Weiden in der Oberpfalz
27.03.2019 - 16:17 Uhr

Fiese Frauen-Fehde

"Hure", "Migrantenschlampe", "Assi". In einem Berufungsprozess geht es um Beleidigungen per Whatsapp. In der Verhandlung wird klar: Klägerin und Beklagte nehmen sich nicht viel.

Symbolbild. Bild:  Oliver Berg/dpa
Symbolbild.

Die Unterhaltung, in der die pikanten Worte fielen, lief Mitte Mai 2018 über Whatsapp. In einem Urteil am Amtsgericht Weiden wurde eine 30-Jährige deshalb zu einer Geldstrafe von 22 Tagessätzen á 30 Euro verurteilt. Dagegen legte sie am Landgericht Berufung ein. Der Hauptgrund, den ihre Anwältin Monika Sehmsdorf vorbringt: Die Frau ist arbeitslos, der Tagessatz zu hoch.

Die Taten hatte die Weidenerin damals vor Gericht vollumfänglich eingeräumt. Über mehrere Tage hatte sie zwei Frauen in Whatsapp-Nachrichten mit Schimpfwörtern beleidigt. Eine hatte Anzeige erstattet.

Richter Reinhold Ströhle hat trotzdem etwas Mühe, die Tat zu rekonstruieren, als die Angeklagte ihre Geschichte hervorsprudelt: Ein Paar hätte sich in der Wohnung ihres damaligen Freundes im Stockerhut einquartiert, dort hätte es auch Drogen verkauft, es hätte sie wegen eines Verkehrsunfalls als "Mörderin" beschimpft, das Paar habe ihr vor dem Haus aufgelauert, "die wollten mich schlagen". Angesichts dieser Latte an Vergehen bemerkt Richter Ströhle: "Da kann man super ein Strafverfahren daraus machen, sie müssen nur Strafantrag stellen."

Auch als die Angeklagte die Whatsapp-Kommunikation vorliest, öffnen sich weitere Abgründe, doch Klarheit stellt sich nicht ein. "Du fetter Schmutz", "Du bist der stinkende Teufel" übersetzt sie eine Nachricht des Paares. "Die Nachrichten sind auch nicht gerade römisch-katholisch", kommentiert der Richter. "Deine Mutter ist auch eine Hure", zitiert die Angeklagte ihre eigene Nachricht. "Dann haben Sie ja die Mutter der Geschädigten beleidigt und nicht sie selbst", wirft er ein. "Stimmt eigentlich", sagt die Angeklagte zu. "Die haben angefangen", verteidigt sie sich. Licht ins Dunkel bringt das aber auch nicht. Denn der Richter stellt zudem fest, dass auf dem Handy vorgelesene Nachrichten nicht gerade als Beweismittel gelten. "In diesem sozialen Milieu Dinge aufzudröseln dauert Wochen."

Auch die Aussage einer Zeugin trägt nicht zur Aufklärung bei. Sie erzählt von Telefonterror gegen ihre Freundin und gegen sie selbst. Die Whatsapp-Kommunikation habe sie nicht mehr, neues Handy. "Aber ich hab sie natürlich auch als Schlampe beschimpft, ist ja klar", erklärt die 36-jährige Mutter auf Nachfrage des Richters. Dann fangen Angeklagte und Geschädigte im Gerichtssaal an, sich anzuzicken.

Die Vorwürfe gegen die Angeklagte sind laut Richtermeinung gestützt durch "pauschale Bla-bla-Aussagen von zwei Zeuginnen". Das Verfahren hätte auch wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können. "Als Staatsanwaltschaft wäre ich froh, diese Akte zu schließen" und so die "Kuh vom Eis zu nehmen", empfiehlt Ströhle. Die Staatsanwältin Christina Richter weist aber auch darauf hin, dass es gegen die Beklagte mehrere Vorwürfe wegen ähnlicher Delikte gab, die bereits wegen Geringfügigkeit fallengelassen wurden.

Zur Höhe des verhängten Tagessatzes bringt die Anwältin der Beklagten vor: Hauptschulabschluss, abgebrochene Friseurlehre, arbeitete zuletzt als Lageristin, nun ist sie arbeitslos, zudem erhebliche Schulden, ein Privatinsolvenzverfahren läuft. Das Ende: Die Strafe wird auf 15 Tagessätze á 25 Euro vermindert, die Prozesskosten trägt der Staat.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.