersehen. Seit einem Jahr hat Yasemin ihre drei Geschwister nicht mehr gesehen. Ihr letzter Besuch in Deutschland liegt 25 Jahre zurück. Umso größer ist die Freude auf die in der Bundesrepublik geborenen Verwandten, die Erleichterung, die an Brustkrebs erkrankte Schwester endlich persönlich unterstützen zu können. Vier Wochen soll der Besuch dauern.

Es sollte ein großes Familientreffen werden, ein glückliches Wiedersehen. Seit einem Jahr hat Yasemin ihre drei Geschwister nicht mehr gesehen. Ihr letzter Besuch in Deutschland liegt 25 Jahre zurück. Umso größer ist die Freude auf die in der Bundesrepublik geborenen Verwandten, die Erleichterung, die an Brustkrebs erkrankte Schwester endlich persönlich unterstützen zu können. Vier Wochen soll der Besuch dauern. Doch dann erhält die vierköpfige Familie aus Istanbul die "Schocknachricht", wie Abdullah Ugur, ehemaliger Vorsitzender des türkischen Arbeiter- und Kulturvereins, erzählt.

Seit Jahren setzt sich der gebürtige Türke für seine Landsleute ein. "Ihr Antrag auf Touristenvisum wurde vom deutschen Generalkonsulat in Istanbul am 28. Mai abgelehnt." Und das, obwohl die Familie "alle nötigen Unterlagen und Nachweise" eingereicht hätte - etwa die Information über das "ausreichende Vermögen", die Gründe für ihre Einreise in die Bundesrepublik und ihren Aufenthaltsort in Weiden. Die Begründung des Konsulats: "Sie haben nicht den Nachweis erbracht, dass Sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigen Aufenthalts oder für die Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat [...] verfügen. Sie sind nicht in der Lage, diese Mittel rechtsmäßig zu erlangen [...] Es bestehen Zweifel daran, dass Sie den Schenkenraum fristgerecht wieder verlassen."

"Das ist völlig absurd", kritisiert Abdullah Ugur. "Die Familie hat genug Geld, der Mann ist beruflich selbstständig, sie besitzt ein Eigenheim. Wie viel Vermögen muss man denn bitte haben, um nach Deutschland einreisen zu dürfen? Dürfen das nur Millionäre?" Aus dem Antrag der Familie sei deutlich hervorgegangen, dass die Vier ihren Lebensmittelpunkt in der Türkei haben, definitiv nach ihrem Urlaub dorthin zurückkehren werden. Für Yasemin bricht eine Welt zusammen. Sie ist fassungslos über die Entscheidung der Behörde. "Ihr Mann und ihre Kinder waren noch nie in Deutschland. Sie hätten so gerne ihre Verwandten getroffen, mit ihnen das wichtigste Fest in ihrer Religion gefeiert."
Für eine persönliche Stellungnahme ist das Konsulat in Istanbul nicht zu erreichen. Auch Hilfe aus der Politik gebe es nicht, bedauert Ugur. Kurz, nachdem das Visum abgelehnt wurde, wandte sich Ugur an das Büro von Bundestagsabgeordnetem Uli Grötsch. "Sie meinten, sie könnten nichts machen, haben mir geraten, Beschwerde einzureichen." Genau das macht Ugur. Auf eine Antwort warten der Weidener und die Familie aus Istanbul noch heute. Doch die Zeit drängt. "Der Termin, der 15. Juni, rückt immer näher." Auch die Flüge würden von Tag zu Tag teuerer. Buchen kann die türkische Familie erst, wenn das Visum genehmigt wurde - vorher ist es nicht möglich.

Ugur kann die Beweggründe der Behörde nachvollziehen. "Doch man darf nicht alle in einen Topf werfen. Man muss von Fall zu Fall entscheiden. Es ist einfach falsch, grundsätzlich davon auszugehen, dass eine türkische Familie in Deutschland bleiben will, obwohl sie lediglich ihre Verwandten besuchen will." Die Familie hängt in der Luft, hofft, doch noch eine positive Antwort auf die Beschwerde zu erhalten und ihre Familie zum Fest des Fastenbrechens in Weiden besuchen zu können. "Wir werden alles versuchen, damit das noch irgendwie funktioniert."

 
Kommentare

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E. K.

Liebes ONETZ-Team, solche Artikel machen einen ratlos. Wissen Sie, ich bin selbst eine Ausländerin, habe gute und weniger gute Erfahrungen mit dem Konsulat/den Behörden. Jedoch denke ich, das ist eine persönliche Sache und man kann sich über die Ablehnung eines Visumantrages o.ä. ärgern oder es sein lassen, aber es ist nicht wert aus meiner Sicht einen Artikel darüber zu schreiben. Und ich finde es schade, dass in solchen Fällen gleich ein Fest oder Familientreffen, oder schwere Krankheit erwähnt wird, damit man noch mehr mit der Familie Mitleid hat und den Grund hat, über den "bösen" Konsulatmitarbeiter zu schimpfen. Die Feste werden auch nächstes Jahr stattfinden und sich treffen kann man auch zum späteren Zeitpunkt.
PS: mir fällt gleich andere Geschichte von einer Bekannten ein: sie kam wg der Arbeit nach Deutschland, nach 4 Jahren war sie soweit (finanziell gesehen) und wollte ihr Kind hierher holen, aber eine Behörde machte Stricht durch die Rechnung. Die Bekannte gab nicht auf und nun ist das Kind da. Ich finde diese Geschichte dramatischer, aber es gab keine Zeitungsartikel darüber.
Ich will keinem zu nahe treten. Aber es muss doch allen klar sein: der Beamte erfüllt seine Arbeit und hat Vorschriften, die Antragsteller haben auch Wünsche und Vorstellungen, die nicht immer mit den von Beamten übereinstimmen. Aber mit etwas Geduld und mit "weiteren" Papieren kann man doch alles erreichen.

08.06.2018
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